. Er konnte nicht hören, was sie sag ten; nur ihr Lachen drang zuweilen zu seinen Ohren. „Weißt Du. Lucie, die beiden letzten Tage sind mir entsetzlich lang vorgekommen.' „Ja, mir wurde die Zeit auch sehr lang, Richard, weil ich Dich nicht sah.' „Hoffentlich vergaßest Du mich nicht ganz über der Pflege des armen kranken Mädchens „Natürlich nicht. Richard erinnerst Du Dich noch, wie wir vor langer Zeit einmal — als wir so glücklich waren — ehe jener fürchterliche Sturm uns trennte — erinnerst
Du Dich noch, wie Du mir eines Tages auf einem Spaziergange durch die Felder sagtest, zwischen unseren Seelen bestände ein Band, durch Welches dieselben beinahe völlig eins wären? Daran dachte ich, als ich während der Nacht an Evchens Krankenlager saß. Ich fühlte, daß Du an mich dachtest; ja, ich war mir dessen sicher. Dachtest Du wirk lich an mich?' . Richard lächelte und in der nächsten Sekunde, ehe sie auch nur ein Wort des Widerspruchs erheben konnte, hielt er sie in seinen Armen und küßte sie leidenschaftlich auf ihre Lippen
. „O, Richard, das ist sehr unrecht,' sagte Lucie, sich semer Umarmung, entziehend. „Ja, das fürchte ich auch ' sagte Richard, sah dabei aber durchaus nicht dreuig aus. „Du mußt mir versprechen daß Du es nicht Wiü >er thun wirst.' „Muß ich das wirklich?' „O, Richard, sieh mich nicht so an und bringe mich nicht zum Lachen; ich spreche ganz ernst; also versprichst Du es mir?' „Wir wollen an einem anderen Tage weiter darüber reden. Jetzt möchte ich Dir mancherlei mittheilen, was ich von Bertha gehört
habe.' Wenn diese Beiden zusammen waren, hatten sie einander stets hunderterlei wichtige Dinge mitzutheilen. Und so wanderten sie denn auf einem einsamen Wege des Seeparkes umher, bis die Dämmerung kam und der Schatten des Abends sich auf sie herabsenkte. Dann erklärte Lucie, jetzt müßte sie nach Hause und Richard gab ihr das Geleit bis nach der Stromstraße. Und Lukas hatte sie während der ganzen Zeit im Auge behalten und folgte ihnen noch immer! Er hatte gesehen, wie sie sich innig küßten, wie sie sich die Hände
drückten, wie sie einander anlächelten! Sein Herz glich einem glühenden Vulkan; seine Vernunft war vollständig verdunkelt, seine wildesten Leidenschaften waren bis zum Wahnsinn ent fesselt. Und jetzt folgte er ihnen, folgte ihnen bis nach der Stromstraße, sah, wie sie vor der Hausthür der Frau Marks von einander Abschied nahmen und dann kehrte Richard von Münster um und gieng leichten schnellen Schrittes an Lukas vorüber. Und er gieng seltsamer Weise, trotz der weiten Entfernung, unverzüglich