, daß sie ihn nicht für alt hielt — ohne daß er einen Grund dafür hätte angeben können! Denn daß er dieses reizende Geschöpf je für sich würde ge winnen können und gewinnen wollen, diesen- Gedanken wies Doktor Johannes Braumüller weit von sich und wußte wiederum nicht, warum' er ihn mit solchem Unbehagen er füllte. „Lassen Sie den Bart nur getrost.wetter wachsen, Herr Doktor!' rief , da Johanna. „Er gibt Ihnen die väterliche Würde —' Da lachten sie beide, und in bester Eintracht schritten sie ihres Weges dahin
aber wandte sich nach der anderen Seite und gewann es sich ab, ihr nicht nach zusehen. Als er an sein Besitztum kam, saß die Witwe auf der Bank vor der Tür und hielt ihm schon von weiten» einen Brief entgegen, das Gesicht von einer großen Freude ver klärt und gerötet. „Herr Doktor, der Hermann hat ge schrieben! Er hat sich zur Prüfung gemeldet und hofft, sie zu bestehen, so daß er dann heimkommen könnte —' Doch Johannes Vraumüller nahm den Brief nicht, um ihn freudig zu lesen. . Die Sonne schien
die Wttwe da, wußte nicht, was sie denken sollte. Wie sollte sie denn auch ahnen können, daß dieser Brief einen schönen Traum ihres Wohltäters jäh wieder zerstörte? Johannes Braumüller aber wanderte ruhe los in seinem Arbeitszimmer auf und ab, die Hände, auf dem Rücken ineinanderver krampft, das Haupt tief gesenkt, und mühte sich, seiner Gedanken Herr zu werden, die auf ihn einstürmten — niederzuzwingen, was sich in seinem doch noch so jungen Herzen mit sol ches Gewalt regen wollte! Verschwunden
, daß die, nach der er sich so sehnte, heute nicht kommen, daß sie sich erst erholen würde von dem Unfall am Tage zuvor.. i Erst mir der einbrechenden Nacht wagte sich Johannes Braumüller heim, ging äber nicht zu Frau Lehner, sondern blieb in seinen Räumen, und wenngleich er in dieser Nacht in den Schlaf tiefster Erschöpfung fiel, so fühlte er sich wie zerschlagen, als er anf- wachte.' Das hinderte ihn nicht, alsbald wieder fortzulaufen, und so trieb er es den Rest der Woche hindurch, bis er am Sonntagmorgen unter der Wettertanne
wieder in seiner Stube auf und ab. Diesmal aber preßte er beide Fäuste auf die Brust, als fürchte er, sie könnte springen in dem Uebermatz seines Glücks. Jetzt mochte der Hermann heimkommen! Jetzt konnte er ihm trotz seiner frischen Jugend nicht mehr gefährlich werden! Johannes Vraumüller war fest davon überzeugt, daß das, was ihm aus den Augen des Mädchens entgegengestrahlt hatte, Liebe gewesen war — daß er nochmals auf ei« seliges, beseligendes Glück würde hoffen dürfen. Und so oft er in den nächsten Tagen