Vorbereitungen für die Reise. Anfang Mai sollen wir fort. Da Gertrud bis zum Herbst zu bleiben gedenkt, will Hugo die Leute bis auf die alte Köchin entlassen; die Jungfer nimmt seine Frau mit. Gertrud nennt es spießbürgerlich, auch daß er nur zwei Zimmer bewohnen will, — ich verstehe ihn; aber ich glaube, ich werde in Gertrud nie ein Verständnis erwecken, so sehr ich mich auch bemühe. Neulich war Frau v. Neuville krank, Gertrud war bei ihr, und als sie zurückkehrte, saßen wir zufällig eine Weile allein
bebte, schnitt mir ins Herz; aber doch mußte ich die Gelegenheit ergreifen, ich mußte ihr klar machen, daß sie das Wesen der Liebe nicht recht begreife. „Gertrud," sagte ich deshalb, „du kränkst mit deinen Worten den besten Mann, statt deinem Schöpfer täglich auf den Knieen zu danken, daß er dir ein so treues Herz beschert hat! — Hugo liebt dich so heiß und innig, wie du es eigentlich gar nicht verdienst! Du hast kein Verständnis für echte Manneswürde, du siehst, du willst es nicht sehen
, welchen Schatz du besitzest. Nicht, als wollte ich die Neigung des Herrn Neuville zu seiner Frau in Zweifel ziehen, oder die Art, wie er sie äußert, nein, gewiß nicht, mein Herz; aber alle Menschen sind nicht gleich, die Charak tere sind verschieden, ihre Denkungsweise ist eine andere, ihre Ge fühle sind nicht die nämlichen, weshalb sollte denn die Form, das tiefste, herrliche Gefühl, die Liebe, zu äußern bei allen Menschen gleich sein?" „Du willst Hugo entschuldigen," sagte Gertrud gleichmütig, „und", fügte
sie hinzu, während sie sich vergebens bemühte, ruhig zu erscheinen, „ich würde dir sehr dankbar sein, könntest du mir den Beweis führen, das er überhaupt liebt, mich liebt, das heißt, könntest du mir ein einziges Zeichen dieser Liebe zu mir entdecken!" „Gertrud, Hugo liebt dich treu, innig und wahr, und er sehnt sich nach Gegenliebe!" fuhr es mir unwillig über die Lippen. Gertrud erhob sich, mit einem Blicke, in dem Schmerz und Ver achtung um die Oberhand stritten, sah sie mich an: „Und du nennst
das Liebe, wenn ein Mann seine heiligsten Gefühle preis gibt, wenn auch nur dir, seiner Schwägerin. Kann man ein Gefühl Liebe nennen, das so schwach ist, daß es andere nicht erwärmen kann?" Ich wollte sie unterbrechen; aber sie schüttelte abwehrend den Kopf: „Nein, nein, Elisabeth, Hugo liebt mich nicht, denn er versieht mich nie, hat mich nie verstanden. Und, oh, ich könnte mein Herzblut für ihn hingeben; aber er würde es doch nicht ver stehen!" Die letzten Worte klangen so trostlos, ich mußte