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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 29.08.1928
Physical description: 10
Seit- 138. »Der Bergfrted- Nr. 3b. Thomas Rotts Traum. Geschichte eines Vaters von Pankraz Schuk. (Nachdruck verboten.) Eine leichte Röte stieg ihm ins Antlitz. »Fritz... Fritz... bis ich älter bin und bis ich ein großer Künstler bin, bis ich die Kraft habe, dieses Glück an mich zu halten... dann... Fritz.. dann. „Künstler?" frug nach einer Weile Fritz. „Du willst ein Künstler werden?" Gottfried blickte ihn verwirrt an. „Hab ich das gesagt... Hab ich es... nein, nein, Fritz, kein Künstler

... kein..." „Du bist ein Träumer oder ein Narr, Gottfried." „Mag fein," gab er leise zurück und um seine Mund winkel lief ein Beben. Fritz lenkte im Gehen das Gespräch aus ein anderes Thema. „Das weiht du doch, dah ich schon eine Stelle be kommen habe?" srug er ihn dann. „Ich wußte es nicht. Es freut mich, daß du am Ziele bist. Und wohin kommst du? „Ich bleibe hier. Ich komme vorderhand als Aus- Hilfslehrer nach Grillenbach hinüber. Schulleiter Moser kann den Unterricht nicht mehr allein besorgen." „Du Glücklicher

, daß du hier bleiben kannst." „Ich werde bei meinem Vater wohnen. Das ist mir recht lieb. Meine Mutter hat eine große Freude darüber." Gottfried seufzte auf. „Ja, ja, du hast noch eine Mutter, die sich freuen kann," meinte er wie in Gedanken. Wieder schritten sie eine Weile schweigend dahin und im Gehen blickte Gottfried manchmal nach seinem Freunde. Ihm war es, als müßte er sich ihm anver- trauen. Als müßte er ihm sagen, was ihm auf der Seele brannte. Er wollte wissen, was Fritz zu seinem Plane sage

wagst. Ueberhaupt hast du schon mit dem Herrn Pfarrer in dieser Sache gesprochen?" „Nein." „Das mußt du, Gottfried, das mußt du. Das Stu dium kostet Geld, viel Geld. Du mußt vorerst wissen, ob der Herr Pfarrer die Auslagen für dein neues Studium bestreiten wird. Ohne ihn gefragt zu haben, kannst du nichts unternehmen. Dein Vater kann dir nichts geben, wie auch der meinige für mich nichts hatte tun können." Gottfried blieb stehen und blickte eine Weile sinnend zu Boden. „Du hast recht, Fritz, ich muß

zU unserem Herrn Pfarrer. Aber wenn er nicht will, Fritz, wenn er nicht will?" „Dann darfst du auch nicht wollen. Du hast ja nicht die Mittel." „Aber wenn ich trotzdem will? Wenn ich hungern und darben will, Fritz?" „Dann... da, Gottfried... da..." Mit allen Anzeichen des Entsetzens starrte Fritz die Straße entlang. Gottfried ritz den Kopf empor. „Was ist?" srug er erschrocken. „Siehst du dort... dort..." In rasendem Galopp sauste ein scheugewordenes Pferd heran. Wie ein Kinderspielzeug zog

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 16.10.1935
Physical description: 10
Sette 158. Feierabend Nr. 40. Gottfried sah sie mit klarem, offenem Blick an. Nein, t»as war ja alles nur Eifersucht, blanker Unsinn, was Marianne ihm jetzt fo verbittert vorwarf. Deshalb sagte er einfach und bestimmt: „Ich habe nur dich gern, Marianne, das kannst du mir glauben. Aber ich sehe vorläufig keine Möglichkeit für unsere Heirat. Was da Ferri vorschlug, ist nichts für mich. Wir können ja noch warten. Wir find noch jung und lernen zu." Weinerlich klang es aus ihrem Munde: „Das sagst

du mir nur zum Trost, und weil du mich nicht zur Feindin haben willst." Voller Erstaunen schaute er sie an. „Zur Feindin? Warum solltest du denn meine Fein din sein?" „Weil du mich zurückstotzest, immer und immer! Und du denkst am End, ich nähme dafür Rache. Bei uns da heim, wo ich zuletzt diente, kam das ein paarmal vor. Da schüttete ein Mädel dem untreuen Liebhaber Salz säure ins Gesicht, und eine andere stach ihn in die Brust, mit einem Küchenmesser." Gottfried war nun auch erblaßt, aber er scherzte: „Hast

kann." Sie machte sich trotzig von seinen Armen frei. „Du nimmst nichts ernst, du. Du kannst lachen, aber mir ist anders zumute. Ich verstehe es gut, wenn so ein Mädel sich rächt. Ich würde dir keine Salzsäure ins Gesicht schütten und auch nicht nach dir stechen. Ich habe eine andere Waffe . . ." Sie schwieg mit aufflammendem Blick und zittern den Lippen. Gottfried verstand sofort. Mit finsterem Gesicht erhob er sich und sagte still: „Ich verstehe: du würdest mein Geheimnis verraten, ein Geheimnis

, das ich dir allein anvertraute, weil ich dachte, daß du ein verläßlicher Mensch bist. Wie man sich doch täuschen kann! Nun fällt mir der Abschied von dir nicht mehr so schwer. Marianne, ich halte dich nicht. Geh und erzähle es allen, wer ich bin und daß ich einen falschen Namen trage." Er wandte sich ab und ging den Weg zurück. Die kam ihm nachgelaufen und flehte: „Gottfried, aber Gottfried! Es ist doch nicht so ernst gemeint — wie kannst du nur glauben — eher sterbe ich doch, bevor ein Wort davon

Händedruck. Beide trugen bitteres Weh und eine ungestillte Sehnsucht mit nach Hause. Cs war Herbst geworden, und das Leben ging seinen harten Arbeitstag weiter. Gottfried hatte jetzt ruhigere Zeiten, denn die Angst war von ihm genommen, daß der Bauer seine Unkenntnisse entdecken und ihn da vonjagen könnte. Lena kam in ihrer stillen Art oft herüber und be sprach die Herbstarbeit mit ihm und der Riedhoferin. Wenn die Alte bei den Gottfried noch unbekannten Arbeiten draußen nicht dabei sein konnte, war Lena

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 05.09.1928
Physical description: 10
Seite 142. .Der Bergfried" Nr. 36. den Tag verträumen. Eine andere Zeit kommt, Junge, eine ganz andere Zeit!... Der letzte Abend! Im Baumgarten hinter der Keusche seines Vaters Aeltesten getrent und ihn bergegeben hatte. Aber das aß Gottfried, blickte in die Stille und das Nacht- oerden um und um und dachte an Klara. Seit jenem Unfall hatte er das Mädchen nicht gesehen, obwohl er sich täglich um ihres Vaters Som merhaus herumgeschlichen und nach ihr ausgespäht hatte. Auch heute, am letzten Tage

fein Vater neben ihm auf der Bank. „Gottfried," sagte Rott zu seinem Aeltesten, „die Ferien sind vorüber und morgen geht es wieder nach Wien zurück. Und da wollt' ich noch ein paar Worte mit dir reden, Gottfried."" Er tat einen tiefen Atemzug. „Siehst, Gottfried, die Mutter ist fort von uns und du und die Marie Und der Johannes seid mir geblieben. Ich Hab' euch alle drei allzeit lieb gehabt. Ihr wäret mein ganzes Glück, das mir der Herrgott beschieden... mein einziges Glück. Ich Hab' auch allzeit

eine Freude an euch gehabt, eine recht große Freude, denn Kinder find ein Segen» wenn sie gut geraten. Und weißt, Gottfried, vorweg im Alter spürt man es, welch einen Schatz man hat, wenn man gute Kinder hat. Da sind sie die Sonne für unser einen, ja, ja, Gottfried, die Sonne, die die alten morschen Knochen wärmt, die ein zige und die größte Freude, die einem der Himmel be- fcheidet." Er hielt einen Augenblick an Und griff zitternd nach der Hand seines Sohnes. „Gottfried, willst du einmal so eine Sonne

mir fein... ? Gottfried, willst du einmal die größte Freude mir sein...? Schau, Gottfried, mein Lebensweg war hart und steinig. Meine Hände tragen Schwielen und mein Haar wird schon weiß. Ich Hab' mich Zeit meines Lebens gerackert und geschunden, und wenn es mich auch manchmal angekommen ist wie eine leise Müde, da Hab' ich mir gesagt: Es kommt für jeden einmal Ruhezeit, Rott... für jeden, so auch für dich. Mir hat das Leben nichts geschenkt, es war recht arm an Freu den ... Aber weißt du, Gottfried

, sondern ein loderndes Feuerlein, das knistert Und lockt, ein paar Zucker macht und dann verlöscht. Und weh' dem, der dem Brennen gefolgt ist. Ueber eins ist es Nacht um ihn geworden... stockfinstere Nacht, in der er den Weg nimmer findet, der ihn wieder heraus bringt." Und wieder hielt er eine Weile an und fester um krampfte er die Hand seines Sohnes, daß ihn die harten Schwielen drückten. „Warum fall ich da viele Worte machen? Gerade heraus will ich es dir sagen, Gottfried: Laß dir den Kopf nicht wirr

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Oberinntaler Wochenpost
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Page 3 of 10
Date: 11.01.1929
Physical description: 10
sich auf den Blicken der Umstehenden. Einige beherzte Knechte setzten sofort dem entflohenen Mörder nach, aber ohne Erfolg. Der Mörder war ent kommen. Lange saß Gottfried in stummem Entsetzen ob solcher Freveltat da. ' > Aus des Vaters abgebrochener Rede ging hervor, daß Gottfrieds Mutter, in Verbindung mit ihrem Buh len Karl, die Mörder wären, und doch hatte er dar über keine Gewißheit; es war möglich, daß Vater etwas anderes hatte sagen wollen, und nur wegen gänzlicher Erschöpfung die Begriffe so verwirrt

hatte, daß sich daraus die Schlußfjolge ziehen ließ, der Entführer Karl sei auch der Mörder gewesen. Daran hielt Gottfried fest und beschloß, alles ayfzubieten, um den Aufenthaltsort Karls zu entdecken Und an demselben blutige Rache zu nehmen. Der Vater wurde unter überaus großer Anteilnahme der Bevölkerung beerdigt. Gottfried gab die Wirtschaft einem Pächter und trat in Begleitung seines treuen Dieners auf gut Glück eine Reise an, um das Ziel seiner Rache zu verfolgen. Auf seiner Reise kam er eines Abends ganz

ermüdet auf ein einzelnes Gehöft, ‘ seine pferbe konnten gleich falls nicht mehr recht weiter; Gottfried folgte daher gerne der Einladung des dort so sehr schmeichelhaft einladenden Wirtes — was ihm allerdings auffiel —, die Nacht über dort auszuruhen, um am nächsten Mor gen seine Reise fortzusetzen. Die Pferde wurden in den Stall gebracht und von seinem Diener gepflegt, während sich Gottfried mit dem Wirt Wer verschiedene Dinge unterhielt. deutschen Namen überhaupt, den tausendfachen Schikanen

den Erschossenen in die etwa 200 Meter von der Wohnung entfernten Büsche So führte auch das Gespräch über eine die Gegend unsicher machende Räuberbande, von der ihm der Wirt scheinbar warnen wollte; er frug Gottfried nach seinem Reiseziel und mahnte ihn, vorsichtig zu sein und rächt ohne Waffen zu reisen, damit er sich im Falle eines Angriffes zur wehre setzen könne, dabei sah der Wirt mit lauerndem Blick auf Gottfried, was letzterer wohl bemerkte, jedoch, um sich nicht zu verraten, unbefangen weiter sprach

. > Der Wirt entfernte sich und Gottfried hörte bald Reiter aus dem Hofe sprengen. Auf sein Befragen er klärte der Wirt, daß ein Reisender, der sich nach dem Wege erkundigte, dagewesen sei. Die Antwort und das Benehmen des Wirtes schien Gottfried sehr verdächtig und er beschloß, auf der Hut zu sein. Gottfried versuchte vor allem, seinen Diener zu sprechen, konnte ihn aber nicht finden. Der Wirt, der dies nicht gerne sah, meinte, daß dieser schion schlafen gegangen sei. Die pferde seien gut versorgt

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 13.11.1935
Physical description: 10
hatte sich um Lena beworben, die den hübschen Knecht des Nachbargutes vorzog. Und um Marianne und Gottfried hatte dieses Geflüster ge schwebt. Ja, die Jugend! Er wandte sich nach dem Hostor Försters zurück und sah, daß die schöne Frau Marianne das Dorf entlang hinaufgrng. Wollte sie ihren Mann aus dem „Bären" holen? Tat nicht gut! Oder auf dem Rückweg seinen Begleiter da treffen? Tät noch weniger gut, ging ihn «stier nichts an. Vor seinem eigenen Hoftor blieb der Vorsteher ste hen und beide sprachen

noch Belangloses vom Anbau und dem Wetter. Dann verabschiedete sich Gottfried und ging den Weg zurück. Er sah, daß Marianne nicht mehr im Tor stand. Aus dem Wirtshause drang Lärm. Der Riedhofer blieb einen Augenblick stehen und horchte. Ganz deut lich hörte er seinen Namen aus dem Geschrei heraus klingen. Verächtlich lächelte er. Sie führten da drin die Sitzung in ihrer Weise fort, die ihnen besser zu sagte. Soeben schrie Ferri: „Was, diesem hergelaufenen Knecht wollt ihr wie die Hunderln folgen, Ihr seid

ja alle Schlappschwänze! Das tut er doch alles nur aus Ehrsucht. Es genügt ihm nicht, einen großen Hof an sich gerafft zu haben und ein reiches Weib erschwindelt, er will sich auch bei uns hervortun. Und ihr Narren lauft ihm ins Garn, dem Hergelaufenen, von dem man nichts weiß. Aber wenn ich nur reden wollt! Ihr tätet Augen machen!" Gottfried bebten die Knie, als er weiterging. Was sollte dieser letzte Satz heißen? Wußte er'am Ende etwas? Unsinn, beruhigte er sich selbst, da hätte er längst gesprochen. Hätte längst

, daß er was im „Bären" runterzuschwemmen hat. Die Lena hats gut, der ihr Mann kommt immer pünktlich heim." Gottfried ergriff ihre Hand, die nicht mehr fo hart wie einst war, und flüsterte: „Du, Marianne, du hast doch hoffentlich deinem Manne nie etwas von mir verraten?" Sie schüttelte ernst den Kopf. „Wie kannst du nur so etwas denken, Friedl! So bin ich nicht. Dich tät ich nie verraten! Und wenn ich es auch einmal angedroht Hab — damals im Wald — da dacht ich halt, das Herz tät mir vor Weh zersprin gen, aber heut

bin ich schon ruhiger." Gottfried blickte ihr forschend in die Augen. Ruhi ger? Wenn ihr Herz so war wie diese Augen, dann feeine Hand griff nach ihrem Arm. Er war kühl, weich und glatt. So weich wie ihre Lippen einst waren. Ein Schwindel erfaßte ihn, ein übermächtiges Ver langen. Er legte den Arm um sie und ging mit ihr den weißen, schlängelnden Pfad empor. Der kleine Busch stand dunkel und lockend. Beide schwiegen, nur ihre Herzen pochten laut und schwer. Gottfried ging fast mit ganz geschlossenen Augen

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 21.08.1935
Physical description: 10
©e 1le 126. Fek«rabentf Nr. 32. gönnen werden, auf den bald die Sonne brennen würde. Sie standen nedeneinander, und Lena erklärte ihm Griff und Schwung. Gottfried sah nah vor sich im kla ren Morgenlicht ihr farbloses Gesicht, das über -der Nase ein paar Sommersprossen hatte. Nein, die Züge waren nicht unschön, nur io ausdruckslos und matt. Leben und Feuer gehörten in diese blauen Augen, und das Haar hätte sie auch nicht so glatt zurückstveichen brauchen. Es war schön und reich, aber das sah

man gar nicht. Sie bemerkte seine Blicke, errötete und lachte: „Sie passen ja gar nicht aus! Was ist denn das? Soll ich zur Strafe fortlaufend Jetzt rasch einmal selbst probiert!" Nun setzte er seinen Ehrgeiz hinein, die schwere Kunst bald zu meistern. Eine Weile blieb sie bei ihm stehen, besserte hier und da aus, aber bald konnte sie sich auf einen Rain setzen und ihm zusehen. Die Sonne war heraufgekommen und schüttete über die dunstigen Wiesen ihre noch sanfte Glut. Gottfried warf Rock und Weste

ab und arbeitete mit ernstem Gesicht. Lena verwandte kein Auge von ihm. Es war ein Genuß, der schlanken, biegsamen Männer- gestalt zuzusehen, die sich im Schwünge wand und drehte und keine Ermüdung zu kennen schien. Er entfernte sich immer weiter von ihr, bis sie ihm zurief: „Gottfried, wir wollen eine Pause machen!" Er tat es ungern und rief herüber: „Ich bin so gut im Schwünge und hatte mir ein Ziel gesetzt." Sie schüttelte den Kopf. „Das wäre töricht. Sie haben heute sicher noch nichts im Magen. Ein Bauer

an die eigene Scholle, den zieht es nach der Stadt." Gottfried schüttelte den Kops. „Mich nicht, und ich habe gar keine eigene Scholle. Ach, wenn ich eine hätte! Nichts könnte mich glück licher machen, und wenn sie noch so klein wäre." „Waren Ihre Eltern vom Lande?" „Nur die Mutter. Mein Vater war ein kleiner Unter beamter in einer Fabrik. Ein echtes Stadtkind. Aber die Mutter hing immer mit Liebe an ihrem Heimats dorf. Ich war dort oft bei einem Bruder von ihr, der eine kleine Wirtschaft besaß. Vielleicht

mit, der Lorenz - aus Abenteuerlust, und weil er sich nicht mit dem Vater vertrug. Hätte er mir wenigstens einmal geschrieben, vielleicht hätte ich ihn verstanden, und hätte die Ver bindung zwischen uns wachhalten können. Aber er schrieb nie. Es war so, als ob man ein Licht auslöscht, auf einmal ist es weg. Ich vergaß und überwand, aber der Riedhof wird zugrunde gehen." „Zugrunde gehen? Wieso?" Erschrocken fragte es Gottfried. „Wie kommen Sie darauf, Fräulein Lena?" „Ach, lassen Sie doch das Fräulein

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 09.10.1935
Physical description: 10
gesehen hatte. Gottfried ging fast ganz zuletzt. Er kannte niemand von den Leuten, und keiner kümmerte sich um ihn. Da dachte er in einem Augenblick des Berlassenseins: „Ihr alle, die ihr jetzt schon das Erbe des Toten verteilt, die ihr mich überseht, als wäre ich ein Schuhfetzen — oder ein Stein auf dem Wege —, euretwegen war es schon ein Spatz, wenn ich ja sagte! Wenn ich will, kann ich hier beliebig schalten und walten, und ihr habt das Nachsehen. Es liegt nur an mir." Gottfried reckte

seine schlanke Gestalt hoch auf und war den ganzen Weg bis zum Friedhof fest entschlossen, der Bauer vom Riedhof zu werden. Nun sollte ihn nichts mehr an der Verwirklichung seines Wunsches hindern; er würde seinen Mann schon stellen. Das nahm sich Gottfried ganz fest vor. Der Tag daraus war ein Sonntag. Ein warmer, wol kenloser Tag. In Gottfried brannte die Unruhe. Das Haus war noch voll den Verwandten. Alle wollten die Witwe trösten und zu erfahren suchen, wie sie es denn weiter einzurichten gedenke

. Mt verschiedenen Listen trachteten sie das aus ihr herauszubekommen. Die Bäuerin aber war sehr schweigsam. Sie dachte an die Hypotheken, die schwer aus dem Dach des Riedhofes lasteten, und gedachte allerlei Rechnungen, die unbe zahlt in der alten Lade dort lagen. Aber davon sagte sie nichts. Wozu andere Menschen mit ihren Sorgen behelligen? Das trug man am besten ganz still für sich allein. Als es Nachmittag wurde, verließ Gottfried den Hof und stieg die Birkenhöhe hinan. Die Grillen zirpten vor Sommerlust

, über dem großen, gelben Haferfeld zitterte schwül die Luft. Ueberall standen die Puppen aus den mächtigen Breiten, ein paar Bauern fuhren Getreide trotz des Sonntags ein. All das überschaute Gottfried und dachte wieder an seinen Vorsatz, nun selbst Bauer vom Riedhof zu wer den. In Gedanken schritt er weiter. Er kam zu den Birken, die wie Säulen vor den: grü nen Waldesparadiese Wache hielten. Auf der Birken bank faß niemand. An diese Möglichkeit hatte er wirklich nicht gedacht. War er etwa zu spät hierher

gekommen, Gottfried sah auf die Uhr, es war schon drei vorbei. Hatte Marianne schon wieder die Geduld verloren und war sortgelavsen? Das würde er ihr nicht so bald ver zeihen. Denn nun spürte er erst, wie er sich auf diesen Nachmittag gefreut hatte und wie bitter enttäuscht er wäre, wenn er ihn allein verbringen müßte. Nein, nur das nicht? — Nun überkam ihn wieder der Aerger. Mit finsterem Gesicht schritt er hin und her auf dem heißen Rande, auf dem die Sonne brütete. Immer wieder überkamen

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 14 of 16
Date: 08.05.1910
Physical description: 16
<S31 II 44S N J 50 mit % m cmi zurr to ollen entgegenbrachte und fast zu bedauern schien, daß er der Liebe seinen Segen nicht geben konnte. Das Ende von allem war, daß. Herr Martins auf der Stelle an Robert eine kurze Mitteilung schrieb, welche diesen von der Nutzlosigkeit seiner Bemühungen überzeugen sollte. Onkel Gottfried freute sich seines Triumphes nur halb. In seinen Ohren klangen noch Roberts drohende Worte, und als sein Neffe am folgenden Tag wieder auf seinem Bureau erschien

zu erfüllen. Schon seit längerer Zeit dachte ich daran, mit dir darüber zu reden, wollte aber immer nicht deinen Gefühlen zu nahe treten —" „Wo soll das hinaus," fragte Gottfried scharf. „Onkel Gottfried, ich verlange heute zu wissen, ob das Geld meines Vaters, dessen einziger Verwalter du bist, auch gemäß den Bestimmungen des Testaments angelegt ist!" antwortete Robert ernst. Der Onkel zuckte wie von einer Schlange gebissen zusammen und rief pompös: „Kommst du etwa hierher, um deines Vaters Bruder

des Diebstahls zu beschuldigen?" „Nein, Onkel. Daß jeder Pfennig des Geldes intakt ist, dessen bin ich sicher. Die Frage ist nur, wie ist es angelegt?" „Was geht das dich an?" brüllte der Onkel. „Ist nicht der ganze Nachlaß meines Vaters in deinem Geschäft angelegt?" „Und wenn?!" rief Gottfried herausfordernd, so bestürzt, daß er nicht einmal die verneinende Antwort, die ihm unwillkürlich aus die Lippen kam, hervorbrachte. ,,Jch habe das schon längst vermutet," bemerkte Robert. „Und ich weiß jetzt genau

, was ich zu tun habe. Das Geld muß unverzüglich dem Testamente gemäß angelegt werden." „Bah, bah! Du weißt nicht, was du sprichst!" „O doch, ich habe mir Rat eingeholt. Sofern du mir nicht ver sprichst, das Geld sofort der Gefahr, die es in deinem Geschäfte läuft, zu entziehen, werde ich gerichtlich gegen dich Vorgehen," versetzte Robert ruhig und verabschiedete sich mit der.Bemerkung, er werde am folgenden Tage wieder zurück kommen, um seinen Entscheid zu ver nehmen. Als Gottfried allein war, verbrachte

war der alte Gottfried Flöge da, wo es sich um seine Tasche handelte, keineswegs der Mann, der so leichthin nachgab. Nach einer schlaflosen Nacht kam er zum Entschluß, seinen Neffen mit Ver sprechungen zu vertrösten. Der Gedanke, daß seines Bruders Sohn das Gericht gegen ihn zu Hilfe rufen könnte, war doch gar zu absurd. So schrieb er seinem Neffen einen kurzen Brief, worin er ihm geschäftsmäßig auseinandersetzte, daß das Geld bei erster günstiger Gelegenheit dem Buchstaben des Testaments gemäß angelegt

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 25.09.1935
Physical description: 10
Seite 146. Feierabend Nr. 37. Die Bäuerin stand auf und sah Gottfried scharf an. „Sich blind stellen? Ja, es wäre möglich, daß du so ein Tepp bist, obgleich du gar nicht so aussiehst. Greis nur zu, du bescheidener Junge, sonst holt sich den Edel stein ein anderer. Und soviel sage ich: ich gebe die Wirtschaft, den Riedhof, meiner Sippe — wenn ich sie auch nicht leiden kann —, wenn kein Mädel ins Haus kommt, das mir zu Gesicht steht." Hart und scharf sielen die Worte. Gottfried war sehr blaß

werden. Wie sollte man das nur machen? So weit war sie mit ihren Plänen noch nicht gekommen. Sie wußte nur so viel mit. Sicherheit: dieser frische, tüchtige Junge hatte ihr Herz und Vertrauen gewon nen. so daß sie fast den Sohn vergessen hätte. Ja, sie hatte wirklich mit Zukunftsplänen gespielt, in denen Lorenz keine Rolle spielte. Aber vergessen hatte sie ihn darum nicht. Er müßte bei seiner Rückkehr dann freilich in seine Rechte eingesetzt werden, die beiden, Lena und Gottfried wären sozusagen nur die Verwalter des Riedhoses

. Würden die aber auf fo etwas eingehen?' Sie schob diese noch unklaren Gedanken von sich und bestimmte: „Das werden wir noch regeln und durchdenken. Wer weiß, ob er nicht längst tot ist, der Arme. Wir müs sen warten, es hat noch Zeit. Du gibst mir aber das Versprechen .. Gottfried schüttelte ernst den Kopf. „Kein Versprechen, in keiner Hinsicht. Auch in mir muß sich noch manches klären. Ihr habt recht: wir war ten. Der Bauer lebt noch und kann vielleicht noch lange leben. Gott gebe es." „Wie kann jemand nur an deiner Stelle

von Ueber- legen reden! Jeder Bauernburfche hier im Dorfe würde mit beiden Händen zugreifen." „Vielleicht tu ich es darum nicht, weil in mir doch kein echtes Bauernblut fließt. Ich denke mir, daß es noch andere Dinge gibt, die des Lebens wert find. Nicht bloß Geld und Gut." Die Frau stand starr und sagte, schon mit dem Tür griff in der Hand: „Ich hätt' dich für gescheiter gehalten, Gottfried. Vielleicht habe ich mich doch in dir getäuscht. Da kann man nichts machen." Mit leichtem Nicken verließ

sie ihn. Er hörte sie die Treppe langsam und schwer hinuntertappen. Sie knarrte unter dem Gewicht der kleinen, schwachen Frau. Vielleicht weil die ein fo großes, schweres Leid trug. Erst den Sohn verloren — Gottfried wußte nun sicher, daß er verloren war —, und jetzt ging der Mann da von, der einzige Mensch, der zu ihr gehörte. Ja, er hatte sie gern gehabt wie eine Mutter — bis heute abends. Als sie Marianne so verächtlich behandelte und verletzte, kam es ihm erst zu Bewußtsein, wie lieb er das Mädchen

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 24.10.1928
Physical description: 10
ergriffen und suchte im Katalog die Nummer des Gemäldes, um Titel und Maler zu erfahren. Da, denken Sie Herr Pfarrer, wer das Bild gemalt hat? Der Gottfried . . . Rotts Gottfried." „Rotts Gottfried?" Pfarrer König riß den Kopf empor und blickte Geb- hart erstaunt an. „Rotts Gottfried, der vor etlichen Jahren seinem Vater durchgebrannt ist. Ich sag' Ihnen, Herr Pfarrer, eine Freude Hab' ich darüber gehabt . . . eine solche Freude, denn, unter uns gesagt, ich Hab' dem Jungen damals gesagt

, er soll auf die Akademie gehen, ich" wiederholte Gebhart und etwas wie Stolz leuchtete es aus seinem Gesichte. Er tat einen langen Zug aus seiner Zigarre, dann fuhr er fort: „Mädel, sag' ich zu meiner Klara, das Bild hat der Gottfried gemalt. Wir müssen zu ihm. Wir gehen zum Portier, erfragen seine Adresse und eine Stunde her nach stehen wir vor dem jungen Manne. Ich sage Ihnen, was der für Augen machte! Kurz und gut, ich will Sie mit meiner Erzählung nicht ermüden, am Abend speiste der Gottfried

mit uns und die anderen Tage führte er uns in München herum. Bei dieser Gelegenheit erfahre ich auch seine Lebensgeschichte. Sie, Herr Pfarrer, alle Hochachtung vor dem Gottfried, alle Hochachtung. Das nenne ich eine harte Schule mitmachen. Das nenne ich einen eisernen Willen haben ... ich werde Ihnen das mal gelegentlich erzählen. Die Ueberrafchung aber kommt noch. Am Abend vor unserer Abreise kommt die Klara und sagt, der Gottfried wäre da und wünsche eine Unterredung mit mir unter vier Augen. Und wissen

Sie was er mir da sagt? Mein Mädel wolle er haben. Er hätte sie schon damals lieb gehabt, als er noch in Vierlehen ge wesen. Natürlich mache ich Augen wie . , . da sagt er, daß Klara ihn auch liebe. Donnerwetter denk ich, das geht aber schnell. Ich rufe die Klara und frag' sie, ob es wahr fei, daß sie den Gottfried lieb habe. Da sagt sie: ja, schon lange, lange. Da geht mir ein Licht auf. Also deswegen hat sie alle Freier abgewiesen, die sich schon um sie bewarben. Das muh tief sitzen, denk' sch mir. Nun, sage

ich, wenn ihr euch lieb habt und gar schon lange her, da nehmt euch, ich habe nichts dagegen. Einige Tage später verließen wir München und nahmen auch gleich den Gottfried mit. Sehen Sie, Herr Pfarrer, und heute sind wir hieher gekommen, — der Gottfried und die Klara sind einst weilen zum Rott hinaufgegangen. Der wird Augen machen, wenn er seinen Sohn sieht, kann ich mir vorstellen. Und die Freude, die er haben wird! Na, ich vergönn' es ihm, hat im Leben genug durchgemacht. Also wir sind heute

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 06.11.1935
Physical description: 10
Seite 170. fteicrabettb Nr. 43. Sie ging ganz in ihrem geliebten Kreis auf, so daß sie keine Zeit mehr für die übrige Welt hatte. Und das war aut so. — Gottfried stand auf, sah auf die Uhr und sagte: „Ja, nun mutz ich in die Sitzung. Wird heute scharf hergehen. Ich habe schon gehört, daß sich dein alter Verehrer, der Fern, mit Händen und Füßen gegen eine Schule wehrt. Er will die Gemeinde nicht bela sten! Ich weiß ganz genau, wieviel die Gemeinde lei sten kann. Eine Schule muß einfach her

über ihn, Großmutter. Er ist mir ja so fest ans Herz gewachsen. Zeigen aber darf ich es nicht. Es tut nicht gut. Jun gen müssen hart werden und selbständig sein. Das ist das einzige, was mir an Gottfried nicht gefällt, daß er so wenig gut Freund mit seinem Sohn ist. Es gibt keine Zusammenarbeit, die nicht mit einem Krach en det. Gottfried schreit Hans an, und der geht trotzig davon und rührt keine Hand mehr an. Auf diese Art lehrt er ihn die Liebe zur Scholle nicht, von der er immer so gern spricht." „Du mein Gott

, Lena, welcher Mensch ist denn feh lerlos? Du hast es mit ihm gut genug getroffen." Lena stand auf und sagte: „Horch nur, wie die Blesse nach ihrem Jungen schreit, das sie ihr gestern weagenommen haben! Es war ein so schönes Stierl, ich hätte es gern behalten. Hans hatte es sich auch so gewünscht, weil es gerade an feinem Geburtstag zur Welt kam. Aber auf solche Wünsche geht Gottfried nicht ein." Sie ging zum Stall hinüber und die Großmutter sah ihr nach. Es fiel ihr auf, daß die junge Bäuerin

sehr blaß aussah. Trug sie ein geheimes Leid? Das kleine Mädchen kam herbeigetappelt und hielt der Alten eine Maiblume unter die Nase. Die nieste gefällig dreimal, worüber das Kind laut lachte und das Vergnügen unablässig wiederholte. Darüber ver gaß sie die Sorgen, die sie eben noch beschäftigt hatten. Gottfried war raschen Schrittes durch das Dorf ge gangen. Nun sah er, daß er sich nicht zu beeilen brauchte, er kam ohnehin immer als erster in die Sitzung, so datz Ferri einmal spottete

zu haben. Ein Geschrei schreckte ihn aus seinen Gedanken auf. Drüben auf der Wiese hinter dem Kirchlein spielten Jungen Krieg oder Räuber oder sonst ein mörderisches Spiel. Der Anführer war natürlich der Hans vom Riedhof. Gottfried stieg der Zorn ins Gesicht. Hatte er nicht besohlen, daß der Junge in den Wald zu den Kul turen gehen sollte? Herrgott, daß er sich gar nicht um den Hof kümmerte, der doch einmal sein werden sollte. Wenn er als Junge in solchem Hause aufgewachsen wäre! Das wäre eine Lust

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 14.08.1935
Physical description: 10
Seite 132. Fek-rabend Nr. 31. Aber Gottfried hatte keme Lust. Diese Menschen waren ihm noch ganz fremd, wesensfremd. Er mutzte sich erst an alles gewöhnen. Und dann zog es ihn gar nicht in die Stadt. Viel lieber genotz er Ruhe und Stille. Die Magd erzählte dann den anderen, daß der neue Knecht hochmütig wäre. Gottfried ging in den Obstgarten. Da war nur Gras drin und am Zaune wucherten Himbeerbüsche, datz man kaum in den Nachbarorten sah. Und doch sah er ein helles Kleid drüben schimmern. Lena

will auf die Wiesen, schnell, Friedl, helfen Sie ihm!" „Aber ich weiß mir nicht viel Rat!" „Macht nichts, ich komme mit und helfe! Achten Sie nur auf mich, dann geht es schon!" Gottfried eilte in den Hof. Der Bauer schirrte die Pferde an und rief: „Schnell den Leiterwagen aus dem Schupfen! Einspannen! Flink, flink!" Lena und die Bäuerin standen neben ihm und gaben ihm die Riemen und Bänder in die Hand und wiesen ihm stumm, wie alles zu machen war. Dann fatzen alle auf und die Pferde jagten zum Hofe hinaus

. Der Donner kam näher und näher. Gottfried schien die Arbeit auf der Wiese ein Vergnügen. Seine Kraft, neu zurückgekehrt, tobte sich an dem Heu aus, das er blitzschnell mit der Gabel auf den Wagen beförderte, wo es der Bauer schichtete. Er spürte kaum die Hitze. Die Jacke hatte er längst abgeworfen, das Hemd lietz die Brust frei. Jauchzen hätte er mögen. Die beiden Frauen sahen lächelnd dieser spielenden Kraft zu. Auch sie schafften stumm und fieberhaft. Die Wiese war fast leer. Der Wagen, voll

diesen Eigensämften einen Hausen Geld. Davon konnte sie sich den schönsten Hof kaufen. Sie würde es ihr von Herzen gönnen, denn sie hatte das Mädchen lieb wie eine Tochter. Schade, schade, daß sie es nicht geworden war! Sie hätte den Segen auf den Riedhof gebracht. Gottfried ahnte nichts von diesen spinnenden Gedan ken. Er reckte mit seliger Müdigkeit die Arme und schlief in der Nacht tief und traumlos. Am andern Tag regnete es von früh bis abends. Grau und tief hingen die Wolken über dem Birken hügel und zogen

dann wie schwerbeladene Schiffe in die Ebene hinab, unaufhörlich Wasser auf die durstige Sommererde gießend. Gottfried konnte sich nicht denken, was es an einem solchen Tage für Arbeit auf einem Bauernhof geben könnte. Aber diesem Zweifel machte der Bauer bald ein Ende. Unwirsch befahl er, noch Strohbänder her- zustellen, da er eben gesehen habe, daß die im Winter G emachten bei weitem nicht reichten. Dann müsse er »olz spalten und einen Leiterwagen ausbessern. Ratlos stand Gottfried und wagte an niemand die Frage

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 22.08.1928
Physical description: 10
Sette 184. ,D«r Bergfried- Nr. Z4. Am nächsten Tage kamen der Gottfried und die Marie. Am dritten Tage trug man die Rottin nach Grillen bach hinüber und wies ihr ein stilles Plätzchen an. Auch der Bruchbesitzer Gebhart beteiligte sich an dem Leichenbegängnisse. Und ehe sie alle wieder aus einandergingen. drückte er dem Rott teilnahmsvoll die Hand. 3 . Seitdem man sein Weib hinausgetragen, war es dem Rott, als hätte er einen Teil seines eigenen Selbst verloren, als hätte er einen Ritz

mit den anderen die Blöcke aus dem Innern der Berge. Und der alte Rott strich wieder durch die Wälder, suchte Heilkräuter und Wurzeln, braute Tränklein, kochte Salben und erzählte des Abends unter der Eiche den Kindern Märchen und kleine Geschichten. Und es wären keine Ferien gewesen, wenn er die selben nicht nach Herzenslust ausgenützt und genossen hätte. Gottfried liebte die Natur. Frühmorgens, ehe noch das leuchtende Gestirn Demanten und Flimmer über das Gelände streute, verließ er seines Vaters Hütte Und streifte

mit vielen buntgefärbten Punkten. Braune goldigglänzende Felder, dort und da Gärten, und tief unten Grillenbach mit den weißen Häusern und den schwarzen Holzdächern, mitten daraus ragend die Pfarrkirche mit dem grünen Turme. Und tief unten, sich mitten durch den Ort schlängelnd, wie ein grau grünes Band, der Bach. Und weit im Hintergründe, von duftigen zartblauen Schleiern umwogt, eine lang gestreckte Wand, die das ganze Landschaftsbild im Halbkreise einsäumte. So oft Gottfried von dem Ruinengemäuer

ge macht hatten. - „Schau, Papa, der Herr zeichnet." Gottfried, der erst jetzt der beiden gewahr wurde, wandte sein Haupt zur Seite und blickte nach ihnen. Als er sah, daß es der Vruchbesitzer Gebhart und seine Tochter waren, rückte er sein grünes Lodenhütchen vom Kopfe und wünschte, einen guten Tag. Dann wollte er sein Skizzenbuch zuschlagen, als scheute er sich, seine Kunst zu zeigen. „Aber, bitte sich Nur nicht stören zu lassen," meinte Herr Gebhart. „Meine Tochter zeichnet

auch, wenn sie auch noch nicht jene Vollendung erreicht hat wie Sie." Gottfried tat einen Blick zu dem Mädchen hin über und da fühlte er, wie ihm eine Blutwelle in das Gefickt stieg. „Sie sind wohl Zeichner von Beruf?" fragte das Mädchen. „Nein, aus Liebhaberei." „Sie haben wohl auch andere Bilder in Ihrem Büchlein?" „Ja, einige. Wie ich sie bei meinen Spaziergängen im Augenblicke hinwarf." „Würden Sie gestatten?" „O bitte." Er reichte dem Bruchbesitzer das Büchlein hin. Eine gute Weile betrachtete dieser die Landschaftsskizzen. Klara

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Innsbrucker Zeitung
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Page 3 of 12
Date: 05.05.1934
Physical description: 12
traten zurück. Nur Gottfried Flamius mußte am Bett sitzen bleiben, die Hände des Kranken in den seinen. In Alberts Augen kam ein Schein, als wollte das Leben doch noch nicht aus der jungen Seele weichen. Sein Vater spielte drautzen im Flur den Schlutzteil, das Wahrheitsbekenntnis zum Leben. Mit einem stolzen, festen Ton endete das Lied. Alberts Augen fanden den alten Freund. Um den abgemagerten Mund spielte eln Lächeln der Freude, des Erken ne ns. „Gottfried, Herr Gottfried?" Albertina Puccardio

über das Gesicht. * A R G A f r f A ,,/y D> R A uhmus * -MCHTS tat uti ouocn te*i*t os**a sattste* ws*oau Albertina Puccardio preßte die Augen zu. „Nicht dieses Lächeln!" „Ich habe wohl geträumt, Herr Gottfried? Wie kom men Sie hierher? Sind Sie nicht in der Pension? Bin ich in Weimar? Bin ich krank? Was ist mit mir?" lieber die grauen, mageren Wangen des alten Man nes liefen Tränen. Sprechen konnte er nicht. Der Nervenarzt trat unhördar vor Puccardio, zwi schen Vater und Sohn. Der Kranke machte seine Hände

frei und sah sie an, strich über die Augen, die Stirn und sah die Hände wieder an. „Sie weinen, Gottfried. Ich war wohl sehr krank? Oh, Gottfried, ich habe solche Angst, Gottfried, halten Sie mich!" Der alte Mann umschlang den jungen, lebenden Kör per. Jagende Röte strich über das bleiche Gesicht, ein quälendes, entsetzliches Schluchzen kam aus der Brust, und dann rang ein Lächeln mit den hervorbrechenden Tränen. „Nicht wahr, Gottfried, nicht wahr, das waren Fie berträume? Albertina Puccardio

kann mein Vater nicht fein!" „Herr Albert!" Die langen, dünnen Hände faßten nach des Alten Brust und krampften sich in den Stoff des Anzuges. „Du antwortest nicht, warum nicht? Wer macht die Tür dort zu?" Eine entsetzliche Energie, eine ungeheure Kraft und Sinnesschärfe kam über Albert. Er setzte sich im Bett hoch und starrte nach der Tür. Hart und scharf klan gen seine Worte: „Ist dort Aibertino Puccardio? Ant worten Sie, ich will es wissen!" „Ja!" sagte Gottfried Flamius. Er konnte nicht lügen. Alberts

Gesicht veränderte sich nicht. „Ist er mein Vater?" „Ja!" Nun sah das Gesicht des Kranken grauenhaft aus. Wie eine Totenmaske, verzerrt im Entsetzen. Er fiel zurück. Gottfried streckte die Arme nach ihm, ihn zu halten, den Sohn des geliebten Herrn halten, den jungen Menschen halten, den das eigene alte Herz lieb ge wonnen hatte wie ein eigenes Kind. Alberts Augen hatten sich geschloffen. Der junge Körper bäumte sich unter den herannahenden Händen „Zurück! Wer sind Sie?" Der Alte ließ die Arme fallen

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 31.07.1935
Physical description: 10
Schreien. Ein Mann, vielleicht ein Knecht, faß auf einem Stein und hielt sich jammernd und um Hilfe rufend den Fuß. Hatte der wütende Stier ihn verletzt? Und jetzt sah Gottfried aus dem Dorfe eine Schulklasse nahen. Um Gott, wenn der Stier auf die Straße und unter die Kinder geriet? Ohne Besinnen sprang er empor, lief die Wiese hin ab. schwang ftd) behende über den Zaun und lies auf das Hoftor zu. Das tobende Tier sah ihn noch nicht. Der Mann am Tor schrie ihm entgegen: „Mach das Scheunentor

auf!" Es gab nur ein Tor. das geschloffen war, also mußte es wohl das Scheunentor fein, die anderen Türen und Tore standen alle offen. Gottfried riß es auf und raste davon, denn jetzt hatte ihn der Stier entdeckt. Wütend nahte er mit gesenktem Kopfe. Gottfried fiel ein, daß er einmal im Kino einen Stierkampf gesehen hatte. Er riß eine rote Schürze oder Bluse von einer Leine und näherte sich dem Tier. Das Tier schnaubte wütend und rannte blind darauf los. Gottfried wich rückwärts zurück, sprang seitwärts

nichts von Landarbeit. Da werde ich wohl wieder gehen können. So einen wie mich kann man da nicht brau chen. Wenn man auch noch so guten Willen hat." „Bleibt nur und probiert erst! Vielleicht habt Ihr - eine geschickte Hand. Mancher erlernt alles schnell. Ich unterweis Euch ein bißl, schon wegen der Gefälligkeit vorhin. Halt der Bauer darf davon nichts merken." Vom Haus her kam ein Mädchen. Gottfried erschrak und flüsterte: „Die hat wohl alles mit angesehen?" „Das macht nichts, das ist die Haustochter vom Hel

. „Du, Franzl, wenn das aber mein Bruder gesehen hätte! Dann täts dir übel ergehen. Nun, ich weiß — dein weher Fuß! Ich schweige schon. Kein Mensch wirds erfahren. Sie können mir, bitte, noch helfen, den Stier unter die Haube zu bekommen und in den Statt zu bringen. Wer sind Sie denn?" Gottfried nannte zögernd den Namen, den er gestoh len und der ihm so schwer über die Lippen kam. Sie nickte. „Also, Herr Gleiner, am liebsten behielte ich Sie hier, aber wir haben Leute genug, und mein Bruder ist etwas genau

. Aber ich werde bei der Riedhofbäuerin für Sie bitten. Vielleicht behält man Sie drüben über die Ernte." Nach einer Viertelstunde war der Stier in seinem Stand untergebracht und angekettet. Das Mädcken hatte eine flinke Art, zuzupacken und zu handeln. Sie war nicht hübsch, die Haustochter vom Hellerhof, aber auch nicht häßlich. Ein unscheinbares Gesicht, eine leichte, schmale Gestalt, schlichtes Haar. Aber die Augen waren von warmer Bläue, und man hatte sofort Zu trauen zu dem leicht schelmischen Mund. Gottfried dachte

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 28.08.1935
Physical description: 10
Sette 130. Feierabend Nr. 33. So weit las Gottfried den Brief vor. dann steckte er beide Briese ein. Die Bäuerin achtele dessen nicht. Sie war ganz weiß im Gesicht und ihr fast zahnloser Mund zitterte. Nach langem Ringen brachte sie die Worte heraus: „Nein, tot kann er nicht sein, mein Lorenz! Wie wäre er denn ohne ein Abschiedswort von dannen ge gangen. Nun mutzt du nach Amerika schreiben, Gott fried? Von meiner Tante der Sohn ist auch drüben, war auch lange verschollen

, und da haben sie sich an solch ein Amt gewendet, und das hat ihn richtig ausge- forfcht. Du kannst schön schreiben und die Worte gut setzen. Gelt, du tust es mir, um Gottes willen! Ich denke, wenn er lebt, wird er doch einmal schreiben! Du sagtest doch, daß er oft davon gesprochen hat. von einem Brief für die Mutter ..." Ihre Stimme brach zitternd ab. Gottfried versprach alles und schluckte schnell sein Essen hinab. Ihm brannte der andere Brief in der Tasche. Den hatte die Frau in ihrem Kummer ganz vergessen. Wer konnte

es dir was machst du ich Hab einen Guten dienst aber ich werde wandern weil mir bang ist in der Statt, am Dorf war es fchener auch mehr Arbeit aber das macht nichts. Vielleicht hast Du meine neue Adres vergefen. Hier ist sie. Deine treue Marianne Kober." Gottfried ließ den Brief sinken, sein Herz pochte laut. Hier war Gefahr! Der tote Schneidergeselle hatte sonst niemand in der Welt gehabt als nur sein Mädel, das Waise war und sich ebenso an ihn klammerte. Da würde sich am Ende ein Briefwechsel entspinnen

einfaches Mäd chen kaum solch Schriftstück loslassen! Er zerriß den Brief zu tausend Fetzen und streute sie ins Feld. Der leichte Zommerwind kam und trug sie fort. Ein stiller, schöner Sonntag lag über dem Dorfe. Der Duft des Heues kam schwer und süß von den Feldern hereingezogen und mengte sich mit dem der Rosen, die in allen Gärtchen in vollster Blüte standen. Außer dem Hüterbuben, der auch Sonntags die Gän seherde auf den Anger trieb, war kein Mensch auf dem Riedhof. Nur Gottfried hatte sich erbötig

gemacht, da heim zu bleiben. Die Bauersleute waren zu einer Hoch zeit gefahren und hatten schon früh mit dem kleinen Wägelchen das Haus verlassen. Gottfried hatte sich stolz als Herr gefühlt, war dem Jungknecht, der Sonntags nur ungern die Pferde putzte, energisch auf den Leib gerückt und bestarck auf Einhaltung aller Pflichten. Rest, die Magd, bereitete ein gutes Mittagessen und schob ihren Sessel dabei immer näher an den Gott frieds. Liebevoll häufte sie ihm die besten und größten Bissen

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 02.10.1935
Physical description: 10
unbewußt in diesen Tagen engen Bei einanderarbeiten das trauliche Du, und Gottfried schien es oft, als wären sie schon in die Zukunft geglitten, als gehörten ihnen beiden diese herrlichen Felder voll goldenen Segens. Einmal, als sie vom Feld heimgingen, kam ihnen ein Leiterwagen entgegen, auf dem Gottfried unter den anderen auch Marianne sitzen sah, braun, üppig, mit weißen Zähnen lachend. Sie bog sich gerade zurück, und er sah den schönen Hals aus dem. leichten Kleide blü hen. Sie sah

ihn nicht. Wie lustig sie war! Gar nicht vergrämt oder ge kränkt, daß er damals nicht gekommen war und. auch sonst keine Anstalten traf, sie zu sehen. Sie konnte lachen und vergnügt sein, während er kämpfte und litt. Sie freute sich wohl auf die Wende, da sie mit Fervi auf ihre Rechnung kam! Er ahnte nicht, daß er völlig verstummt war, und daß ihn Lena blaß und still von der Seite beobachtete. Beim Riedhofertor sagte sie: „Nun, Gottfried, brauchen Sie mich wohl nicht mehr. Morgen muß ich bei uns helfen

. Sie haben sich ja auch bei dem Schnitt so schnell eingearbeitet, daß eine Hilfe gar nicht mehr nötig ist." Er nahm die entgegengestreckte Hand und dankte. „Sie sind sehr gut, Lena, Gott vergelte es Ihnen." Er merkte nicht, daß beide wieder zu der förmlichen Anrede zurückgekehrt waren. Das Du war vergessen. Die Riedhoferin rief ihn herein. „Der Bauer will mit dir sprechen. Er ist jetzt ganz klar bei Sinnen. Vielleicht ermacht er sich noch ein mal." Gottfried trat in die heiße, dunstige Stube, wo der Alte in den bunten, hochgetürmten

euch!" In dem Ton ging es eine Wnze Weile. Gottfried stand voll geheimen Zornes. Aber die Bäuerin warf ihm beschwichtigende Blicke zu, so daß er schweigend die Lippen zusammenpreßte, im Herzen aber dachte: Ist doch ein schweres Dienen bei solch altem, gräm lichem Manne. Ihm graute plötzlich davor, weiter bei ihm zu arbei ten, wenn er wieder gesund würde. Nun fühlte er erst, wie sehr er sich bereits in den Gedanken eingelebt hatte — unbewußt beinahe —, auf dem Riedhof der Herr und Gebieter

: „Der Doktor meint, daß es bald zu Ende mit ihm geht. Die Leber ist es. Und heut hat er so klar geredet wie sonst. Das tun oft Sterbende zum Abschied." Todmüde sank Gottfried auf sein Lager und fuhr erst auf, als der Wecker zu schnarren begann. Da sprang er in die Höhe und begab sich taumelnd an seine Arbeit. Heute fehlte Lena in der Reihe der Arbeiten den. Als er abends heimging, stand Marianne am Waldrand bei der Kuckuckswiese. Er sagte mit spöt tischer Verwunderung: „Hast du es aber gut! Kannst müßig

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Tiroler Bauern-Zeitung
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Page 6 of 16
Date: 01.10.1936
Physical description: 16
Der Friedensbrief. Von Franz Josef Koslar. Nachdruck verboten. Gottfried Knapp war Student deS zweiten Kurses. In Wirklichkeit hält' -er schon im vierten sein können, aber er war für unbedingte Gründlichkeit, deshalb wiederholte er den ersten einmal und den zweiten wieder einmal. Sein Vater, -er reiche Ebnerbauer in Gallenmarkt, war aller dings mit dieser Gründlichkeit nicht sehr einverstanden, aber was half's? Heimnehmen wollte er seinen Buben nicht und Fleiß, Talent und Eifer konnte

er ihm nicht mit schicken, wenn er Eßpakete, Hosen und anderes an den hoffnungsvollen Sprößling absandte. So saß Gottfried Knapp an seinem Studierpult und hatte die Finger in die Schläfen gestemmt, daß sich tiefe Rillen in das rote Fleisch gruben und jeder gemeint hätte, er nähme die Wissenschaft gleich in Schöpfkellen zu sich. In Wirklichkeit träumte er über die Latein- und Geschichts bücher hinweg, mit denen er auf besonders feindschaft lichem Fuße lebte, zählte daheim die Kühe im Stall, trieb die Hennen der Mutter

aus den Kornfeldern, suchte ver legte Eier und fing Spiegelmeisen in der Schlagfalle. Ein zufriedenes Lächeln legte sich immer breiter auf sein rotes Gesicht, die Augen leuchteten, die Wangen brannten vor Eifer. Aber am nächsten Tage stand er wieder wie der Ochs vor dem Berge, übersetzte so jämmerlich ins Latei nische,daß der Professor sich in Qualen wand und die Mit schüler dqs Lachen nicht verhalten konnten. Gottfried mußte sich setzen und hatte wieder den sicheren Vierer im Zeugnis. V Wenn er bat

, daß er heimkommen dürfe, winkte der Vater ab. Wozu zahlte er das schwere Geld? Ob er sich nicht vor den anderen schäme, 'die mit ihm in die Volks schule gingen? Nein, Gottfried hätte sich nicht geschämt. Ein einziges Mal wieder Erdäpfel sehen oder beim Flachsbrecheln helfen — alle Freuden des Gymnasiums und der-Zukunft, zu denen es die Tore öffnete, hätte Gott fried hingegeben für dieses frohe Glück. Er wollte Bauer werden, einen Hof besitzen, Ackerland und Wiesenfläche, Moos und Hochwald. Was hatte er -ie vier

Jahre an Heimweh gelitten, sie wußten es nicht, seine Vorgesetzten nicht und seine Mitschüler nicht, die meinten alle, er woll' nicht studieren. Da kam eines Tages ein Brief an den Ebner in Gallenmarkt. Im Brief stand: „Ihr Sohn Gottfried ist diese Nacht aus der Anstalt davongelaufen. Wir bitten um sofortige Mitteilung, wenn er heimgekommen ist. Sonst müßten wir die Polizei ver ständigen. Der Regens Dr. Th. Prambacher. Als der Ebner diesen Brief gelesen hatte, kannte er sich zunächst

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Tiroler Post
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Page 1 of 20
Date: 15.03.1907
Physical description: 20
! Ein herzliches Mitleid quoll in ihr auf, zugleich bekam sie aber auch Respekt vor dem stillen Alten und ihre größere Achtung vermehrte nur wieder ihre Liebe! Annekunnel hoffte, die Kirmes würde ihn zerstreuen, er- heitern, allein auch diese Erwartung erfüllte sich nicht. Am ersten Kirmestag ging er in Geschäften über Land, heute ar- beftete er „wie ein Feind" und schien wieder das Wirtshaus meiden zu wollen. Bekümmert trippelte sie um Gottfried, end lich legte sie ihre Hand aus seine Schulter und sagte

: „Gott fried, laß doch wenigstens heute die Arbeit, 's ist ja zweiter Kirmestag. Guck', alle Nachbarn sind im Wirtshaus und ma chen sich vergnügt — leg' jetzt die Arbeit weg und geh' auch unter Gesellschaft!" Gottfried nahm eine mächtige Prise, schaute lange selbst vergessen durch's Fenster, dann sich besinnend, sagte er leise „Alte — ich bleib' daheim, ich gehör' nicht dahin!" „Das ist nun wieder eine Rede! — Gottfried, ich bitt' dich, tu' mir's zulieb, gönn' dir auch einmal 'ne Abwechs lung — geh

er und begann eifrig zu nähen. Annekunnel kam das Wasser in die Augen, eifrig entgegnete sie: „So solltest du nicht reden, Gottfried, 's ist wahrhaft ein groß' Unrecht von dir. Du bist ein rechter Mann, das weiß ich, und das sag' ich, und dabei bleib' ich! Und hast du dich einmal übereilt, so will ich sehen, wer dir deswegen so argen Vorwurf machen darf. Komm, Alterle, sei vernünftig, red' nimmer so ängstlicher Zdug. Nimm ent, wenn jeddr so dächt', 's wär' ja gar aus auf der Welt, das Leben nimmer

zu ertragen, kein Mensch dürfte mehr 'ne fröhliche Miene zei gen!" „Eben das ist der Jammer, daß nicht ein jeder so denkt, » daß man so leicht und so gern vergißt, was doch die Haupt sache ist im Leben!" entgegnete Gottfried eifrig. „O ja doch, wie viel Dummheiten blieben ungetan, wie viel Zorn und Feind schaft gäb's weniger in der Welt, wie viel Kummer und Not blieb aus, hielt der Mensch immer seine Pflicht und Schuldig keit im Gedächtnis! — — Laß mich nur, Annekunnel! Du meinst's ja freilich gut

!" Annekunnel kam das Wasser in die Augen. Sie setzte sich neben Gottfried auf den Schneiderstisch, legte ihren Kopf an seine Schulter, zog seine Hände schmeichelnd von der Arbeit weg und sagte: „Nicht so, Gottfried, nicht so! Allzu ängst liches Sorgen ist auch vom Uebel. Und verspielen wir und verlieren wir auch alles, wir wollen nicht verzagm, wenn wir noch beisammen sind. Dauern könnt' mich unser Pat', der Heiner! Im Grund ist der schlimmer dran als wir. Sein Glück ist dahin und er hat noch solch' langes

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 07.08.1935
Physical description: 10
die Hand. „Still, er schläft noch nicht. Er braucht nicht zu wis sen, daß du ihn kennst. Wir dürfen nie — nie von ihm reden." Von drinnen rief jemand. Sie ging rasch von ihm fort und nickte ihm von der Schwelle her noch aus- munternd zu. Der Mond kam hinter dem Walde herauf, und sein Gold glitzerte über den großen, aber nicht gerade net ten Hof. Drüben der war viel sauberer. Manchmal brüllte eine Kuh, und das klang so bang, als sähe sie ein Unheil nahen. Gottfried lehnte den Kopf an die Wand und dachte

ce scheinbar zu einer anderen Gemeinde. Eine Tür knarrte. Die Bäuerin stand auf der Schwelle und winkte ihm. Leise folgte er ihr durch einen weiten Flur, über knarrende Holzstiegen. Oben stieß sie eine Tür auf und betrat eine kleine Kammer, die von eingeschlossener Luft erfüllt war. Gottfried wußte sofort: das ist Lorenzens Kammer. Alles atmete fein ganzes Wesen aus, fast leibhaftig schien er ihm gegenwärtig. Sachte entzündete die Riedhoferin eine Kerze und trat damit vor ein Gruppenbild, das an der Wand

über dem schmalen Eisenbett hing. Gottfried trat stumm ne ben sie und forschte nach Gesicht des einen, der fast sein Verderben geworden war. Lauter Soldaten saßen Und lagen da. Und er entdeckte das herrische Gesicht, darin die Augen voll unbändiger Wildheit funkelten. Gottfried hob die Hand und legte stumm den Finger auf dieses Gesicht. Die Frau nickte schwer und atmete zitternd auf. „Ja, das ist er. Sag mir nun, um Gottes willen, wo er ist. Lebt er?" Sie stellte den Leuchter nun auf den kleinen Tisch und sah

bist du nur fein Vorläufer und er kommt nach. Glaubst du nicht?" Gottfried war todmüde und sehnte sich nach einem anderen Lager, als der Waldboden abgab. Aber um der bangen Mutteraugen willen zwang er sich zu der hoffnungsfreudigen Antwort: „Da könnt Ihr recht haben, Frau." „So schlaf denn gut, du bist müde. So lange du hier bist, kannst du immer hier schlafen. Es ist feine Kam mer. Aber schweig gegen jedermann. Alle denken, der Lorenz ist in der Hauptstadt in einer guten Stellung. Ach, wie man lügen muß

. Aber Gott wird mir verzei hen." Als sie draußen war, löschte Gottfried die Kerze und riß das Fenster auf. Dann entkleidete er sich und ließ die Nachtluft, gemischt aus Waldesodem und Wiesen duft, über seinen bloßen Körper strömen. Bevor er in das saubere Bett stieg, wusch er sich mit dem kalten Wasser, das in einem Kruge stand. Es war ihm, als müsse er alles Unreine von sich tun. Er konnte nicht gleich einschlafen. Immer mußte er horchen, wie er es in den letzten Wochen getan yatte. Jedes Rascheln

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Der Arbeiter
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Page 6 of 10
Date: 11.09.1935
Physical description: 10
Seite 138. Feierabend Nr. 35. miteinander. Mir ist eine Magd, die ich lange Jahre hatte, krank geworden, da gewöhnt man sich schwer an eine andere. Aber es muß halt fein." Damit schritt sie, kurz winkend, ins Haus. Marianne folgte ihr nicht sogleich. Cie blieb noch vor Gottfried stehen, der mahnend zuredete: „Na, siehst, Marianne, es ist nicht so schlimm, wie es aussah. Bist ein Trotzkopf." Sie jubelte leise. „Du sagst du zu mir? Das ist fein. Das wallt ich schon immer hören. Sie sagen tun

, feit wann das so zwischen uns ist: feit der neue Knecht im Riedhof ist." Da gerade-war er gekommen, der Knecht vom Ried- hos, mit einem schönen, fremden Mädchen. Und sie hatte der heftigen Röte nicht wehren können, die der Wellenschlag ihres Herzens hinaufgetrieben. Ja, und feit jenem Tag kam Gottfried nicht mehr abends in den Garten zürn Zaun, um ein Plauderstündchen zu halten. Und das war immer das Schönste des ganzen arbeitsreichen Tages gewesen. Wer war das fremde Mädchen? Eine Verwandte? Braut

. Da konnte es doch gar keine Arbeit mehr für ihn geben! Da — jetzt näherte sich jemand, kam durchs Gras vorn Riedkos hergestapft. Sie rührte sich nicht, aber ihr Herz pochie schwer. Aber dann sank sie in eine Welt von bitterer Ent täuschung. Es war nicht Gottfried, sondern die Ried- hoserm. Sie kam bis zum Zaun und fragte: „Lena, bist du hier? Und hast du Gottfried nicht gesehen? Ich suche ihn schon überall!" „Nein", sagte Lena so ruhig wie möglich, „er ist nicht da, und ich habe ihn auch schon lange

nicht ge sehen und gesprochen. Wie geht es dem Riedhofer?" „Eben, es geht ihm sehr schlecht. Ich möchte Gottfried zum Doktor in die Stadt schicken. Er kann so schnell reiten. Und ich finde ihn nirgends." Beide schwiegen und horchten in das Abenddunkel. Die Nacht sank jetzt schon wieder früher nieder, die Luft schien voll schwülen, geheimen Zaubers. Die Bäu erin fragte vorsichtig tastend: „Wo kann denn Gott fried jetzt immer sein? Weißt du es nicht? Gestern sagte mir jemand, daß ein fremdes Mädel

auf dem Zaunerhof dient, das Gottfried hingebracht hat. Er sagte mir nichts davon, und fragen mochte ich nicht. Sonst sagt er doch immer alles." „Ich selbst habe ihn einmal Sonntags mit dem Mä del gesehen. Vielleicht führte er sie da auf den Zaun- nerhof. Ich Hab ihn seitdem nicht gesprochen." Zwischen beiden Frauen stand ungesagt die Angst um den Menschen, der erst so kurze Zeit in ihrem Le ben war und es doch ganz ausfüllte. Die alte Frau, deren Sohn verschollen war, hatte den unverbrauchten Rest

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