. So geschah es jüngst im Vorarlberger Kloster Mehrerau, das ein wichtiger Lagerplatz der geistlichen Insurgenten zu sein scheint. Nach der „Kölner Zeitung' haben an der dritten Serie der geistlichen Exercitien, welche am 15. d. un Büsche ein goldenes Netz; aus der Kirche ertönt ein ernster Gesang, der Wind weht Blumenduft und Blüthen in den düsteren Kreuzgang. Der Mönch, die Nonne, wandeln mit gesenktem Blick. An den «achtschwarzen Wänden hänge» riesige weiße Kreuze, nackte Christusbilder sind wit
goldenen Nägeln daran geheftet, blutig undwundenbedeckt. Mönch und Nonne schauen sie verzückt au. Die hohe Klostermaucr hält jede Zerstreuung ferne; jeder Gedanke nach dem, was draußen in der Welt vorgeht, ist eine Untreue. Im Morgeulande wirft man die ungeliebten Frauen iu'S Meer, das Abend land sperrt die blüthenjungen Mädchen — in'S Kloster. Mit dem Schleier, mit der Kulte haben sie sich iu'S Sterb-gewand gehüllt; sie stehen au der Schwelle des Selbstmordes, der ihnen dieEwigkeit und ihre Selig keit
erlaufen soll! — Ich kam vor Jahrea m'S Kloster S ... und wurde gastlich ausgenommen. Eines Abends öffnet sich meine Thüre und ein Mönch tritt in die Zelle. «Kennen Sie den Pater Wistutho ?' fragt er leise. „Nein!' war meine Antwort. „Pater Wifiutho ist ein Heiliger; er läßt Sie bit ten, ihn zu besuchen.' Durch einen langen Gang gingen wir zur Zelle des Paters. Wir traten ein. Eine hohe in eine wallende Kutte gehüllte Gestalt stand am Fenster. An 'der Wand hing ein Kreuzeöbild, über der Schlafstelle
, die Züge voll Falten, die Augen glänzten so schwarz wie die Nacht und voll wildem Feuer. „Kennen Sie mich nicht mehr?' fragte mich Pater Wisintho mit heiserer Stimme. „Ich bin Baron R . . . .' Jetzt erkannte ich im Mönche einen Ge spielen meiner Jugendzeit. Wir setzten uns zusammen und der Pater erzählte mir seine Geschichte. ES war das Leben eines „Verlorenen.' Pater Wisintho war vor Bahren in'S Kloster ge kommen und floh in demselben jede Gemeinschaft. Seine Nahrung bestand nur aus Früchten und Brod
; niemals trank er Wein. Und das Entsagen des Weines setzte die stets durstigen Mönche -in großes Erstaunen. Paler Wisintho verließ selten seine Zelle und ging nur in die Kirche. Er hatte ein verhülltes Bild in'S Kloster mitgebracht. ..Es war', so sagte er dem Abte, „ein Bild der Muttergottes'. Vor diesem Bilde wachte und betete der Pater Tag und Nacht. Die Mönche, welche an der einsamen Zelle vorübergingen» hörten seine Seufzer uud hielten ihren Pater Wifiutho für einen Heiligen. Ich mußte, dem Pater