man nicht genau, was es ist — aber irgend etwas fehlt einem, wenn man heute Neapel wiedersieht. Dann plötzlich wird es einem klar: der Vesuv fehlt! Doch nein -- der Berg ist ja da, aber er ist ganz anders, ist ein Berg schlechthin, wie ihn viele Städte in ihrem Rücken, viele Landschaften in ihrem Panorama haben. Denn dieser Berg, der Monte Vesuoio — raucht nicht mehr! Erst meinte man nur, es sei eine be sonders lange Pause, aber sie nimmt keilt Ende, es kommt kein Rauch aus dem Krarer, die weiße Pinienwolke
über dem Gipfel fehlt und auch nachts vermissen wir den Glutschein, der sonst die Wolken rosenrot überzog. Fragt man die Leute, die hier wohnen,^ so tun sie erstaunt, aber man merkt, daß sie dieses Er staunen nur spielen. Sie schauen den Fremden dabei scheu an — ob er auch merkt, daß sie schwin deln! Denn die Neapolitaner schämen sich für ihren Berg, der plötzlich in den Streik getreten ist und nicht mehr mittut. Wie bedenkenlos von ihm. denn der Rauch aus dem Besuvkrarer gehört doch zur Landschaft
. Die Amerikaner, die mit Cook reisen, haben den Rauch mitbezahlt und das Gru seln bei der Besichtigung des Kraterrandes. Und die Ansichtskarten, die vielen hunderttausend Stück Ansichtskarten, die in allen Läden, bei allen Stra ßenhändlern Neapels herumliegen und alle die schöne weiße Rauchwolke zeigen! Sollen die Fremden sie vielleicht eigenhändig durchstreichen oder gar dazu schreiben, daß es sie nicht mehr gibt, daß auch Neapel und der Vesuo nicht mehr das sind, was sie vor dem Kriege
waren . . . ? Es ist eine Schande, wie der Berg sich benimmt — das sagten auch die um den Fremdenverkehr bemühten und besorgten Neapolitaner und berie ten schon vor zwei Jahren, ob man nicht einfach künstlichen Rauch erzeugen und chn aus dem Vesuvkrater Herausblasen könnte. Eine Kleinig keit bei dem heutigen Stand der Technik. Alles wäre gerettet, Baedecker wäre nicht blamiert, denn die Besucher verzeihen ihm zwar, daß alle Preise mit zwanzig multipliziert werden müssen und ein paar Häuserblocks nicht mehr da sind, wml
nach mühsamer Kletterei über die losen Aschenhalden den Grund des Kra ters und fand auch dort alles ruhig. Lediglich einige Fumarolen fanden sich am Kratergrunde, aus denen leichter Rauch, dünner Wasserdampf aufstieg. Und als die Sachverständigen nach schwie riger Kletterei in Hitze und Staub wieder am äußeren Kraterrand auftauchten, wo sie von ihren Kollegen und Journalisten erwartet wurden, da konnten sie nur das sagen, was auch die Meteoro logen meist zur Antwort geben müssen