Erste Beilage zu Nr. 12 der „Lienzer Zeitung' Nach Amerika? (Ein Mahnwort an amerikalustige Landwirte) Ann sein ist ein trauriges Los, arm werden noch ein traurigeres. Eben schaute ich die Zeitungen der heutigen Post durch und stieß auf eine statistische Zusammenstellung, nach welcher in Böhmen im Jahre 1904 nicht weniger als 2943 Realitäten nnd Lie genschaften exekutiv verkauft wurden. Da habe ich mir im Stillen die Frage vorgelegt, was den nun all die um Hab und Gut ge kommenen Leute beginnen
auS? Welch wunderlichen Illusionen mögen sich da manche Leute hingeben! Insbesondere, wenn von Bekannten, die vor wenigen Jah ren erst unter dürftigen Umständen ausge wandert sind, Briefe in der Heimat einlaufen, in welchen Amerika als Paradies geschildert ist, wo die Dollars spielend leicht gewonnen werden können, wo jeder Dummian pro Tag Z—4 Dollars verdienen kann. Oder wo rin mitgeteilt wird, daß die Auswanderer heute, uach einigen Jahren, große Farmen erworben hätten, die so groß wie zu Hause
ein Herrschaftbesitz wären, in denen von Hun derten Rindern und taufenden von Meterzent nern Früchten gefaselt wird, von großartigen Maschinen, die den Leute» alle Arbeiten ab nehmen, und von de» Wohnungen, die grö ßer sind als die im Gutsherrnschloß. Da wird viel übertrieben und gelogen! Ich will ja nicht bestreiken, daß so mancher in Amerika Reichtümer erworben hat; aber ich kenne hierzulande auch Lente, die es von nichts zu großen Gütern gebracht habe». Ein Beispiel amerikanischen Reichwerdens gilt
aber für hundert andere, die dort wie hier die Last der mühevollen Arbeit nicht von ihren Schultern zu wälze» vermochten und arm blieben, wohl auch elend zugrunde gingen. Ich führe einen Vorfall an, der sich tatsäch lich zugetragen hat: Ein Bauer aus der Saazer Gegend mit einem schönen Anwesen, aber einer ziem lichen Schuldenlast hatte einen Bruder in Amerika, der vor viele» Jahren mit Weib und Kind und 3000 Gulden barem Gelde ausgewandert war. Alljährlich schrieb nun der Herr Amerikaner an seinen Bruder
nach Hause, er wäre ein dummer Mensch, wenn er sich zu Hause länger sorgen würde, er solle nur alles verkaufen uud nach Amerika komme». Er teilte mit, daß er selbst Be sitzer einer großen Farm sei und jährlich tau- sende Dollars Reinertrag habe. Er beschrieb, wie viele Rinderherde» er besitze, wie viel sein nener Dampfpflug gekostet, was er für Wirtschaftsgebäude angelegt habe, daß er pro Hektar Land 80 Mandel Weizen baue, von dem vielen Obst gar' nicht zn rede». Und unser Saazer wäre beinahe ans