- u»d Auslande». N». isz. Sonntag, den H. Juli 18SV. SS. Jahrgang. Uom deutschen Reichstag. Meran. S. Juli. ?I. Nach achtwöchentlicher Thätigkeit hat der neue deutsche Reichstag seinen ersten Sessionsabschnitt be endet und es ist somit der Zeitpunkt gekommen, der einen Rückblick auf das, was von ihm erwartet und von ihm erfüllt wurde, geboten erscheinen läßt. Aus den Wahlen des 20 Februar war der deutsche Reichstag in einer Zusammensetzung hervor gegangen, welche eine nur annähernd vertrauens würdige
. Jetzt, nach Schluß des ersten Sessionsabschnittes kann man constatiren, daß der deutsche Reichstag wohl ein großes Stück parlamentarischer Arbeit er ledigt hat, daß aber weder die niederdrückenden Angst- noch die himmelanstrebenden Hoffnnngsge- sühle, welche ihm seinerzeit von verschiedenen Seiten entgegengebracht wurden, ihre Rechtfertigung gefun den haben. Es hatte den Anschein, als sei mit der Sprengung des mühsam zusammengeschweißten Car- tellringes, mit der Zunahme an Macht, welche früher geringschätzig
und Objectivilät in den Gang der Verhandlungen einzugreifen uud den Anfangs verkündeten Entschluß der Regierung, ohne Vorein genommenheit nach irgend einer Seite hin, „das Gute zu nehmen, woher es auch komme,' erwar tungsvoll zur That heranreifen zu lassen. So ist also das Arbeitspensum, welches der Reichstag in diesen acht Wochen erledigte, ein recht ansehnliches. Der Entwurf einer Ergänzung der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige wurde ohne Debatte genehmigt, während die Vorlage
über die Einführung von Gewerbegerichten ziemlich umfangreiche Verhandlungen in Plenum und Com mission nöthig machte. Der Nachtragsetat für Ost afrika begegnete keinen erheblichen Schwierigkeiten, war aber noch in dritter Lesung bedroht durch die in Folge des deutsch - englischen Uebereinkommens hervorgerufene Mißstimmung und Entmuthigung. Der Reichstag kam indessen mit anerkennenswerther Mäßigung dem Wunsche des Regierungsvertreters nach, welcher gebeten hatte, das deutsch-englische Übereinkommen
, daß die Regierung nicht zögerte, ihre dem Reichstage z. Z. mißliebigen Forderungen bis zu günstigerer Gelegenheit zurückzustellen. Die Novelle znr Gewerbeordnung, das umfang reichste Stück Arbeit, welches der Reichstag zu be wältigen hatte, konnte mir die erste Lesung im Ple num passiren, doch läßt die hierbei stattgefundene Debatte auf eine erfolgreiche Lösung dieser wichtigen Anfgabe mit Gewißheit hofsen. Zum Schlüsse hat der Reichstag noch einmal seine entgegenkommende Haltung an den Tag gelegt