10 so komme ich vor allem zu der Frage, wie es denn möglich gewesen, daß in Oesterreich die Schulverhält nisse geworden, wie sie sind? Wie war es möglich, in einem katholischen Lande die Schule konfessionslos zu machen und sie ganz der Aufsicht oder Mitaufsicht der Kirche zu entwinden? Bei uns in Deutschland wehren sich nicht blos die Katholiken, sondern auch die Protestanten für die konfessionelle Schule; und wenn unsere Schulen auch Staatsschulen sind, so sind selbstverständlich die Pfarrer
die Leiter der Orts schulen und sind Geistliche die Bezirksschulinspektoren; und die Gemeinden mit gemischter Bevölkerung sind bei uns verpflichtet, für die in der Minderheit befind liche Konfession eine eigene Schule herzustellen und zu bezahlen, wenn eine vom Gesetz bestimmte Anzahl von Familienvätern erreicht ist. Sollte das Interesse, welches bei uns die Protestanten an dem konfessionellen und kirchlichen Charakter ihrer Schulen haben, in Oesterreichs Katholiken geringer sein? bei uns legt die Schule
von dem Eifer und von dem Interesse unseres Klerus für die Schule ein rühmliches Zeugniß ab. Bei uns in Württemberg, hat man aber das besagte Interesse nicht bloß platonisch festgehalten, sondern man hat gearbeitet und es dahin gebracht, daß bei uns die Geistlichen im Ganzen als die besten und berufensten Leiter der Schule gelten, man hat nie auch nur den Schein entstehen lassen, als sei dem Geistlichen die Schule und die Volksbildung weniger am Herzen gelegen als dem Laien. Man hat nie aus dem Grunde
, weil man nicht alle Ge brechen des Schulwesens heben konnte, gegen die Schule als solche gekämpft, die Schulzeit abkürzen und den Schulbesuch verkümmern wollen. Unsere Geistlichen haben sich auch nicht zu einer abge schlossenen Kaste ausgewachsen, welche mit den übrigen Bildungselementen und den staatlichen Organen alle Fühlung verloren. Wir besitzen eine Litteratur über Pädagogik und Schulwesen, welche von dem Eifer und von dem Interesse unseres Klerus für die Schule rühmliches Zeugniß ablegt. Wir laden nicht den Vorwurf
auf uns, als ob unsere katholische Pastoration bloß für Weiber und Kinder werth habe. Wenn nur nicht die mehr eifrigen, als besonnenen Agitatoren immer wieder unsere Arbeit durchkreuzten und sich und uns lächerlich machten. Wenn ich mir bei all dem vergegenwärtige, daß auch uns in Deutschland noch mancher Kampf um die Schule bevorsteht, so fürchte ich im Hinblick auf Oesterreich, daß es dort schwer sein werde, das was man schon verloren hat, wieder zurückzugewinnen, ich fürchte es umso mehr, da, soweit ich sehe