4 Samstag. 17. Juni 1888 Nr. 87 JZ So werden Katholiken im Dritten heidi behandelt Beruht eines Augenzeugen Ober die Geselienfngung in München Voll Freude und mit einer stillen Sehnsucht im Her zen, das neue Deutschland kennen zu lernen, fuhr ich zum ersten deutschen Gesellentag nach München. In S. kam die erste bittere Enttäuschung: der Gesellentag wurde abgesagt. Doch ich und mit mir viele andere waren nun einmal auf dem Wege und wollten uns nicht abhalten lasten, nach München zu fahren. Tags
daraus erfuhren wir, daß der Gesellentag doch wenig stens bedingungsweise gestattet worden sei. Die Be geisterung wuchs umsomehr und statt dreißig erklärten fünfzig, nun erst recht fahren zu wollen. München zu. Als wir in den Bahnhof hineinsuhren, dachte ich mir, ja was ist denn los? Der ganze Bahnhof voll von Menschen, nichts als Menschen. Sie alle hatten den ganzen Tag über gewar tet, um den Kolpingssöhnen den Willkommgruß zu entbieten. Ueberall Stimmung, Jubel, Begeisterung unter der Bevölkerung
von München. Tgas darauf. Ich wanderte zum Dom, doch bereits eine Stunde vor Be ginn der gottesdienstlichen Handlung konnte niemand mehr Platz finden, er war bis auf das letzte Plätzchen gefüllt. Dasselbe Bild in der Ausstellungshalle, eine Riesenmenge von Leuten. Von SA. sah man noch nicht viel, die Führung hatte anscheinend die Leute noch in der Hand, der Sturm sollte erst losbrechen, aller dings nicht durch unsere Schuld, denn die Gesellen halten Disziplin und wahrten Disziplin. Wohl, mag
die SA. die imposante Kundgebung und der Um stand, daß die gesamte Bevölkerung von München in nerlich mit uns lebte und fühlte, in begreifliche Auf regung gebracht haben. Am Samstag nachmittags wurden die Hitler bereits etwas frech und vielen Gesellen, die sich ruhig verhiel ten, wurde förmlich das Hemd vom Leibe gerissen. Die Bevölkerung begleitete solche Handlungen mit einem lauten Pfui. Ueber Befehl mußte die SA. ver schwinden. Am Samstag abends sprach Vizekanzler P a p e n. Er sprach meines Erachtens
in eine stille Gasse und dort begann diese „herrliche" SA., diese „disziplinierte Truppe", ihr rohes Hand werk. Acht ungarischen Gesellen wurden dabei die Zähne eingeschlagen, und so werden sie zurückkehren in das Land des hei ligen Stephan. Wenn die Gesellen und vornehmlich die Bevölkerung von München bei solchem Treiben Pfui schrie, dann hielten einem die SA.-Männer den Revol ver vor das Gesicht und schrien: „Wer schreit Pfui?" Was sich drücken konnte, drückte sich, die anderen wur den verhaftet