Der Bayern-Einmarsch in Tiro! anno 1918. Eine historische Reminiszenz. In den ,Münchner Neuesten" werden gegenwärtig so genannte „Zeugnisse" verschiedener Kriegsteilnehimer ver öffentlicht, die den sogenannten „Dolchstoß" glaubhaft machen wollen. Da schreibt U. a. ein Pionier, der bei den bayrischen Truppen war, die im No vem- b er 1.918 in Tirol ein m ar schier 1 en, folgendes: „Im Verlause der Sachverftändigenaussage des Herrn Geheimrates Dr. Delbrück ko mutt u. a. zum AusdrAck
ich mit der Bevölkerung in engere Fühlung als die Offiziere. Um den 11. November ungefähr, machten einige Ortsvorstände sich beim Divisionsstab mit der Bitte vorstellig, nicht schießen zu lassen, um ihre bedrohte^ Gemeinden vor Zerstörung zu bewahren; diesen Wün schen wurde entsprochen." Dazu ist z!u bemerken, daß sich die Tiroler Lan desregierung mit Recht Verbat, daß reichsdeütsche Trup pen das blühende Land zum Kriegsschauplatz machen und es der Zerstörung Preisgaben. Die Bevölkerung selbst hieß die Bayern
als deutsche Nachbarn allerdings herzlich willkommen. Die Ansicht aber, daß die bayrischen Trup pen gekommen seien, um uns Tiroler gegen die Italiener zu 'Verteidigen, ist einfach blödsinnig. In Tirol weiß jedes Kind,' daß die oberste deutsche Heeresleitung eine Bedrohung Bayerns von Süden her befürchtete und daher skrupellos' lieber Tirol als Bayern zum Kriegsschauplatz machen wollte. Die Truppen benahmen sich übrigens auch nicht immer exakt, führten uns Pferde weg, rissen Schie nen auf, hielten
Eisenbahnzüge an, nahmen harmlosen Reisenden Waffen und Gepäck ab usw. Cs ist daher eine stroße Ueberhebung, sich als Hüter der Ordnung ,auf zuspielen und sich gar einz'ubilden, unserer eigenen, „re volutionären Soldadeska". wie sich der Herr Pionier aus zudrücken beliebt, Einhalt geboten zu haben Die „revo lutionäre Soldateska" waren schon eher die Bayern selber, als sie sich nach Empfang der Nachricht von der Ab setzung des bayrischen Königs, die Kokarden abrissen und sich in den Straßen Innsbrucks
wie die Wilden gebärdeten, während unsere vielgeplagten Truppen froh waren, daß die unnütze Massenmörderei endlich ein Ende hatte, und so schnell als möglich trachteten, in Rühe nach Hause zu kommen. Neu ist die Mitteilung, daß die Bayern schon Befehl hatten, die Feindseligkeiten zu beginnen, und nur cprf das Bitten einiger Ortsvorsteher das Schießen nicht an fingen. Es ist kaum auszudenken, daß unsere -Verbündeten wirklich so rücksichtslos gewesen wären, um über unsere Köpfe hinweg auf unserem Boden