Elias Frieth Ordnung für die Lehrlinge der Meraner Wagnerzunft vor 200 Jahren Die alten Ordnungen der Handwerkszünfte richteten ein Hauptaugenmerk auf die Heranbildung tüchtiger Meister. Meister aber konnte man nur nach einer harten Lehr- und entbehrungsreichen Gesellenzeit werden. „Der Teufel hat alles sein wollen, nur kein Lehrjunge“, sagt ein schwäbisches Sprichwort. Der Lehrjunge nahm die unterste Stelle in der Rangstufe des Handwerkerstandes ein. und diese Stufe mußte jeder überschritten
freigesprochen, sobald er genug vom Handwerk verstand, um einen Knecht oder „Burschen“ vertreten zu können. Bei den Schuhmachern hatte der Meister sogar das Recht, seinen Sohn zu jeder Zeit, sogar in der Wiege, aufzudingen und freizusprechen, sofern er anderthalb Gulden erlegte und den versammelten Meistern zwei Viertel Wein und um 6 Kreuzer Brot verehrte sowie dem Sohn, wie jedem „Lehrknaben“, die Artikel vorlesen ließ, ehe derselbe auf die Wanderschaft ging. Wer nicht einen Meister zum Vater
hatte oder ein anderes Handwerk als das seines Vaters erlernen wollte, mußte sich einen Lehrmeister suchen, der ihn gegen eine angemessene Vergütung in die Lehre nahm. Auch dabei waren die Meister söhne bevorzugt, weil sie jederzeit „aufgedingt“ werden konnten, während die Aufnahme anderer Jungen an gewisse Bedingungen geknüpft war. Hatte ein Meister bereits einen Lehrjungen, so durfte er keinen anderen annehmen, bis ersterer ausgelernt oder, wie bei den Glasern, wenigstens die halbe Lehrzeit
hinter sich hatte, oder auch, wie bei den Schlossern, ein halbes Jahr bei ihm gewesen war. Die Meister des Kupferschmiedehandwerks mußten, selbst wenn sie einen Lehr jungen freigesprochen hatten, noch zwei Jahre warten, ehe sie einen anderen aufnehmen durften. Und bei den Schneidern galt die gleiche Vorschrift, wenn sie es nicht vorzogen, sich mit einem Gulden jährlich davon loszukaufen. Die Tischler waren aber weder in der Zahl noch in der Annahmezeit ihrer Lehrbuben beschränkt, und die Steinmetz- und Maurermeister hatten sogar das Recht, zwei
bezweckten aber auch, die Ehre und das Ansehen des Handwerks zu schützen und den Kunden und Verbraucher vor Pfuscharbeit zu verschonen. Hatte der Lehrlingsanwärter einen Meister gefunden, so mußte er bei den Rotgerbern und Zimmerleuten u. a. 14 Tage, bei den Müllern und Bäckern vier Wochen lang auf Probe bleiben. Das Aufdingen aller Lehrjungen, auch jener bei Meistern auf dem Lande, geschah stets in Meran und mit besonderer Feierlichkeit vor dem Zunft- oder Brudermeister und dem versammelten Handwerk