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Schlern
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Page 7 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
dass sie zu Bozen wohnten oder ein Haus hätten 8 , einige (Heinrich, Eberhard mit Frau Adelheid, Bertold, Ulrich, Sohn der Schaiderin, Bertrand, Friedrich, Falko) scheinen als Käufer oder Verkäufer von (farbigem oder grauem) Tuch und Leinen auf 9 , der Schneider Heinrich handelte zudem mit Wein 10 und sein Kollege Eberlin, Schneider zu Bozen, führte anscheinend noch einen Krämerladen. Denn er leistete mit seiner Frau Agnes ein Zahlungsversprechen für verschiedene erhaltene Waren, für „pignolato

“, Wachs, Pfeffer, Seife und anderes mehr 11 . Da viele Schneider nicht gerade auf Rosen gebettet waren, ergriffen sie oft einen Nebenerwerb, was sich auch für Rattenberg zeigen lässt (s. u.). Oder sie stiegen in den Handel ein. In den Rechnungsbüchern der Tiroler Landesfürsten werden zwischen 1296 und 1320 mehrfach Schneider unter den Handwerkern erwähnt, die am Hof des Fürsten oder für dessen Amtsleute arbeiteten. Ein Wernher in Meran (1291-1300) und Eberlin Plonschilt, als „sartor“ (Schneider

) zu Innsbruck zwischen 1295 und 1303 erfasst, zählten zu den Kaufleuten, die dem Hof Waren, besonders Tuche, Kleinodien und Spezereien lieferten. Plonschilt war außerdem Mitglied der „societas mercatorum de Inspruk“ 12 . Im 12. und 13. Jahrhundert bildeten nach und nach viele Gewerbe eigene Zünfte, die Statuten erhielten oder sich selbst gaben und von der Obrigkeit bestätigen ließen. Für die Schneider ist derartiges erstmals für 1260 bekannt geworden, als der Bischof von Basel ihnen in seiner Stadt

einen Zunftbrief erteilte 13 . Sehr früh liegen auch der Hinweis auf eine Schneiderinnung zu Lüneburg aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und der Gildebrief von 1276 für die Schneider zu Höxter an der Weser 14 . Im 14. und 15. Jahrhundert häufen sich dann die Nachweise für Zünfte der Schneider und ihre Ordnungen 15 , auch für Österreich und Tirol, hier Zechen (Österreich) oder Bruderschaften (Tirol) genannt. Die älteste Handwerksordnung der Schneider von Wien stammt aus dem Jahr 1340 16 , um dieselbe Zeit

ist von einer Bruderschaft der Schneider zu Innsbruck die Rede, die aber vermutlich weiter zurückreicht 17 .1342 schlossen sich in Lienz die Schneider, Kürschner und Sporer zu einer Bruderschaft zusammen, 1361 soll die Bruderschaft der Schneider in Meran gegründet worden sein. Sie erhielt unter Herzog Sigmund eine Ordnung, die 1496 durch König Maximilian und wieder 1567, 1569 und 1652 bestätigt und vermehrt wurde. Aus dem Jahr 1427 stammt eine Ordnung der Schneider zu Kitzbühel, 1471 bestätigte Herzog Sigmund

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Schlern
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Page 67 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
an den Bestat tungsfeierlichkeiten, dem Totengedächtnis und der Fürbitte teilhaben wollten (Schulz, 44). 31 StAR RS 1509-1514, 22. 32 StAR RS 1568-1572, 36-39. 33 StAR RS 1550-1552, 31 (1550) u. 225 (1552). 34 StAR RS 1523-1532, 42743. 35 StAR Rattenberger Raitung 1506, 3; RS 1506-1511, 27, 36', 37'; RS 1509-1514, 52'. 36 Christoff Weigel, Abbildung der Gemein-Nützlichen Haupt-Stände, Regensburg 1698, 576/577 (moderne Interpunktion). 37 Elkar, Schneider, 1514. 38 Natürlich galt das nicht immer und überall

. In Klosterneuburg z. B. fanden sich im 15. bis 18. Jahrhundert viele Schneider als „wohlbestallte Haus- und Grundbesitzer". Zwar war der Wert ihrer Häuser nicht selten bescheiden, doch bisweilen mussten sie um einen hohen Kaufpreis von 300 Pfund Pfennigen = 300 Gulden (1568), 500 (1715) oder 450 Gulden und 50 Gulden Leih kauf (1778) erworben werden (Hans Huber, Das Schneider-Handwerk in Klosterneuburg in alter Zeit = www.heimatforschung-klbg.at/Bereiche/Thema/Handwerker_1/Schneider). 39 Das geringe Ansehen

der Schneider brachten um 1469 die beiden St. Galler Kaufleute Rudolf und Lutfried Mötteli deutlich zum Ausdruck, als sie darauf hinwiesen, dass die Lehre als Kauf mann lange währe, teuer sei und nicht so gering (clain") einzuschätzen sei wie „schnider oder etlich andre antwaerch" (Ulf Dirlmeier, Untersuchungen zu Einkommensverhältnissen und Le benshaltungskosten in oberdeutschen Städten des Spätmittelalters [Mitte 14. bis Anfang 16. Jahrhundert] [Abhandlungen der Heidelberger Akad. der Wiss. Philos.-histor

. Klasse 1978, 1], Heidelberg 1978, 129 u. 450). 40 Erich Maschke, Verfassung und soziale Kräfte in der deutschen Stadt des späten Mittelalters, vornehmlich in Oberdeutschland, Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 46 (1959), 289-349 u. 433-476, bes. 293 ff. 41 In Mecklenburg spottete man, ein rechter Schneider müsse wenigstens 15 Pfund wiegen, sonst sei er nicht gesund: „Un wat'n rechten Snider is, möt wägen föfteihn Pund. Un wenn he dat nich wägen deit, denn is he nich gesund

" (Jens Jarchow, Schneider und Schneideramt der Stadt Waren [Chronik. Schriftenreihe des Warener Museums- und Geschichtsvereins 21], Waren 2001, 3). 42 Die Beschuldigung ist alt. In einem Sittenkodex vom Ende des 15. Jahrhunderts werden den Schneidern nicht nur die tiefen Ausschnitte an Kleidungsstücken vorgeworfen, sondern auch ihr Diebstahl an Stoffen: „Ich gschweig der schand pleczen [= Flicken], dye zu den abschniczlin [= Schnitzeln] in den korb fallent, darauß goller [= Schulterbekleidung, Wams

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Schlern
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Page 73 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
. Ein Schneider namens Wolfgang erstellte Maria Sigwein, der Witwe des zu Pfings ten 1531 verstorbenen Hans Trautson zu Sprechenstein, Landmarschalls zu Tirol, seine Rech nung über die Gewänder, die er in der Vergangenheit (zumindest seit 1529) ihr, ihrem Sohn, in der Hauptsache aber ihren vier Töchtern gemacht hatte. Es waren Joppen, Röcke, Wappenrö cke, Janker (lange Mäntel), Unterröcke, Mieder, meist kostbar verbrämt, ein Wams und eine Ho se aus Seide, Atlas, Samt, Taft, Damast, englischem (lindischem

. Man darf nicht übersehen, dass die Schneider auch Pelze machten, was ihnen jedoch mancherorts verboten war (Diestelkamp, Schneidergewerbe, 37). 205 TLA Landgericht Kitzbühel, Akten Fasz. 1 (1510-1599), Civile No. 22; madren = aus Marderpelz; Mader Kellener Rock = Rock aus Fellen von der Kehle des Marders; Tobin = leichter Seidenstoff in Leinenbindung, ähnlich dem Taft; Schaube = mantelartiges, meist pelzgefüttertes Oberge wand; Scheubl = kleine Schaube; vorstattes = aus Vorstatt (Kammgarn). 206 KIAR

Codex 70: Raitbuch 1523-1539, IV (1536): Zahlung von 18 Pfund 5 Kreuzern an Valtein (Kirchmair) Schneider. 207 KIAR Codex 71: Raitbuch 1482-1523, 244 u. 255'. 208 Genau ist das nicht zu klären, weil das Rechnungsbuch immer nur den Vornamen (Johannes oder Hans), mit dem Zusatz „sartor, magister" (Schneider, Meister) nennt. 209 Ebenda, 293' u. 298' (1508), 317 (1509), 364 (1515), 374' u. 375 (1516). 210 Die Rattenberger Schneider sahen so etwas nicht gern, weil immer die Gefahr bestand, dass

ein auswärtiger Schneider nicht nur für das Kloster, sondern auch heimlich gegen Lohn für Stadtbe wohner arbeitete (vgl. Diestelkamp, Schneidergewerbe, 28). 211 Ebenda, 259 (1504), 266, 268', 270 (1505), 275' (1506), 340 (1511). 212 Ebenda, 395' u. 397'. 213 Ebenda, 396', 397', 402 (1519), 406', 409' (1520), 419 (1521); Codex 70: Raitbuch 1523-1539, 3, 7' (1523), 36 (1525), 50' (1527), 69, 69', 73 (1528), 80', 81, 82 (1529), 98 (1530). 214 KIAR Codex 70, 73 (1528): 1 Star (= 30,57 I) Roggen. 215 KIAR Codex

erhielt 18, Peter 24 Kreuzer. 225 Gemeint sind die Rechnungen der städtischen Kämmerer und Baumeister, des Spitals, der Pfarrkirche sowie der Bruderschaft der Stadt und des Bergwerks. 226 Wilfried Reininghaus, Stadt und Handwerk, in: Karl Heinrich Kaufhold (Hg.), Stadt und Hand werk in Mittelalter und früher Neuzeit (Städteforschung A, 54), Köln-Wien 2000, 13. 227 Die Redewendung „Herein, wenn's kein Schneider ist!" wird auf die Schneider zurückgeführt, die an die Tür klopften, um ihren Arbeitslohn

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Page 71 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
auf die Herstellung folgender Stücke verstehen: priesterliches Gewand am Altar, Mönchskutte, Stech- oder Rennzeug, Schmuckkleid eines Edelmanns, Kleid einer Braut nach ihrem Stan de, Ausgehgewand für einen Priester und Bürger, Bauernkleid (Germar, Schneiderhandwerk (wie Anm. 91], 78). 147 Petrascheck-Heim, 167, 170. 148 TLMF FB 4240: Schneider-Musterbuch 1544 des Hans Nidermayr, mit Schnitten (Schneyder Mat- tery) von 1566 und Lohnliste von 1588, 69: 1 gefallener Reitermantel, 1 Hose und 1 Rock

der Maysterstuckh an der Materj der Schneyder Handtwerckh alhie zu Inspruckh (TLMF FB 10870/11; vgl. Petrascheck-Heim, Figurinen, 35-39, u. dies., Meis terstückbücher, 183-185. Interessant ist noch das Meisterstückbuch der Innsbrucker Schneider von 1691 (TLMF FB 32006; vgl. Petrascheck-Heim, Figurinen, 39/40), weil es Figurinen enthält, die einer älteren verlorengegangenen Vorlage aus der Mitte des 16. Jahrhunderts entnommen wurden, vermutlich der Innsbrucker Materie von 1545 oder Nidermayrs Musterbuch von 1544

(Petrascheck-Heim, Meisterstückbücher, 186 ff.). 149 Petrascheck-Heim, Meisterbücher, 168. 150 V. Reinsberg-Düringsfeld, Studien, 118. 151 Ebenda, 172. Wenn es heißt, dass der Bewerber die Schnitte mit Kreide auf die Meistertafel zeichnen solle, ist anzunehmen, dass das noch mit einzelnen Strichen geschah, und nicht, dass er zunächst, wie später bei einem Entwurf auf dem Stoff üblich, einzelne Punkte markierte und diese dann zu Linien verband. Fontane schildert anschaulich, wie 1770 der Berliner Schneider

mit ungefähr 50 Jahren an) u. 50/11 (1566-1567) 57' (zu 1566: Schneider zu Kundl). 160 Diese Haltung nahmen nur die Männer ein, für Frauen wäre sie nicht sittsam gewesen. 161 Vgl. zum Ganzen Elkar, Schneider (wie Anm. 3), 1514; Lenger/Lutum-Lenger, Schneider (wie Anm. 3), 208-211; Katrin Kania, Kleidung im Mittelalter. Materialien - Konstruktion - Nähtech nik. Ein Handbuch, Köln etc. 2010, 89-109, 188/189; Germar, 94/95. 162 StAR RS 1550-1552, 50. 163 Ebenda, 78. 164 Sofern Schneider in Rattenberg blieben

der Frauenanteil in der Schneider/Kürschner zunft bei 14 %; Lenger/Lutum-Lenger, 208; Lenzhofer, Schneiderhandwerk, 234. 169 Lenzhofer, Schneiderhandwerk, 236-238. 170 Schwarzlmüller, Lehrling (wie Anm. 43), 170. Heft

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Page 6 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
Tiroler Schneider im 16. Jahrhundert (besonders zu Rattenberg) Von Robert Büchner Bruderschaften und Handwerksordnungen der Schneider in Tirol Der Schneider, Holzschnitt aus Jost Ammans „Ständebuch", 1568. Di as zum Teil hochspezialisierte Handwerkertum frühmittelalterlicher, besonders kirchlicher Grundherrschaften war schon Verkehrs-, handels- und marktorientiert, wirkte auf das nur schwach strukturierte Gewerbe der Städte ein und wurde so für sie ein Ausgangspunkt neuer wirtschaftlicher

Entwicklungen. Der Zuzug in die seit dem Hochmittelalter aufblühenden Städte bescherte dort dem Handwerk und Gewerbe einen kräftigen Aufschwung, die hofrechtlichen Bindungen der Einheimischen wie Neuankömmlinge an den Stadt- und Grundherren lockerten sich, verschwanden schließlich ganz 1 . Vermutlich betraf das auch, wenigstens zum Teil, die Kleiderproduktion, die aus der Hauswirtschaft der Grundherrschaften und Klöster herauswuchs 2 . Schneider als Bürger erscheinen erstmals 1135 und 1138 in Köln

3 , ein Jahrhundert später in Bozen. In Urkunden, die 1232, 1238 und 1242 in Bozen ausgefertigt wurden, treten die Schneider Eberlin, Hermann und Eberhard als Zeugen auf, in einem 1248 zu St. Michael an der Etsch ausgestellten Dokument begegnet ein Schneider Ain^o (= Heinrich) von Bozen 4 . Weitere Bozner Urkunden von 1250 und 1252 zeigen den Schneider Bertold und seine Frau Meza als Käufer eines Weingartens und Gertrud, die Witwe des Schneiders Hermann, mit ihren Töchtern Irmgard und Gesa als Verleiher

eines Weingartens 5 . Da schon um 1078/82 eine „communio Pozanensium civium“ erwähnt wird 6 , ist anzunehmen, dass wenigstens ein Teil der genannten Schneider zu den Bozner Bürgern gezählt hat. Interessanter im Hinblick auf einen Nebenerwerb der später zu behandelnden Rattenberger Schneider sind notarielle Aufzeichnungen zu im Jahr 1237 in Bozen ausgestellten Urkunden. In ihnen begegnen viele Schneider als Zeugen oder Bürgen 7 . Von dreien (Eberhard, Otto, Heinrich) wird ausdrücklich gesagt, (in <Scf>mbev/mafy

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Page 13 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
dass „wo erstlich ein Schneider erfunden, jetzo zween oder drey wie auch fiinff in einem Nest sitzen vnd in solchem vermögenden Auffnemen, daß einer auff einmal ohne Verarmung drey Heller verzechen darff“. Was hier harmlos klingt, ist reinster Spott. In Wirklichkeit will der Verfasser sagen: Zu viele Schneider, zu viele Hungerleider. Denn für drei Heller konnte sich damals ein armer Schlucker höchstens ein mit Wein gefülltes Schnapsglas leisten 49 . So viel von wohlhabenden Schneidern

und der Aufschwung der „Nadlerey“ machten es erforderlich, dass sich die Schneider ein neues Wappen zulegten, um „vnserer gehörnten, stinckenden, böckischen Macht und stossenden Gewalt“ sinnfällig Ausdruck zu geben. Der neue gevierte Schild wird vom Großmeister ausführlich beschrieben, größtenteils mit albernen oder grotesken Figuren. So solle ein Schildfeld einen Schneider zeigen, der in der linken Hand „eine mit zweyen Bockshoden eingelegte Schläuder“ halte, um sich der Hunde zu erwehren

, ein anderes einen kraftlosen Schneider, „welcher in einer Spinnweben mit erschröcklichem Zettergeschrey seinen geisischen Geist vnerbärmlich auffgibt“. Als Helmkleinod solle eine bunte Fahne dienen, die „von allerley Farben überbliebenen vnd nach der Mauß geworffenen 51 Flecken zusammen gestückelt, geflicket vnd gemacht seyn solle“. In diesem Stil geht es weiter (3). Da der General des Schneiderordens zu seinem höchsten Verdruss vernommen hat, dass die „Vnvermöglichkeit“ unter den Schneidern so gestiegen sei, dass

sie bald nicht mehr an Gewerbsorten und -gassen logieren könnten, sollten alle Schneider an ihren Herbergen ein Schild mit dem neuen Wappen heraushängen, „damit sie dann von denjenigen, so ihrer [wegen der] zuflickten vnd zubletzten [Kleidung] ohn vermeidlich bedörfftig, desto eher erkannt, gesucht vnnd befunden“ werden (4). Im nächsten Punkt nimmt der Anonymus der Schrift kein Blatt vor den Mund und zeigt die derbe Sprache des Barocks. St. Grobian zog noch immer durch die Lande. Er lässt Meister

Hermann sich darüber entrüsten, dass junge Schneider, „welche kaum dreymal vmb die Mutter geloffen vnnd nicht wol hinder den Ohren trucken, sich zu verheyraden gelüsten lassen vnd gleich auß übermässiger Influens Veneris “ Missgeburten in die Welt setzen, die man Störer nenne. Diese seien daran schuld, dass „das Handwerck verstimpelt“ und wenig kunstreich befunden wird. Die Abhilfe, die dagegen geboten wird, ist absurd. Schneider, die sich verheiraten wollten, müssten achtzehn Jahre alt

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Page 38 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
, und die hatte das Spital selbst. Bereits 1491 befand sich ein Schneider namens Thomas im Spital 219 , 1540 war ein Cristl Schneider unter den Spitalsinsassen, die Schuhe und ein Hemd erhielten. Er dürfte geistesschwach gewesen sein, da er auch als „Narr“ bezeichnet wird. Er arbeitete bereits 1538 als Tagelöhner fürs Spital, z. B. beim Austragen von Mist 220 . Dass der verarmte Schneidermeister Cristof Staindl schließlich 1562 ins Spital aufgenommen wurde, ist oben schon erwähnt worden. Die St.-Virgil-Kirche

in Rattenberg ist nur zweimal im Zusammenhang mit Schneiderarbeiten dokumentiert. Einmal vergab sie das Anfertigen von Kirchenfahnen (s. o.), das andere Mal erhielt Meister Andre Wagner ansehnliche 20 Pfund (= 4 Gulden) Macherlohn für 4 Messgewänder 221 . Derselbe Schneider flickte 1508 dem Baumeister ein Zelt 222 . Als sich 1522 Dr. Stefan Agricola (Kastenbauer) im Rattenberger Augustinerkloster aufhielt, ließ ihm der Rat durch den Schneider Hans Peter eine Kutte machen 223 . Er und sein Kollege Martin

Schelshorn verfertigten im nächsten Jahr Decken für zwei Ochsen, die man Ferdinand I. anlässlich seines Einzugs in die Stadt schenken wollte 224 . Obgleich das Rechnungswesen der Stadt nur mit großen Lücken überliefert ist 225 , gewinnt man doch den Eindruck, dass die Schneider Rattenbergs nicht sehr auf Aufträge der öffentlichen Hand zählen konnten. Sie mussten sich im privaten Kreise nach Kundschaft umsehen, und da gab es eine große Gruppe, die bislang noch nicht erwähnt wurde. In Residenzstädten

konnten Gold- und Silberschmiede auf reichliche Kundschaft hoffen, in Garnisons- und Universitätsstädten galt dasselbe für Schneider und Schuster 226 . Rattenberg war weder das eine noch das andere, und auf Offiziere und Studenten konnte man getrost verzichten, denn die waren bekanntlich schlechte Zahler 227 . Die Stadt am Inn hatte einen anderen Vorteil. Sie war das Zentrum eines großen Bergbau- und Hüttenreviers, das vielen Hüttenarbeitern, Bergknappen und ihren Helfern bis gegen Mitte

, damit sie ein Haus bauen konnten und hier ansässig wurden 229 . Unter den Berg- und Hüttenleuten des Reviers Rattenberg konnten die Schneider und Schuster auf genug Kundschaft rechnen, erst recht auf den Wochenmärkten im nahen Schwaz, das wegen der vielen Beschäftigten im Bergbau ringsum mit 20000 Einwohnern im Jahr 1515 die größte Siedlung Tirols war 230 . Bei Bergbau und Verhüttung hatte man es auch mit Offizieren zu tun, nur nicht mit militärischen, sondern zivilen. Offiziere nannten nämlich die Innsbrucker

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Page 19 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
ab, sie hätten hier doch eine gute Werkstatt, auch eigen Haus und Hof. Außerdem befürchtete man das Schlimmste, galt doch Hofer nur als ein „verthuer und kain gewinner“. Es sei zu besorgen, dass er alles verschwenden und Frau und Kind an den Bettelstab bringen werde. Deshalb müsse er 100 Gulden auf dem Haus „still“ liegen lassen, sonst würde man ihm nicht ohne Befehl vom Hof erlauben, das Haus zu verkaufen 78 . Hofer zog dann doch fort, wurde Schneider und Bürger zu Wien und verkaufte 1528

der Schneider zu Rattenberg, nämlich Meister Paul Schuelpeck, Hans Reinmann, Cristof Staindl, Hans Schlesinger 81 , Erhard Rosenhamer und Stefan Kirchmair, den Goldschmied Oswald Besolt (Pesoldt), er beschäftige verbotenerweise in seinem Haus einen Schneidergesellen 82 . Der siebente damalige Schneider zu Rattenberg, Abraham Krieg, fehlte aus unbekannten Gründen. In einer Aufzählung des Handwerks der Schneider im Jahr 1554 werden genannt: Paul Schuelpeck, Hans Reinmann, Stefan Kirchmair, Hans Ulrich

83 , Abraham Krieg und Georg Perger 84 . Der siebente, Cristof Staindl, war damals wegen seines Streits mit dem Rat vom Handwerk suspendiert (s.o.). Lehrling und Geselle D a keine Satzungen für die Schneider Rattenbergs im 16. Jahrhundert vorliegen, muss es in diesem Kapitel bei einzelnen archivalischen Nachweisen zu ihnen und bei Vergleichen mit Handwerksordnungen und Gewohnheiten anderer Schneider in Städten und Gerichten, besonders Tirols, bleiben 85 . Die Lehrzeit dauerte bei Schneidern im Allgemeinen

89 , möglicherweise in Rattenberg auch. Denn als der dortige Rat 1568 den Schuhmachern eine Ordnung gab, erkundigte er sich zuvor bei den Handwerkern der Stadt nach den Bräuchen und Gewohnheiten und schrieb dann für die Schusterjungen eine zweijährige Lehrzeit vor 90 . Wenn der Rat nicht nur bei den Schustern, sondern auch bei anderen Handwerkern Rattenbergs Auskünfte eingeholt hat, dann könnten die zwei Jahre Lehre auch für die Schneider zugetroffen haben 91 . In der Regel lag das Eintrittsalter der Lehrlinge

, zu haben, froren die Obrigkeiten die Handwerkerlöhne ein (s.u.). Die Schneider behalfen sich anscheinend zum Teil damit, dass sie das Lehrgeld Heft

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Page 75 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
258 Lospichl, Handwerk (wie Anm. 91), 41 u. 124. 259 Bruno Mahlknecht, Eine alte Schneider-Ordnung (1585), Der Schiern 52 (1978), 591. 260 Deshalb stellte der bereits erwähnte Schneider Wolfgang der Frau Trautson achtmal Wachslich ter zu je 1 Kreuzer in Rechnung (Hochenegg, Raitzettel [wie Anm. 203], 219/220). Den prekären Zuschnitt hat man wohl stets bei Tageslicht gemacht. 261 Ein Meister in Augsburg verdiente kaum 50 Gulden (Dirlmeier, 113). 262 Natürlich wurden nicht alle Handwerker gleich

schnell und stark von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten getroffen. Die Leipziger Schneiderzunft z. B., erlebte zwischen 1560 und 1580 eine zweite Blüte, die Bürger der Stadt erfreuten sich an prächtigen und kostbaren Gewändern, ungeachtet aller Kleiderordnungen, so dass in einer Eingabe an den Rat betont werden konnte, alle Schneider der Stadt hätten ihr reichliches Auskommen, und kaum werde ein Haus frei, wür den sie es kaufen. Bald ging es aber auch mit ihnen abwärts. 1594 klagten die Schneider

der Teuerung wurde sonst den Handwerkern die Verköstigung mit einem Pauschalbetrag abgegolten (Schulz, 211). 265 Die Ordnung des Schneiderhandwerks der Stadt Salzburg von 1558 bestimmte, kein Meister solle einem Lehrjungen über 3 Kreuzer Lohn (wohl wöchentlich) geben (Lospichl, 36 u. 117). 266 Mahlknecht, 591/592. Nimmt man einen Tagessatz von 8 Kreuzern auch für den Schneider Wolf gang an, der um 1530 für die Trautsons gearbeitet hat, dann würde er bei den von ihm angege benen Löhnen

der Trautson (Hochenegg, Raitzettel [wie Anm. 203], 219/220). 267 Man rechnet mit 265 Arbeitstagen vor der Reformation (Dirlmeier, 131). Da man aber seitdem überall die Festtage zusammengestrichen hat, wurde von einer höheren Zahl ausgegangen. 268 Kein Meister bekam ständig Aufträge. Hatte er zwischen Ostern und Pfingsten meist viel zu tun, so folgte eine flaue Zeit von mehreren Monaten (Lenger/Lutum-Lenger, Schneider [wie Anm. 3], 211). Häufig wurde noch zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten eine ganze Woche

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Page 65 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
, für Adlige wie Bürger und Bauern, für Männer wie Frauen. Für Rattenberg ist um 1530 belegt, dass man vom Bewerber um die Meisterwürde die Kenntnis einiger Kleidungsstücke in der Prüfung verlangte. Im Allgemeinen zählten die Schneider zu den ärmeren Zünften. Auch Rattenberg machte da keine Ausnahme. Von den sieben Schneidermeistern, die sich im 16. Jahrhundert ständig in der Stadt nachweisen lassen, kann man nach einer groben Schätzung sagen, dass zwei von ihnen zu mehr oder weniger Wohlstand kamen, drei

ihr bescheidenes Auslangen fanden und die restlichen zwei arm waren oder in Armut endeten. In einzelnen Jahrzehnten konnte die Gewichtung sich etwas verschieben. Obgleich der Kundenkreis der Rattenberger Schneider groß genug war (Einwohner der Stadt, ländliche Bevölkerung im Umkreis, viele Bergleute und Hüttenarbeiter), mussten sie wie ihre Berufskollegen anderswo nach einem Nebenverdienst trachten, um über die Runden zu kommen. Das Einkommen aus der Schneiderei allein, höchstens 50 Gulden im Jahr, reichte

nicht für die ganze Familie. Ein zweites bürgerliches Handwerk war ihnen verboten, deshalb verlegten sie sich auf Handel, Krämerei und Landwirtschaft. An Christof Staindl wurde beispielhaft aufgezeigt, wie ein Schneider Rattenbergs, der in gesicherten Verhältnissen gelebt hatte, schließlich in Armut versank und mit einem Platz im Spital vorlieb nehmen musste. Das genaue Gegenteil war Paul Schuelpeck, ein zugewanderter Schneider aus Brixlegg. Er ist das Musterbeispiel eines Mannes, der sich durch Fleiß

sich allgemein die Lage der Handwerker in den Städten, auch für die Schneider in Rattenberg. Die Gründe lagen in der Teuerung, in stagnierenden Löhnen bei gleichzeitigem Kaufkraftschwund, im Eindringen auswärtiger Störer, in der sinkenden Nachfrage nach handwerklichen Produkten und Leistungen, in der Überbesetzung des Handwerks. Gravierend wirkte sich zudem für die Stadt am Inn der Niedergang des Bergbaus und der Hüttenwerke aus. Ein wesentlicher Teil aus dem Kundenkreis war weggebrochen. Um 1570 sprach

, 14; Rainer S. Elkar, Schneider, Lexikon des Mittelalters 7 (1995) 1514; Friedrich Len- ger u. Paula Lutum-Lenger, Schneider und Schneiderinnen, in: Reinhold Reith (Hg.), Lexikon des alten Handwerks. Vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert, München 1990, 208. Vielleicht ge hörten die Kölner zu jenen Schneidern des 12. Jahrhunderts in Nordfrankreich und am Nieder rhein, die durch andere Schnitte, bessere Passformen und neue Stoffarten neuartige Gewänder zu schaffen suchten (Margaret Scott, Kleidung

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Page 79 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
werden je ein Schneider zu Kramsach (Hans Faistnauer), Reith (Augustin Enndtholzer) und Radfeld (Jacob Pranndtauer) erwähnt, den vierten in Brixlegg zugelassenen wird man unter jenen Namen zu suchen haben, die ohne Beruf und Ort verzeichnet wurden. Ein Paul Schuelpeck jun. wird nicht erwähnt (StAR RS 1567, 60761). Vielleicht arbeitete er in Jenbach, wo sein Vater an die vier Jahre gewesen war, wo es fünf große und mehrere kleine Schmelzwerke gab und Bergbau betrieben wurde, so dass hier ein Schneider auf einen größe

ren Kundenkreis unter den Berg- und Hüttenarbeitern rechnen konnte. 403 Ebenda, 12'. 404Ebenda, 19. Bezeichnenderweise erschienen bei seinem Ansuchen nicht wie üblich seine Handwerksgenossen, die ihn unterstützen sollten, sondern seine Fürbitter waren Hans Schäffler, ein Weißgerber (ebenda, 30'), und Georg Stubmer, ein Ofensetzer (StAR Bau- meisterraitung 1564, 19', u. St.-Virgil-Kirchen Raitung 1565, 10'). Die Schneider wollten keine neue Konkurrenz. 405 Er wird nicht explizit Schneider genannt

, doch betraf die ablehnende Antwort des Rates vom 6. Februar Schneider und Lädier, und Leitner sprach bei der Erneuerung seines Antrag am 13. Februar (StAR RS 1567, 21) davon, man solle es ihn nicht entgelten lassen, wenn er je etwas gegen die Stadt und das Handwerk getan hätte. Also war er kein Lädier, sondern ein Handwer ker, eben ein Schneider. 406 Ebenda, 26'. 407 Albert Kapplers „Das Schneiderhandwerk in Südtirol. Situation und aktuelle Probleme" (Beiträ ge zur alpenländ. Wirtschafts

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Page 70 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
genenüber untüchtigen und faulen honoriert werden. Ein indirekter Leistungslohn bei Schneidern lässt sich schon für 1399 in Ba sel nachweisen. Das „stuckwerk arbeiden" ist an einigen Orten z. B. für Schuster, Hutmacher, Weber und Drucker bezeugt. Lenger/Lutum-Lenger, Schneider (wie Anm. 3), 211: Erst seit dem späten 18. Jhdt. trifft man im Schneiderhandwerk öfter den Tag- und Stücklohn an. Vgl. unten die Bemerkungen zum Preiswerk (Fertigware). 128 Diestelkamp, Schneidergewerbe, 44-48, bringt

(wie Anm. 16), 162 u. Egg, Werkleute (wie Anm. 17), 122. 132 Mutschlechner, Satzungen, 51 (im Sarntal ließ man dem Bewerber 1555 ein halbes Jahr Zeit, sich zuvor die geforderten Unterlagen zu beschaffen); Lenzhofer, Schneiderhandwerk (wie Anm. 87), 98. 133 Mutschlechner, Satzungen, 51. 134 Schulz, Handwerk, 54. Aber noch 1604 brauchte in Waren (Mecklenburg) ein Schneidergeselle kein Meisterstück machen (Jarchow, Schneider [wie Anm. 41], 5). 135 Lenzhofer, Schneiderhandwerk, 134; Schwarzlmüller

, Lehrling, 103; Egg, Werkleute, 122. 136 Widmoser, Blick, 323 137 Petrascheck-Heim, Meisterstückbücher, 163/164. Dieselbe Bestimmung findet sich im Privileg Herzog Sigmunds von 1471 für die Bozner Schneider (Hüter, Schneiderhandwerk [wie Anm. 7], 171). 138 Ebenda, 164; V. Reinsberg-Düringsfeld, Studien, 172. 139 Ebenda. 140 Petrascheck-Heim, Meisterstückbücher, 164, 166, 169; Petrascheck-Heim, Einleitung und Kata log, in: Figurinen (wie Anm.28), 13. 141 V. Reinsberg-Düringsfeld, 112, 113, 116. 142 TLMF

Urkunde 1960; Petrascheck-Heim, Meisterstückbücher, 166/167 143 Somit sind 50 % der Meisterstellen für Schneider in Innsbruck durch Meistersöhne oder ein heiratende Gesellen besetzt worden. Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Bader und Wundärz te in Rattenberg. Bis 1581 lassen sich dort im 16. Jahrhundert zehn solche Gewerbetreibende nachweisen. Zwei waren Söhne von Rattenberger Badern, drei fremde Gesellen oder Meister heirateten die Witwe ihres Vorgängers (aus einer in Vorbereitung befindlichen

Studie über Rat tenberger Bader und Wundärzte). Allerdings spielten anderswo in den Zünften Vererbung und Einheirat nicht eine solche Rolle. In Basel erreichten bis 1500 die „Zunftkäufe" durch Fremde über 66 %, im Durchschnitt um 75 %, lagen um 1600 immer noch bei durchschnittlich 60-65 % (Schulz, Handwerk, 56/57). 144 Petrascheck-Heim, 167/168. 145 Die Innsbrucker Schneider hatten sich deswegen auch in Schwaz und Hall erkundigt, doch die dortigen Kollegen rückten ihre Materie nicht heraus

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Page 43 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
= 29. September bis 3 Wochen vor Ostern) von 5 Uhr morgens bis 8 Uhr abends, im Sommer (Mittfasten bis Michaelis) von 4 Uhr früh bis 7 Uhr abends arbeiten 259 . Das bedeutete natürlich, dass man auch immer bei Kerzenlicht genäht hat 260 . Sah es schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts nicht gerade rosig für die Schneider aus, so verschlimmerte sich für sie und alle Handwerker im Reich die Lage seit spätestens Mitte des Jahrhunderts: Teuerung, schrumpfende Einkommen 261 , Überbesetzung

des Handwerks, Drängen der Störer in die Stadt, sinkende Nachfrage nach handwerklichen Produkten und Leistungen, stagnierende Löhne bei gleichzeitigem Kaufkraftverlust machten allen schwer zu schaffen 262 . Die städtische Politik, die im Interesse des Gemeinwohls und zum Schutz der Kunden die Löhne festschrieb, traf besonders Schneider und Weber, die gegen Tageslohn im Hause des Kunden arbeiteten 263 . Auch Tirol blieb von dieser Krise des Handwerks nicht verschont. Die den Schneidern bezahlten Löhne

die Einwohner nicht zu sehr und sichere den Schneidern doch einen angemessenen Verdienst. Da in den Nachbargemeinden alle Schneider ähnliche Tagessätze erhielten (8, 6 und 4 Kreuzer), werden sich wohl die Schneider im Gericht Kaltem gefügt haben 266 . Geht man davon aus, dass ein Rattenberger Meister um die Mitte des 16. Jahrhunderts 275 bis 280 Tage im Jahr arbeiten 267 und mit 10 Kreuzern Lohn täglich rechnen konnte, dann betrug unter diesem optimistischen Ansatz 268 sein jährliches Einkommen ungefähr

später wird es wegen der Teuerung und schleichenden Inflation erheblich mehr gewesen sein. Nimmt man an, dass der Haushalt eines Schneiders zu dieser Zeit bei bescheidener Lebensführung für vier bis fünf Personen (Meister, seine Frau, ein bis zwei Kinder 271 , ein Geselle) an die 80 Gulden verschlang, dann brauchte der Schneider unbedingt einen Nebenerwerb. Ein zweites Handwerk durfte es in Rattenberg nicht sein. Kleine Professionisten zu Inwohnerrecht konnten hier zwar einen handwerklichen

. Reiff wurde nur gestattet, im eigenen Haus zu glasen 273 . Handel, Krämerei und Landwirtschaft, was auch sonst bei Handwerkern als Ne benerwerb erscheint 274 , wurde durchaus den Rattenberger Schneidern gestattet. Der schon erwähnte Cristof Staindl hatte einen Laden, betrieb Tuchhandel 2 ’ und besaß landwirtschaftlichen Grund. Auch Paul Schuelpeck war Schneider, Tuchhändler und DERSCHLERN 41 Heft

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Page 45 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
In den Genuss der neuen Regelung kam der Schneider Jörg (Gregor) Räther, der 1515 den verstorbenen Lienhart Päl als Berggerichtsgeschworenen ersetzte. Er wurde im selben Jahr noch auf kurze Zeit Bergmeister gegen einen Sold von 20 Mark und 2 Mark für ein Hofkleid 284 . Räther blieb bis zu seinem Tod 1527 Geschworener 285 . Nicht jeder hatte genug Kapital, um auch nur ein kleines Geschäft zu errichten. Dann musste man sich eben anders weiter behelfen wie der Schneider Bartime Wagner, der so arm

, die nach Torschluss in die Stadt hinein- oder aus ihr herauswollten, mit oder ohne Genehmigung des Rates. 1508 erhielt der Schneider auf dem Lendtor, Hans Schweizer, der schon als Kleidermacher für das Augustinerkloster erwähnt wurde, 1 Mark Lohn für zwei Jahre Torhut 287 . Herrschte allerdings Seuchenzeit wie 1512 und 1513, in der streng darauf geachtet werden musste, dass keine Infizierten die ansteckende Krankheit in die Stadt hineinschleppten, zahlte der Rat wesentlich großzügiger. Für je 32 Wochen Torwache

während der Seuche bekamen der Aufleger Paul Holzmann und Hans Schweizer zusammen 19 Gulden und 1 Pfund 288 . Dafür hätte er lange schneidern müssen. Als 1512 das Gerücht umlief, Bettler würden überall im Lande Feuer legen, traf der Rat dagegen Vorsorge, indem er Hans Schweizer mit drei anderen Rattenbergern zu Sondertorhütern bestellte und jedem die Wache mit 18 Kreuzern je Woche vergütete 289 . Die nebenberuflichen Tätigkeiten der Schneider konnten also einen erheblichen oder nur bescheidenen Gewinn abwerfen

, geholfen haben sie jedoch allemal, das Einkommen aufzubessern. Vermutlich sind viele Rattenberger Schneider einem Nebenerwerb nachgegangen, sei es im textilen Bereich als Verkäufer von einfachem Tuch, Barchent, Zwillich, Leinen, von Kleidung und Zubehör, sei es auf berufsfremdem Gebiet. Doch die meisten von ihnen sind in dieser Hinsicht nie aktenkundig geworden. Die Konkurrenz vom Lande und in der Stadt E s ist sicher richtig, wenn gesagt wird, dass mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten

um Kufstein und Kitzbühel bis auf die Schmiede praktisch abschaffte, durften sie um Rattenberg bleiben, sofern sie wie die Bürger der Stadt Steuern und Wacht mittrugen. Ihre Rechte im Landgericht sollten sie zudem behalten 291 . Das konnte die Rattenberger nicht befriedigen, namentlich nicht die Schuster, Schneider und Weber der Stadt, die sich einem starken Druck vom Lande ausgesetzt sahen. Kaum war Rattenberg bei Tirol, wandte sich schon im September 1506 die ganze Gemeinde an den neuen Pfleger

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Page 17 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
für das Folgende sind die vier niedrigsten Beitragsgruppen. 6 Kreuzer sollten 7, 12 Kreuzer: 25, 15 Kreuzer: 3 und 18 Kreuzer 14 Personen aufbringen. Weist man die Rattenberger Schneider 60 den einzelnen Beitragsgruppen zu, ergibt sich ein düsteres Bild, was ihre finanzielle Leistungskraft betrifft. Dabei waren sie alle oder ihre Witwen Bürger und Bürgerinnen der Stadt, nicht bloß Inwohner oder Inwohnerinnen 61 . Nur ein Schneider lag über dem Median von 36 Kreuzern 62 . Valtein (Valentin) Kirchmair zahlte

zum 3. Termin (1530) als selbstständiger Schneider 12 Kreuzer aufbringen musste. Für ihn hatte augenscheinlich die Mutter mit einem Meisterknecht den Betrieb seit 1527 weitergeführt. Hans Mitterpacher hatte 12, Martin Schelshorn 18, Cristof Ringermair 18, Michel Amberger 24, Erhärt Rosenha(i)merin (Agnes), Witwe des 1528 verstorbenen Schneidermeisters Erhärt Rosenhamer (sie sagte 1530 ihr Bürgerecht auf), und Rosenhamers Erben hatten je 30 Kreuzer zu zahlen. Die Schneider Hans Ulrich(er) und Paul Schuelpeck

lebten zum ersten Türkensteuertermin noch nicht in Rattenberg und wurden erst zur zweiten Rate 1529 auf 12 (Ulrich) und 24 (Schuelpeck) Kreuzer veranschlagt. Einer von beiden hat Michel Amberger ersetzt, der noch vor diesem Termin Rattenberg verlassen hat. Betrachtet man Lucia und Bartime Wagner als einen Steuerpflichtigen, dann fielen allein 5 Schneider in die Kategorien der 39 Personen, die am niedrigsten eingeschätzt wurden. Man könnte bei dem einen oder anderen einwenden, er sei erst frisch

zur Meisterwürde gelangt und deshalb so tief eingestuft worden. Dagegen ist zu beachten, dass Handwerker, die früher einigermaßen gut da gestanden hatten, im Alter leicht verarmen konnten wie die Schneider Andre Wagner und Christof Staindl. Hier seine aufschlussreiche Kurzbiographie. Christof Staindl erbte von seinem gleichnamigen, 1525 verstorbenen Vater, einem Lädier (Krämer), und von seiner gleichfalls schon verstorbenen Mutter

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Page 15 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
, das erlaubte Maß an Wein auf einen vollen Fingerhut oder so viel, wie an einem grauen Geißbart hängen bleibe (14). Ihnen legt er als Patron besonders den hl. Silvester nahe, dem sie am Ende des Jahres in einer Prozession als Opfer „etliche abgezwackte Stück vnnd Fleck von Sammet, Seiden, Tuchgewand, Leder, Borten vnnd was dergleichen“ mitzubringen hätten (15). Eine Zurücksetzung der Schneider habe derzeit zu unterbleiben, bis das Gericht in einem seit ungefähr zehn Jahren dauernden Verfahren entschieden

hätte, wer von den Dreien - Schneider, Müller, Weber - der größte Dieb sei (17). Nur schlechter Lohn und geringes Trinkgeld veranlassten die Schneider, das „Tuch vnd Zeug drey- vnd vierfach zulegen vnd zuschneiden, in das Aug vnd nach der Mauß zu werffen, Borten vnd Seiden zu hinderhalten“. Das als Diebstahl zu brandmarken sei nicht erlaubt (18). Wer damals das angebliche Mandat des Großmeisters Sartorius las, muss sich vor Lachen gekrümmt haben. Gleichzeitig war ihm sehr wohl bewusst, dass

es sich nicht um die genaue Wiedergabe der Realität, sondern nur um einen literarischen Scherz handelte, mehr komisch als böse. Seinen Schneider, bei dem er arbeiten ließ, die Schneider allgemein wird er mit ganz anderen Augen gesehen haben. Man sollte überhaupt den Spott im Volke über die Schneider nicht allzu ernst nehmen. Die meisten wussten durchaus einen tüchtigen Kleidermacher zu schätzen, vor allem die vielen Armen, die sich nicht ein neues Gewand leisten konnten, wenn er ohne Murren bereit war, ihre alten Sachen

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Page 76 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
pfeiffer und Bartime sneider, hofierer 2 Gulden"; Rattenberger Raitung 1535, 20: An Bartime Wagner, „inn der fasnacht zu hofieren", bezahlt 22 Kreuzer. 287 StAR Rechnung gemainer Stat Ratemberg 1507-1513, 27'. Auch in Leipzig übertrug man oft das Amt eines Torhüters einem Schneider (Germar, Schneiderhandwerk [wie Anm. 91], 94). 288 Ebenda,125. 289 StAR RS 1509-1514, 33'. 290 Schulz, Handwerk, 212-214. 291 Kogler, Rattenberg (wie Anm. 57), 72 u. ders., Beiträge zur Stadtrechtsgeschichte Kufsteins

bis zum Ausgang des Mittelalters (Forschungen zur inneren Geschichte Österreichs 9), Innsbruck 1912, 46 u.78. Schon früher hatten die Innsbrucker Schneider das gleiche Problem, woraufhin Herzog Sigmund 1451 auf Bitten der Innsbrucker Schneidermeister den ledigen auswärtigen Ge sellen, die hier nicht ansässig seien, keine Steuern und Wachen trügen und in die Stadt hinein arbeiteten, hinfort ihr Handwerk im Stadtgericht Innsbruck verbot (TLMF Insert in der Urkunde 1995 vom 24. Okt. 1648, vgl. Petrascheck

, Meisterbücher [wie Anm. 16], 162). 292 StAR RS 1506-1511, 13/13'. Bereits im April 1506 hatte sich der Rat wegen der Handwerker und Weinschenken auf dem Lande an den Pflegsverwalter Ulrich Voneberg und den Landrichter Jörg Endlhauser gewandt, doch diese waren offenkundig nicht tätig geworden (ebenda, 2'). 293 Das heißt also, dass schon damals Schneider mit Fertigware auf den Märkten handelten. 294 StAR Urkunde 166; Kogler, Rattenberg, 72/73. 295 StAR RS 1509-1514, 26' (zu 1512). 296 Ebenda, 34' (zu 1512

11 (zu 1524). 301 TLA Parteibuch 3 (1530/1531), 266. 302 StAR RS 1523-1532, 27'. 303 TLA Parteibuch 3 (1530/1531), 59. 304 StAR RS 1523-1532 ( beiliegendes Schriftstück, Konzept). 305 Kogler, Rattenberg, 74/75. 306 Das Problem bestand allerorten. Die Leipziger Schneider kämpften gegen sie schon seit 1493 an, beabsichtigten 1530, die Störer auf den Dörfern aufzutreiben, und erreichten es schließlich Ende des 16. Jahrhunderts, dass sie mit Hilfe des Gerichtsdieners „Bönhasenjagden" veranstal ten durften

, der Landrichter werde ihnen schon nichts tun, wenn doch, würde man sie schützen und schirmen. 308 StAR RS 1548/1549, 57' u. 79' 309 Ebenda, 131'. 310 Ebenda,1377138. 311 StAR RS 1523-1532, 123. 312 StAR RS 1568-1572, 100; rupffes schälckhl = Mieder aus grober Leinwand. 313 TLA Parteibuch 3 (1530/1531), 411/412. 314 StAR RS 1560-1563, 152'. 315 Lenger/Lutum-Lenger, Schneider (wie Anm. 3), 208. 316 KIAR Codex 71: Raitung 1482-1523, 281.

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Page 10 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
Heiligen. Der Schneider wanderte erneut auf einige Tage in den Turm und wurde erst gegen eine eidliche Verschreibung, er werde die vom Rat gesetzte Strafe erfüllen, frei gelassen. Am 20. Dezember 1508 entzog ihm der Rat wegen seiner Vergehen das Inwohnerrecht, legte ihm sein Handwerk nieder und wies ihn aus der Stadt. Neiffer gab aber nicht auf. 1513 erschien der Stadt- und Landrichter Bartime Angst mit ihm vor dem Rat und bat, Matheus zum Inwohner aufzunehmen. Der Rat lehnte

ab, weil der Brauch, dass „ain yeglicher handwerchs man sein handwerchs gnos mit yme furbring“, nicht erfüllt sei, auch weil der Schneider vor einiger Zeit gegen die Freiheit der Stadt gehandelt und einem andern sein Weib weggenommen habe 35 . Spottbild eines Zweikampfs zwischen einem Schneider und einem Kürschner: Der Schneider, begleitet von einem Ziegenbock, ficht mit Schere und Tuch, der Kürschner, begleitet von einer Katze, kämpft mit Klopfstock und Pelz. Radierung von Jost Amman, 1588. Lob, Tadel, Spott

C hristoph Weigel (1654-1725), Kupferstecher und Kunsthändler in Augsburg und Nürnberg, überschüttet geradezu die Schneider mit Lobesworten. Er schreibt: „Solcher massen gehört kein dummer Kopf zu einem Schneider, und ist es mit der Nadel, Scheer und Elle samt dem Fingerhut nicht allein ausgemacht, sondern es gehöret Witz darzu, neue Moden so wohl auszudencken als nachzumachen, es gehöret Witz darzu, einen großen und kleinen, dicken und geschmeidigen Menschen zu kleiden und die Kleider also zuzurichten

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Page 64 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
DERSCHLERN 62 1 <o außerhalb der städtischen Bannmeile 402 so tüchtig und erfolgreich wie sein Vater die Schneiderei und den Handel mit Tuchen und Konfektionsware ausübte, dann konnte er in der Stadt kaum willkommen sein, zumal das Schneiderhandwerk Rattenbergs zu dieser Zeit überbesetzt war. Bereits am 24. Januar des Jahres baten die Schneider den Rat, keine neuen Meister ihres Handwerks aufzunehmen, weil es schon jetzt zu viele seien. Der Rat verschob die Entscheidung, sagte

aber den Schneidern zu, sie so viel wie möglich zu verschonen 403 . Das bekam am 6. Februar Jörg Leuttner (Leitner) aus Kramsach zu spüren, als man ihm seinen Wunsch nach Inwohnerrecht mit der Begründung abschlug, man sei derzeit mit Schneidern und Lädlern dermaßen überbesetzt, dass daraus große Armut entspringe 404 . Vermutlich hatte Leitner den Antrag gestellt, weil durch den Tod Paul Schuelpecks eine Stelle frei geworden war. Am 17. April wurde der Schneider 405 Leitner doch gegen 8 Gulden Gebühr zum Inwohner

beruhen und selten Einblicke ins Alltagsleben der Schneider gewähren, ist es aufgrund der Überlieferung, so lückenhaft sie auch ist, für Rattenberg möglich, die Meister von Nadel und Zwirn, ihre Familien, Gesellen und Lehrlinge während des 16. Jahrhunderts (bis um 1570) in einigen Ausschnitten der heutigen Zeit etwas näher zu bringen. Schneider als Bürger in Städten lassen sich seit dem 12. Jahrhundert nachweisen, ihre gewerblichen und religiösen Vereinigungen, Zunft, Innung, Gilde, in Österreich

Schneiderordnungen vorweisen, Rattenberg nicht, nicht einmal fürs 16. Jahrhundert. Vermutlich wurden die Gewohnheiten und Bräuche der dortigen Schneiderbruderschaft nur mündlich tradiert. Die Lehrzeit für Schneider betrug während des 16. Jahrhunderts im Tiroler Oberland zwei Jahre, wahrscheinlich auch im Unterland und damit in Rattenberg. Eine Wanderpflicht existierte noch nicht. Wandernde Schneidergesellen fanden zu Rattenberg in der Schneiderherberge, die in einem Wirtshaus lag, Aufnahme

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Page 37 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
willkommene Arbeitgeber für verschiedene Handwerker waren. Die Stadt am Inn konnte in dieser Hinsicht nur mit dem Augustinerkloster aufwarten, Kirche und Spital traten kaum mit Aufträgen an die städtischen Schneider heran. Das Kloster beschäftigte sie immer wieder bis 1530. Danach befasst sich nur noch ein einziger Eintrag mit ihnen 206 . Der erste namentlich erwähnte Schneider war der Meister und Bürger Johannes Schweitzer, der 1503 und 1504 ein Hemd sowie zwei Lodenröcke und zwei Lodenhosen

Schweitzer und Esslinger für die Mönche tätig war 210 , wiederum mit Gewändern für Knechte und Mägde (Lodenröcke, Hosen, Kittel, Joppe) 211 . Auch sonst zogen die Augustiner immer wieder verschiedene Handwerker aus den umliegenden Dörfern für Arbeiten heran, um ihre Verbundenheit mit Stadt und Land zu dokumentieren. Zu 1519 scheint der früher erwähnte Schneider Erhärt Rosenhaimer im Rechnungsbuch auf, der dem Kloster gegen 5 Pfund 8 Kreuzer Hosentuch lieferte und dem dortigen Pfründner Paul Türndl

eine Hose aus deutschem Tuch machte 212 . Von solchen Gelegenheitsarbeiten hat man nicht viel. Erfolgreicher war da schon der städtische Schneider Hans Peter, genannt Mitterpacher oder Schlesinger, den die Mönche von 1519 bis 1530 beschäftigten und ihm so regelmäßig gewisse, wenn auch meist kleine Einkünfte bescherten. Es waren die schon bekannten Kleidungsstücke, die er fürs Kloster anfertigte: Hosen, Hemde, Kittel, Mäntel, Röcke, davon einige für die Knaben (Novizen) und einen für einen Mönch, Gewand

für einen Pfründner. Doch es kamen auch neue Artikel hinzu: Lein-, Tisch- und Handtücher, Getreide- und Strohsäcke. Als Schneider durfte man eben nicht wählerisch sein. Der Gesamtlohn für alle diese Arbeiten betrug in den zwölf Jahren gerade 3 Gulden und 1 Pfund 213 . Doch diese Summe trügt, nicht der volle Macherlohn ist vermerkt. Zum einen erhielt Peter auch zusätzlich Naturalien 214 , zum anderen bezog er einmal vom Kloster 1 Klafter Holz, wogegen er Hemde, Leintücher und Strohsäcke zu machen hatte 215

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Page 42 of 140
Date: 01.01.2013
Physical description: 140
sie dort feilzubieten, befahlen sie allen Amtsleuten im Land, keinesfalls Schuelpeck die Märkte in ihrem Verwaltungsbezirk zu verwehren noch zu gestatten, dass jemand anderer dies tue 248 . Was Paul für sich einforderte, sah er bei Konkurrenten gar nicht gern. 1554 beschwerten sich er und sein Schneiderkollege Abraham Krieg beim Rattenberger Rat über fremde Schneider aus Jenbach und Wiesing. Sie kämen her zum Gallusmarkt und böten gemachte Kleidung wie Hosen, Strümpfe, Joppen, Goller

und anderes zum Verkauf an. Beide Schneider wollten nun vom Rat wissen, ob das die Fremden dürften, weil sie durch ihr Tun den hiesigen Schneidern Eintrag täten. Die Herren vom Rat belehrten sie, der Gallusmarkt sei seit alters ein freier Jahrmarkt, auf dem jeder, der komme, Waren zum Verkauf feilhaben dürfe. Das könne man auch den fremden Schneidern nicht verwehren 249 . Anders war die Lage auf Märkten am Kirchweihtag, die anscheinend nicht als frei galten. Vier Jahre später begehrte nämlich Schuelpeck namens

des ganzen Rattenberger Schneiderhandwerks vom Rat, man solle fremden Schneidern, die gemachte Hosen und andere Kleidung auf dem Kirchtag feilböten, dies verbieten. Der Rat beschloss, zwei seiner Mitglieder zum Landrichter zu schicken, damit er solches „auslendischen“ Schneidern untersage 250 . Wie viele Rattenberger Schneider mit Konfektionsware handelten, ist unbekannt. Es dürften wohl mehr als nur die zwei erwähnten gewesen sein. Dass Schuelpeck so sehr den Absatz seiner Konfektionsware im Auge

nicht nur mit der Konkurrenz einheimischer und fremder Schneider, sondern auch mit Kaufleuten rechnen, die Konfektionsware anboten. Nach verschiedenen Zolltarifen zu urteilen, wurde nämlich vielfach Kleidung durch- und vermutlich auch eingeführt 252 . Und dann waren da noch die Wanderhändler, die Kirchweihfeste und Jahrmärkte nicht links liegen ließen, wenn sie auf dem Weg lagen. Schon Ende des 14. Jahrhunderts entrüstete man sich über sie in Lüneburg, weil sie auf Kirchweihen Hosen aus billigem Stoff als flämische Hosen

verkauften 253 . Verdienst und Nebenerwerb D ie Schneider und Schuster gehörten nicht eben zu den Großverdienern, sie mussten sich mit einem bescheidenen Gewinn zufriedengeben. Anfangs des 16. Jahrhunderts betrug ihr Jahreseinkommen in Augsburg maximal 30 Gulden 254 , während Bauhandwerker, Bäcker, Metzger in Nürnberg bereits Mitte des 15. Jahrhunderts mit 40-45 Gulden rechnen konnten 255 . War schon generell die tägliche Arbeitszeit im Spätmittelalter nach Abzug der Pausen mit 11 bis 13 Stunden

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