Aussehen. „Wie ein Hund bin ich behandelt worden..." Die ruhig denkenden Italiener, die dem Strom der Leidenschaften zu trotzen wagen, der heute das Land durchflutet, haben wiederholt daran erinnert, daß die Italiener von der französischen „Schwester nation" niemals als gleichwertig betrachtet, som dern stets nur als Emporkömmlinge angesehen und auch als solche behandelt worden sind. Dieses Empfinden war schon in den Männern lebendig, die das neue Italien geschaffen haben, vor allem in König Viktor
Emanuel II. und seinem be deutendsten Minister, dem Grafen Cavour. Nicht fetten hat der letztere in vertrauten Gesprächen heftige Anklagen gegen die französische Politik ge richtet und durch alle diese Klagen zieht sich der Gedanke, daß Frankreich niemals ein ehrliches Interesse für Italien besessen habe, sondern seine Ziele nur dann förderte, wenn ihm selbst Nutzen und Vorteil daraus erwachsen seien. Neben den politischen Verstimmungen, die den König und seinen Minister erregten, fühlte sich Viktor
Ema nuel persönlich durch die wegwerfende Art getrof fen, in der ihm die Franzosen entgegentraten. In den Briefen des ehemaligen piemontesischen Ober sten Carlo Bassi, die in den Archiven des Museo di risorgimento in Mailand ausbewahrt werden und die wertvolles Material zur Geschichte des lombardischen Krieges (vom Jahre 1859) und des Königs selbst enthalten, findet sich eine charakteri stische Aeußerung Viktor Emanuels, die bezeich nend für die Geringschätzung ist, die dem König damals
von Frankreich entgegengebracht wurde. Bassi gehörte zu den Offizieren, die der König am 12. Juli 1859, am Tage nach dem Abschluß des Vorfriedens von Villafranca, zu sich berief, um ihnen ein Bild der Lage zu entwickeln, wie es sich aus den diplomatischen Verhandlungen ergeben hatte. König Viktor Emanuel erwartete die Offi ziere im Thronsaal des Mailänder Schlosies, allein und staubbedeckt. Als sie eingetreten waren, be gann er ohne jede Förmlichkeit eine kurze Rede.