. Jetzt war sie Schloßherrin, war den Männern und Frauen, deren aemalte Gesichter sie starr und fremd an blickten, ebenbürtig. Ihr kluges, blasses Antlitz rötete sich leicht von dem Ansturm des stolzen Gedankens. Jetzt war sie Majoratserbin, war die Nachfolgerin ihres On kels Christian, des letzten männlichen Fideikommitz- besitzers von Eckhosen. Er war der Bruder ihrer seligen Mutter gewesen. Ihr Blick schweifte die Reihe der Bilder entlang und blieb dann an einem besonders lange hängen. „Christian Sigismund, Baron
Frauengestalt. Erinnerungen eilten herbei- drängten sich heran und machten ihr das Herz schwer. Beschworen Stunden her auf, da der Tote noch der reiche Fideikommitzbesitzer von Eckhofen gewesen und ihre Mutter die arme Witwe des unverschuldet in Not geratenen Gutspächters. Elisabeths Stirn zeigte eine kleine scharfe Falte, und etwas wie Haß leuchtete in ihren braunen Augen auf, da sie das Bild des Barons Christian so ansah. Ein harter Mann war er gewesen, welcher der armen Mutter ein paarmal ein Almosen
gegeben und ihr dazu Vor würfe über ihre törichte Heirat gemacht hatte, sich aber zum Schlüsse gar nicht mehr um sie kümmerte. Als die Mutter starb, schickte er einen Kranz und einen Hun dertmarkschein. Elisabeth gedachte jenes Tages mit zornigem Groll, und noch heute war sie froh, das Geld von einigen kurzen Zeilen begleitet, zurttckgesandt zu haben. Daß sie selbst inzwischen einen armen Mann geheiratet hatte, darüber war Onkel Christian von Gaudenz einfach so hinwegge- gangen, als bedeutete
es ihm gar nichts, und als ihr dann ihr Mann, Hans von Balberg, der junge begabte In genieur, an dessen Seite sie ein kurzes, zufriedenes Jahr dahingelebt, entrissen wurde und sie dem Onkel diese Trauerkunde pflichtgemäß mitteilte, war kein Wörtlein des Beileids aus Schloß Eckhofen in ihre Witwenein- samkeit geflogen, und alles blieb still, bis er, der stolze Baron Christian, selbst den Weg in die Ewigkeit antre- ten mußte. Und da war es zu ihr gekommen, das „Glück", da war der Reichtum über die Schwelle
-ihres einfachen, kleinen Heims getreten und hatte ihr die mit Gold ge füllten Hände entgegengestreckt. Fioeikommitz Eckhofen-Gaudenz war Kunkellehen und ging, falls keine Männer der Familie mehr lebten, aus die weiblichen Nachkommen der Barone Gaudenz über. Christian Gaudenz hatte zwei Schwestern besessen, Sybille und Herta. Sybille war in ganz jungen Jahren um einer kleinen törichten Liebschaft willen, wie es hieß, mit einem jungen Maler geflohen. Bis weit übers Wasser sollte sie mit ihm gezogen sein. Trotz