Charlottens Stimme war ganz fest und sicher geworden, die präzis gestellte Frage brachte Flora etwas um ihre Haltung. „Aber — Charlotte —' murmelte sie — während Egon Holsten sie wortlos anstarrte. „Keinen Pfennig,' sagte er bestimmt, „was denkst du wohl, wieviel Geld wir in Kurts Fabrik verloren haben — Kurt dachte —' Eine energische Handbewegung der jungen Frau ließ ihn schweigen: „Bitte, Egon, nichts von Kurt und Kurts unseliger Geschäftsführung. Darüber hat man mich stets im Dunkeln
: „Ich muß noch einmal lernen, für mich selbst zu stehen.' q- q- -5 „Ich habe die Stellung, Frau Melchers.' — Ganz erschöpft sank Cyarlotte auf einen Stuhl in dem kleinen Korridor der neuen Wohnung, die sie in Charlottenburg bezogen hatte. Und die treue Seele stand vor der ehemaligen Herrin mit dankbar gefalteten Händen. Seit sechs Wochen weilte Frau Melchers bei Charlotte. In ihrer neuen Stellung an Gicht- mfällen erkrankt, hatte die Herrin sie n ein Krankenhaus -ringen lassen. Dort hatte sie, zufällig
eine Zeitung lesend, Hol sens Tod erfahren. Nun hatte sie keine Ruh, sie hatte die junge, iarte, stille Frau mehr geliebt, als sie sich zugestehen wollte, und hr Kondolenzbrief war ein Gemisch von Trostworten und Wün schen, von Charlotte und den Kindern zu hören. Und als sie, aus dem Krankenhause entlassen, sich noch zu ichwach fühlte, einem großen, ländlichen Haushalt vorzustehen und sorgend der Kosten gedachte, die ein Leben ohne Stellung ihr auf bürden würde, da bot ihr Charlotte ihr Heim an, ganz
selbstver ständlich, ganz liebevoll: „Kommen Sie zu mir, Frau Melchers, Sie wissen, ich gebiete über geringe Mittel, aber vorläufig habe ich -in Heim, das ich mit Ihnen teilen kann — kommen Sie, ich pflege Sie noch gesund.' Nun war sie schon sechs Wochen bei Charlotte und die Sorgen der jungen Frau um einen Erwerb teilend, hatte sie gesagt: .Gnädige Frau, wenn Sie irgend etwas tun können außer dem Hause, nehmen Sie das an, ich bleibe da — vorläufig so — ich Hab' a mein Sparkassenbuch, von dem ich Zinsen
, weil ich als wohlhabendes Mädchen erzogen war — ich muß nun mein Leben und das meiner Kinder ?urch eigene Arbeit fristen, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich ziese Stellung bekäme — ich werde mir Mühe geben, sie aus zufüllen, das zu lernen, was mir fehlt —hatte ihr imponiert, und so war Charlotte angestellt worden. Früh um zehn Uhr hatte ie ihren Dienst anzutreten, nachmittags um vier Uhr war sie frei ind einhundertfünfzig Mark monatliches Gehalt. Die Kommerzienrätin Kielwerder stand ganz allein, aber sie machte