. Den Vorschlag wies Alexander zurück. Darauf machte Napoleon einen anderen Vorschlag: Rußland soll Konstantinopel haben, sagte er; aber dann muß Frank reich die Dardanellen bekommen. Mit anderen Worten: Der Kaiser des Westens sagte zum Kaiser des Ostens: „Da, nimm den Schlüssel zu deinem Hause; aber ich muß in der Lage bleiben, zu verhindern, daß er in das Schloß gesteckt wird.' Konstantinopel blieb damals dem Sultan, dem es geblieben ist bis . heute. Die Rivalität und gegenseitige Eifersucht der Griechen
und Lateiner sicherte die Herrschast des Halbmondes. Aber das türkische Reich ist ein so werthvoller Besitz, so schlecht beschützt und an und für sich so leicht zu nehmen, daß die Theilungsgelüste immer von Neuem erwachen. Mit seinen Besitzungen — die mittelbaren mit eingereichnet — dehnt sich die Türkei über drei Weltheile aus, Europa, Asien und Aftika; ein Blick aus die Karte zeigt, daß Napoleon's I. Worte: Wer Herr von Konstantinopel ist, der wird Herr der Welt werden', keineswegs eine Redeblume
haben; die in ihrer Art einzig dastehende Wechselwirkung von Land und Meer, nicht minder aber der Reich thum der Landschaft in ihrer wunderbaren Vielfältigkeit: das alles macht Konstantinopel zu einem Juwel, wie vielleicht die Erde kein zweites aufzuweisen hat. Wenn etwas für die hohe politische und merkantile Bedeutung der so überaus günstig gelegenen Stadt spricht, so dürste es sicher der Umstand sein, daß dieselbe im Laufe der Jahrhunderte 29mal belagert und eingeschlossen wurde, und zwar von den ältesten Zeiten
an bis zum Jahre 1453. Das alte Byzanz sah Thracier, Bithynier, Celten, Perser, Macedonier, Römer und Griechen feindlich gerüstet vor seinen Thoren; Konstantinopel erzitterte vor Gothen, Hunnen, Avaren, Persern, Saracenen, Russen, Bulgaren, Ungarn und vor den Kreuzfahrern, und unterlag, als das oströmische Reich, schon lange innerlich aufgelöst, nach einem Jahrtausend gänzlich erlosch, endlich 1453 den osmanischen Waffen. Konstantinopel zählt im Ganzen gegm 80.000 Häuser — welche Zahl sich dadurch erklärt