zu, welche auf die Schlafgeherwirtschaft in den Großstädten ein bezeichnendes Licht wirft. „In Sachen Weber und Lehmann, Zeugin Frau Schmasow!" — Der Gerichtsdiener ruft es mit Stentorstimme durch den Korridor, und in den Schösiengerichtssaal treten die Aufgerufenen: ein sehr großer Mann, ein sehr kleiner Mann und eine ziemlich korpulente Frau. Letztere nötigt der Gerichts diener auf die Zeugenbank, während der Lange zu dem Kurzen sagt, indem er auf die Anklagebank deutet: „Komm Se rinn in diesem Affenkasten, Sie unbekannter Schlaskolleje
. Haben wir 18 Monate in eenen Bett jeschlafen, denn wer'n wir ooch in den Käfich Platz haben." — Vorsitzender: „Sie haben hier kein Wort zu sagen, außer wenn ich Sie frage. Welcher der beiden Ange klagten ist der Cafe-Kellner Lehmann?" — Der Große: „Det bin ick." — Der Kleine: „Ick bin der andere, der Hausdiener Weber." — Vors.: „Sie stehen hier unter der Anklage der ge meinschaftlichen Mißhandlung. Und zwar sollen Sie eines Tages Ihre damalige Wirtin, die Vermieterin Schmasow geprügelt haben. Schämen
Sie sich denn einer solchen Rohheit einer wehr losen Frau gegenüber nicht?" — Lehmann: „Ick for mein Teel nich; ob sich mein Mitanjeklagter schämt, weeß ick nich." — Weber! „Nee." — Vors.: „Das ist traurig genug! Angeklagter Lehmann, erzählen Sie mal, wie sich die Sache zugetragen hat." — Lehmann: „Die Tracht Prügel, det muß ick vorausschicken, waren die Strafe for eenen gewissenlosen Betruch, dessen Opfer wir beede jewor'n sind. Ick habe 18 Monate bei die Schmasow'n als möblierter Schlafbursche jewohnt. Da ick Cafe-Kellner
aus, sodaß ick ihm nich sehen konnte, sonst hätte ich dem Menschen mörderlich verhauen! Aber wat soll ick Sie sagen, et stellte sich heraus, det die Schmasow'n det Bette zweemal vermietet hatte, eenmal am Tage an mir und cenmal det Nachts an ihm. Sonntags fuhr Weber immer nach Lichten berg zu seine Eltern, so det wir uns nie jetroffen haben. Na, wir ha'm die Nacht beede jleichzeitig in detselbe Bette jeschlafen, in det wir sonst bloß eenzeln schliefen, und am andern Morjen ha'm wir die anjebliche
jemeinschaftliche Mißhandlung ausgeführt." — Vors.: „Angeklagter Weber, stimmt das, was Lehmann er zählt hat?" — Weber: „Wort for Wort. Ick hatte mir im Dustern ausgezoogen und wollte jerade in'n Kahn steijen, als ich jemand schnarchen hörte und det erwähnte Streichholz ansteckte." — Die Zeugin Schmasow muß die Darstellung der Angeklagten bestätigen und entschuldigt sich mit ihrer Notlage. In Anbetracht der besonderen Umstände läßt der Gerichtshof Milde walten und erkennt jeden Angeklagten auf 10 Mark