Festschrift zum 50-jaehrigen Bestande, zugleich 44. Jahresbericht über das Jahr 1906 : [Vorarlberger Landes-Museum ; 1857 - 1907]
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Author:
Vorarlberger Landesmuseumsverein
Place:
Bregenz
Publisher:
Vereinsbuchdr.
Physical description:
298 S. : Ill., graph. Darst.
Language:
Deutsch
Notations:
Text teilw. in Fraktur
Subject heading:
g.Vorarlberg ; z.Geschichte ; f.Aufsatzsammlung
Location mark:
III A-35.869
Intern ID:
498240
Bebauung des Geländes eine systematische größere Ausgrabung verbietet. In kurzen Zügen haben wir die Ausgrabungen vor Augen geführt, welche Jenny und nach dessen Tode der Unterzeichnete in Bregenz unternommen haben. Wenn wir die Menge der auf dem Ölrain aufgefundenen öffentlichen Bauten und anderen bedeutenderen Häusern überblicken, so verstehen wir wohl, wie Jenny in seiner Topographie Briganiiums die Ansicht äußern konnte, daß nur auf dem Ölrain die römische Stadt bestanden habe, alle sonst anderswo
in der Nähe aufgesundenen Bauten als Einzelgehöfte zu betrachten seien. Nun haben sich aber im Laufe der letzten Jahre auch im Gebiete der heutigen Stadt Bregenz selber Funde ergeben, welche mit Bestimmtheit erkennen lassen, daß sich die römische Niederlassung auch bis hierher erstreckt hat und somit eine weit größere Ausdehnung besaß, als bisher vermutet wurde. So kamen im Jahr 1903 bei Abbruch des Maler Boch'schen Hauses in der Maurachgasse zwei Säulenschäfte mit den dazu gehörigen Plinthen
zum Vorschein und in allerletzter Zeit stieß man im Zentrum der Stadt, bei einer Kellergrabung im Hause des Herrn Kaufmann Krüse auf einen römischen Estrichfußboden. Dabei Vorgefundene Fragmente von Ziegelplatten und Heizziegeln, sowie einige Hypokaust- Säulchen und mehrere Geräte und Schmuckgegenstände ergeben den Beweis, daß hier ein römisches Gebäude gestanden hat. Dafür, wie weit die römische Stadt sich nach Nordosten ausgedehnt hat, haben wir einen Anhaltspunkt durch die bereits früher erwähnten Gräber
in der Anton Schneider- und Schiller-Straße, welche in den Jahren 1871 und 1893 gelegentlich aufgedeckt wurden. Hier also muß die Stadt bereits zu Ende gewesen sein und es dehnte sich längs der Straße nach Kempten eine zweite römische Begräbnisstätte aus. Diele mag an Bedeutung dem Friedhofe auf dem Ölrain nachstehen; ja, die Vermutung liegt nahe, anzunehmen, daß es sich hier nur um vereinzelte Grabstätten handelte. Zwischen diesen beiden, durch Gräber fixierten Plätzen mag dann noch manches Haus unseres
jetzigen Bregenz auf römischen Fundamenten ruhen. Systematische Ausgrabungen lassen sich weder in der unteren, noch oberen Stadt vornehmen, wohl aber müssen wir Fundamentgrabungen und ähnliche tiefgehende Erdarbeiten in der Stadt selber stetig überwachen und dürfen wohl bei der einen oder anderen Gelegenheit noch weitere Funde erwarten. Hoffentlich wird auch durch etwa entstehende Neubauten bald günstige Gelegenheit kommen, die Grabungen aus dem Ölrain, wo noch viele Parzellen der Aufdeckung harren