, der ihr durch den Kopf schoß, erschreckte sie und doch mußte sie Ge wißheit haben. Deshalb begann sie nach einer kleinen Weile wieder: „Sage mal aufrichtig, Kind, du — du hast den Otto lieb?' Liese barg ohne ein Wort zu sprechen errötend das Gesicht an der Schulter der alten Dame. „Also doch,' murmelte diese, „ich dachte es mir; mein liebes, kleines Mädchen, wie lange ist es her, daß du ihn liebst?' „Ich glaube, das war schon immer so, ich wußte es nur nicht. Erst heute, als mir Berta Fischer zu rief: ,Der liebt
eine andere!' erst da wurde es mir klar, daß ich immer nur an ihn gedacht habe, bei allem, was ich tat. Aber ich bitte dich, liebe Tante, laß Otto nichts merken, denn ich müßte mich zu Tode schämen, wenn er es erführe. Wenn Otto eine Ahnung hätte, wie es um mich steht, dann könnte ich nie, nie mehr zu dir kommen! Und das tüte mir doch so surchtbar leid. Denn ich liebe dich ja so sehr, fast so wie meine Mutter!' „Ich verspreche es dir, Kind, Otto soll nichts er fahren; vielleicht wird doch noch alles gut
, ich will ihn noch heute ein wenig ausforschen. Daß er eine andere liebt, glaube ich nicht, ich müßte es doch bemerkt haben.' Der zuversichtliche Ton, den Tante Lina anschlug, verfehlte seine Wirkung nicht; das Mädchen wurde wieder heiter und lachte und scherzte mit der alten Dame. Diese sah wiederholt nach der Uhr. „Otto müßte eigentlich längst da sein; wo er nur bleibt, ich begreife es nicht.' Als Liese dann durch den Garten der Straße zuschritt, begegnete ihr Otto, der sehr heiter und aufgeräumt schien. „Na, Kleine
,' redete er sie an, gehst du schon nach Hanse?' Liese nickte lächelnd. „Ja, Otto, ich habe viel zu tun.' Damit wollte sie an ihm vorüber. Er hielt aber ihre Hand fest, die sie ihm ge reicht hatte. „Liese,' begann er rasch, „schon lange wollte ich ein vertrauliches Wort mit dir reden, aber nur mit dir allein. Immer ist die Tante dabei, somit fehlt mir die Gelegenheit. Ich werde dich ein Stück be gleiten oder besser: hast du ein halbes Stündchen für mich übrig, dann nehmen wir den kleinen
Um weg über die Felder, da begegnen uns nicht so viele Menschen. Ist es dir recht? Ich hätte nämlich etwas mit dir zu besprechen, etwas sehr Wichtiges.' Liese konnte nicht antworten. Das Herz schlug ihr bis zum Hals hinauf. Keinen Ton hätte sie herauszubringen vermocht. Was wollte Otto ihr sagen? Ein vertrauliches Wort, nur ihr allein? Etwas sehr Wichtiges? Ach, wenn er sie doch liebte? Wenn er es ihr jetzt sagte? Liese vermochte kaum noch einen klaren Gedanken zu fassen. Ihr schwindelte. Sie grub die Zähne