Nr. 34 „Vozner Zeitung' (Südtiroler TaM«^ Donnerstag, den 12. Februar 1903. GMHnte Schuld. Roman von C. Matthias. Machdruck veÄotea.) 32. Fortsetzung. XXVH. Die Waldhütte. „Großmutter, jetzt bin ich ein gemachter Mann', nef Christian eines Morgens aus, als er, einen ge öffneten Brief in der Hand, an das Bett von Mutter Margarethe trat, die an solchen trüben Wintertagen, wie der gegenwärtige, jgerue lange zn schlafen pflegte. „Was ist geschehen, mein Liebling?' fragte die Greisin
, sich aufrichtend. „Ich habe sie erhalten, die Freistelle am Veraschen Konservatonnm in Berlin. Jetzt kann ich meine Kunst pflegen und ein großer Musiker werden.' „Gott segne Dich, mein Junge', sagte die gute alte Frau, ihre Hand auf das Haupt ihres Enkels legend. „Da erkenne ich meinen Christian wieder, der für seine Zukunft und das Glück seiner alten Großmutter besorgt ist. Was schreibt denn der Herr Prosenor?' „Ich soll nach Berlin kommen, und mich in den nächsten acht Tagen vorstellen, Unterricht im Klavicr
- und Violinspiel, Harmonielehre und Komposition, Alles umsonst und dabei freie Station bei dem Prose»or Liebewald. Kann ich es mir besser wünschen?' „Und weißt Du, wer das Alles zu Stande ge bracht hat, mein Liebling? Der Freiherr von Reciit- hofen, er ist in der Residenz und hat auf meine Bitte Dein Gesuch unterstützt.' „Der Freiherr, sagst Du?' fragte Christian un gläubig, „Ja, haßt der mich denn nicht?' „Der hassen?' antwortete die Alte mit einem Auflug von Schwärmerei. „Der kann nur lieben und Gutes thun
, aber sie dachte an die Zukunft ihres Enkels und wie eS un möglich wäre, daß er bei ihr bleiben könne, wenn etwas Rechtes aus ihm werden solle. So zeigte sie ihrem Liebling die nassen Augen nicht, sondern plauderte mit ihm von der Zukunft und überhäufte ihn mit guten Lehren, wie er sich in der Fremde benehmen müsse. Christian stand der Großmutter geduldig Rede. Er dachte wirklich an sein Fortkommen und nur ein ganz Nein wenig an — Marie, die er noch immer in dem verborgensten Theile feines jungen Herzens trug
. Seit seiner Rückkunft in das Haus der Großmutter hatte er ihren Namen nicht mehr genannt. Die Wunde, die er bei dem Duell davongetragen, war freilich schnell geheilt, aber die in seinem Herzen war ungeheilt geblieben. Da er mit Mutter Margarethe über sein Herjens geheimniß nicht sprechen konnte (denn Christian fühlte wohl, welch lächerliche Rolle er bei dem Rencontre ge spielt hatte), so verschloß er das Geheimniß seiner Jugendliebe m sich. Er träumte wohl von der Geliebten, aber er nannte