sie zu Rolfs Schrecken die Hände vors Gesicht und brach in ein bitter liches Schluchzen aus. O, Frau Wieneke — liebe Frau Wieneke —," suchte er sie zu trösten. „Was ist Ihnen denn?" „O, nichts," schluchzte sie. „Ich dachte nur, wir — hätten uns jetzt gegenseitig nichts mehr vorzuwerfen — aber — aber - ich habe auch zuviel Unglück gehabt. Mein Mann mußte sterben und meine beiden kleinen Kinder mußten sterben, und ich blieb ganz allein zurück und hatte keinen Menschen, der nach mir fragte
Matrose an diesem Nachmittag nicht und Rolf fürchtete, daß Frau Wieneke bis zu dem nächsten Besuchs tage das Krankenhaus verlassen haben würde. Und so kam es auch. Nach zwei Tagen kam sie wieder in seinen Saal, um ihm Adieu zu sagen. Sie tat sehr jämmerlich und sagte, sie sei „ganz zitterig" und würde bei weitem lieber ins Bett gehen, als auf die Straße. „Aber sie sagen ja, ich sei nun gesund und würde es auch bleiben, wenn ich mich in acht nähme. Na, sie müssend ja wissen, aber mir ist so zumute
mögen, will ich Sie besuchen, wenn ich hier nur erst entlassen bin." Aber sie schüttelte energisch den Kopf, und obgleich sie gegen Rolf freundlicher war, als je vorher, ging sie fort, ohne ihm ihre Adresse zu sagen. Am nächsten Nachmittag war sehr viel Besuch in dem Krankensaal, und Rolf blickte wieder nach seinem Freunde aus. Es schien, als solle er abermals enttäuscht werden, und er war schon ganz unglücklich und stellte sich vor, daß der alte Mamr krank fein müsse, da — als die Besuchszeit schon
beinahe zu Ende war - trat der sehn süchtig Erwartete in die Tür. Rolf stieß einen Freudenruf aus, aber als sein Freund näher kam, bemerkte er zu seinem Erstaunen eine große Veränderung an demselben. Er sah ganz anders aus als sonst, ganz blaß und vergrämt und niedergeschlagen; keine Spur von dem strahlend zufriedenen Ausdruck, der sonst die wettergebräunten Züge verschönte. Sogar sein Gang war verändert. Er war sonst in allen Bewegungen so rasch und rüstig gewesen, heute ging er ganz langsam
und gebeugt und schien auf einmal um Jahre gealtert. „Aber, Onkel Kunze!" rief Rolf aus. „Was ist Ihnen denn? Fehlt Ihnen etwas?" „Nein, nein, Junge, mir ist ganz wohl. Ich Hab' bloß einen Schreck gehabt, weiter nichts. Was machst du denn?" „O, mir geht's sehr gut. Ich habe noch den Verband um, sehen Sie. Wenn der abgenommen wird, kam: ich fort. Ich mag aber gar nicht. Es gefällt mir hier so gut." „Ja, ja," meinte der Alte bedächtig. „Du stehst hier auch nichts aus. Man kann viel, viel schlechter