schon über die windschiefen Schuppen kroch, sah sie den Platzmei ster, und er winkte. Ja, war denn sie gemeint? Aber da war niemand mehr außer ihr. Sie trat näher. „Sie nehmen mir ein paar Briefe mit, ja?' fragte er. Hilde nickte. „Warten Sie noch einen Augenblick! Es dauert gar nicht lange.' Sie nickte wieder, und wie sie auf einer leeren Kiste, saß, trat noch eine aus der Bude. Es war Marie, die kleine Dicke: „Kommst du mit?' „Nein', gab Hilde zurück, lind sie überlegte
, ob sie der anderen etwas sagen sollte. Sie könnte vielleicht Emil benachrichtigen, der draußen stand vor dem Tor. Sie käme gleich, müßte Marie sagen, und Emil möchte nicht gehen. Aber sie schwieg, ein eigentümlicher, unerklärlicher Wider wille hielt sie davon ab. Schon war Marie auch weitergeschritten. Vi« lange Eiflkahr^ hinunter. au> die Straße hinaus. Und am Himmel erlosch un terdes das letzte der. trüben, rötlichen Fliimmchen. Dann, als Hilde es schier nicht mehr ertrug, da auf ihrer Kiste zu sitzen, kam
der Platzmeister: „Also hier sind die Briefe. Stecken Sie sie richtig in den Kasten. Und schönen Dank auch!' Sie rannte die Einfahrt hiitab. Ich kann nichts dafür. Lieber, würde sie draußen zu Emil sagen, der gewiß gefroren hatte. Aber draußen bei der Laterne, die von gelben Blättern umwirbelt war, dort stand kein Emil. Niemand stand dort. So lange hatte es doch nicht gedauert! Doch jetzt durfte sie nicht in sich hineinhorchen, sonst wurde der Schmerz inwendig rege. Sie blickte hinüber zur Elektrischen
. Eine lange Weile später klingelte es dort, und jener singende Ton drang herüber, der wie Kinderweinen anhebt und' aussteigt. Manchmal noch blitzte es blau in den Drähten, schon sehr weit weg. Es konnte doch nicht wahr sein, was die alte Giesecke sagte. Sie lief und lief, steckte die Briefe in den Kasten und wehrte dem Schmerz, der sich nicht bannen ließ. Gleich, als sie um die Ecke gebogen war, sah sie ein Paar in der Torfahrt stehen. Einen Augen blick lang war sie gewiß, abex dann zweifelte
sie, und ein Stich fuhr ihr durch die Brust. Deutlich wie eine andere sah sie sich auf dem Weg, der bis zu seinem Haus führte. Da lief sie, ein Mäd chen, das Herz klopfte ihr laut, und es war noch eine lange Strecke. Aber^auch .sie würde einmal ein Ende haben,, und es würde gewiß sein. Her nach war es eine heiße, schier unsinnige Freude, als sie sein braunes, erstauntes Gesicht aus dem Haufen heraus auf sich zukommen sah. „Hilde! Was ist denn mit dir?' Sie brachte nichts heraus, aber nur, weil es so schwer