. Schwacher Wind kam aus Westen, der würde den Flug nach Bozen, den er mit vier Stunden Flugzeit berech net hatte, nicht verlängern. Er startete, blickte kurz nach Berlin hinüber, also zu Nina, kurvte dann nach Süden und sah nach zehn Minuten bereits die silbrig glitzernde Elbe. Überflog Wittenberg, die Lu therstadt. Hier, so hatte der Sohn seines Intendanten neu lich im Deutschaufsatz ge schrieben, hatte Martin Luther sein berühmtes Protestfax an die Kirchentür geheftet. Zwischen Leipzig und Dres
berühmte Bibliothek war nach dem Brand in so großer Schön heit wiedererstanden, dass er bei seinem ersten Besuch da nach den Lesesaal betrat und erst einmal vor Bewunderung erstarrte. Nina, in Berlin, hatte jetzt Probe. Sie spielte die Franzis ka. Franziska in der Minna von Bamhelm. Es war ihre Rolle. Nina würde die Zuschauer ver zaubern, Männer wie Frauen. Er überflog die ehemalige deutsch-deutsche Grenze und staunte, wie immer, dass er nicht von den Grenzern be schossen wurde. Er passierte Hof
. Nina würde heute Besuch bekommen, Tom aus Falls Church, Virginia, ihre erste Liebe. Ihren ersten Mann. Tom hatte eine Konferenz in Berlin. Nina hatte einmal gesagt, man solle das Körperliche nicht so wichtig nehmen. Er überflog Ingolstadt und meldete sich bei München-Ra dar zum Überflug des Mün chener Flughafens. Mün chen-Radar gab ihm die Höhe. Die Lotsen des alten Münche ner Flughafens Riem hatten sich immer mit „München To wer, Grüß Gott! “ gemeldet, sei nes Wissens der einzige Flug hafen
es kein Win terhalbjahr, das acht Monate dauerte, Leichtigkeit, Sonne, Wärme, nicht ewig Nebel und ewig Kälte. Er hatte auch kein Heimatgefühl, das ihn an Berlin band. Aber Heimat, das war für ihn Sprachheimat, er brauchte die Sprache der Leute um ihn herum, für die er inszenierte. R. hatte einmal geschrieben: Eu ropa nördlich des Alpenhaupt kammes ist im Grunde unbe wohnbar. Das stimmte, aber je der musste dort leben, wo er hingehörte. Und vielleicht wür de der Klimawandel ohnehin bald den Süden
. Er hatte aber noch Höhe genug, um den Brenner zu überqueren, folgte der Auto bahn und flog, da die Wol kendecke absank und der Kar wendel zu war, das Inntal ent lang. Bei Kufstein kam er, in genau fünftausend Fuß Höhe dicht an einer Hütte auf der linken Seite am Sonnberg vor bei, die ihm bekannt war. Berg steiger saßen davor auf den Bänken am lisch im Freien Horst Pillali wurde 1932 in Wien geboren und wuchs in Berlin auf. Nach dem Studium der Publizistik und Germanistik in Berlin und Innsbruck wird er ein äußerst