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Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 87 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
um eine Pflanze, die nur auf einer ganz bestimmten Alm 2u finden ist. Den Menschen geht er aus dem Wege. Auch Johannes, der ihm auf seinen Wanderungen hie und da begegnet, bekommt auf seinen freundlichen Graß nur halblaute, mürrische Antwort. Der Alte versteht es gut, jeder Annäherung auszuweichen. Aber einmal findet Johannes ihn ganz hinten im Ultental. Es ist kein guter Plate, Am Hange steht ein Haus, leer starren die Fenster ins Land, ein Laden schlagt lose hin und her, das gibt

einen schaurig klagenden Laut. Es spukt in dem Hause, sagen die Leute, es sei ein verfluchter Ort, Dort trifft Johannes den alten Simon. Er steht unten am Rain und hat die Hände übereinander gelegt, fast sieht es aus, als bete er. Johannes weiß nicht, soll er stumm vorüber- gehn oder zum Gruße stehenbleiben. Wie er noch zögert, wendet sich der Alte um. Er wirft seinen Sack über die Schulter und sieht Johannes voll ins Gesicht, sein Blick ist nicht unfreundlich. Es ischt hart, sagt et, ohne indes

weiter darauf einzugehen, was hart sei. Armer Teufel, denkt Johannes, du hast wohl noch einen schwereren Pack zu tragen als dein Krautwerk. Mit der ihm eigenen offenen und vertrauenweckenden Art beginnt er mit dem Simon zu reden. Von dem verlassenen Hause sprechen sie nicht. Nach einer Stunde trennen sich ihre Wege. Wie Johannes am Abend unter den Bauern sitzt, fragt er, was es mit dem leeren Hause auf sich hat.

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Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 114 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
genommen haben. Auch sie fangen an zu gilben, aber schön und stolz, königlich stehen sie da, wie sie gestanden sind in seinen Kinderzeiten, Johannes ist angelangt. Er tritt in das alte Haus, der Flur ist still und verdämmert im Schein eines Lichtes, das in einer Nische brennt, fast dunkel gegen die Mondnacht, die hell vor der Türe steht. Un willkürlich ruft Johannes den Namen seiner Schwe ster, wie er sie als Kind genannt, wenn er etwas wollte oder sie etwas sollte, wenn etwas ganz

Geheimnisvolles, eine Verschwörung gegen das Regiment der Purgl etwa, im Gange war und sie sich als blutheiß verbündete Ritter im Kampf gegen den Drachen fühlten: Lllein. Oben antworteten zwei Stimmen, die dunkle der Frau und die herbe, unfertige seines Neffen Martin. Dann wird eine Türe aufgerissen und der Bub poltert über die Stiege herunter, Johannes fangt ihn lachend in den Armen auf und zaust seinen Blondkopf, der mit der breiten, etwas eigenwilligen Stime und den hellen Blau- augen

ihn so sehr an den eigenen Vater gemahnt. Dann gehen sie umschlungen hinauf, wo die Schwe ster wartend in dem hellen Schein steht, der warm und vertraut aus der offenen Stubentür fällt. Sie legt die Arme um Johannes, in ihren Augen ist Freude, doch ihr Gesicht hat einen bittern Zug, den er nicht darin kennt. Sie sitzen noch eine Weile zu dritt und Johannes erzählt. Er weiB.- die Schwester war nicht recht einverstanden gewesen mit seiner Heirat, aber nun

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Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 204 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
Johannes geht weitet, die Unruhe ist von ihm gewichen. Ein Gefühl fester Zuversicht überkommt ihn. Er denkt an seinen Vater, wie der einmal in stiller Stunde gesagt hat ; was immer einmal Schwe res über dich kommen mag, Hanns, vergiß das eine nicht: wir stehn in Gottes Hand. Nun schimmert schon seine Wiese durch die Lärchenstämme. Ein kleines Stückchen Weg noch und er kann das Haus sehn. Die Balken sind nicht geschlossen, aus den Fen stern des Schlafzimmers fällt zarter, rosiger Schein

« Unwillkürlich faltet Johannes die Hände und ver hält den Schritt, wie er das sanfte, verheißungs volle Licht sieht, Ueber ihm steht die Nacht und des Himmels Unendlichkeit zum Dom gewölbt über das Wunder des Lebens. Und das große Schweigen greift nach Johannes mit unzähligen Händen in tiefer, liebender Verbundenheit. Oben geht jemand mit einem Licht hinter den Fenstern vorbei, eines nach dem andern flammt auf, und nun packt Johannes wieder die Angst, mit lan gen Sätzen stürmt et hinauf und reißt die Türe

auf. Die alte Purgl steht mitten im Flur. Sie verzieht den Mund bis an die Ohren, wie sie sein erschrok- kenes Gesicht sieht, und legt geschwind den Finger an die Lippen, 's ischt a Büebele, flüstert sie. Ueber eine Weile, da steht Johannes am Fuß ende von Mois Bett. Sie schläft und ist sehr blaß, doch sie erscheint ihm so schön wie noch nie. Den Kopf leicht zur Seite geneigt, mit halbgeöffneten

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Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 127 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
wieder brummen. Aber Johannes will den Kampf mit ihm aufnehmen und er geht hinüber, wo das Doktorhaus, mit dem alten Nußbaum vor der Türe, steht. Bevor er es noch erreicht hat, tritt ein Mann auf die Schwelle und schaut erstaunt den Aufzug an. Er hat helle, scharfe Augen, die Johannes in dem bärtigen Gesicht sonderbar vertraut an muten. Da stutzt auch der andere, ein paar Augen blicke noch skid sie unschlüssig, dann rufen sie: bist du es wirklich, Franz, und : sieh da, das ist wohl gar

der Hanns Anderlahn. Sie schütteln sich die Hände und Johannes muß ins Haus. Keine Rede, daß er im Gasthof nächtigt, das Tresele humpelt vergnügt davon, es muß doch dabei sein, wenn das Zimmer für den neuen Freund gerichtet wird. Nach dem Abendbrot sitzen sie in der Stube und Johannes erzählt der Kleinen alle Bubenstreiche, die er und der ernste Doktor ausgeheckt haben. Es waren ja nicht aUzuviele, bei denen der stille Franz mitgetan hat, denn es war keine fröhliche Jugend für ihn gewesen, neben

der harten, allzeit gerechten Mutter, die über lauter pflichtgemäßem Guttun die Wärme des Herzens verloren hatte. Aber das sagt Johannes dem Tresele nicht. Er macht ihm den Vater wild und verwegen, gut und treu, daß ihm die Augen zu leuchten beginnen. Der Doktor sitzt in sich ver sunken und hat keinen Bück für seines Kindes helle Freude. Erst als das Tresele die Haselmaus vor ihn hinsetzt und fragt, ob er sie nicht gesund machen kann, sieht er auf. 9 Up

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Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 197 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
stutzt, wie er---die Schrift erkennt, was kann Anette von ihm wollend Sie schreibt : Heim liegt im Sterben und sehnt sich nach Ihnen, Wenn Sie es vermögen, so kommen Sie. Schweigend reicht Johannes den Brief zu Moi hinüber. Sie liest, ein scharfer Schmerz durchzuckt ihr Herz. Ihre Stunde ist nahe, soll sie ohne Johannes hindurch? Während sie seinem Kinde das Leben gibt, hält er vielleicht die Hand des Sterbenden. Sie sieht zu Johannes hin, fragend, zögernd. Er sagt leise: ich tue, was Du willst

Moi. Du gehst unter allen Umständen vor. Da ist sie auf einmal wieder die alte, tapfere Moi mit dem warmen, hilfsbereiten Herzen: natür lich fährst Du Hanns, so Gott will bist Du rechtzeitig wieder da. Und sie geht, um seinen Rucksack zu packen. Johannes ist schon ein Stück unter dem Hause, da wendet er sich, es noch einmal mit dem Blick zu umfangen. Tief geduckt in die weichen Daunen des Winters steht es da. Von seinem Giebel hängen dicke, glitzernde Eiszapfen. Die Fenster blinken, eines steht

offen, daraus winkt Moi ihm nach. Sie mag wohl fiihlen, daß es ihm fast unmöglich ist, jetzt von ihr zu gehn. Ein Jubelruf klingt zu ihm, klar und froh schneidet er durch die reine Luft. Geh ohne Sorge, kündet er, ich warte dein. Und Johannes versteht ihn. Noch einmal schwingt er grüßend den Hut, dann taucht er in die grauen Lärchenstämme.

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Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 46 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
wie der sichere, federnde Bogen einer Brücke, über die er hinüberschreiten wird über alle Gründe. Immer weiter zieht Johannes seinen Kreis. Wenn er nach Hause kommt, ist nun auch er schweigsam. Moi fühlt, wie es in ihm arbeitet, doch kein kleines Wort der Frage kommt über Ihre Lippen. Sie hält es mit der alten Weisheit der Bauernregeln: wenn die Keschten 1 A reif sind, braucht man den Baum nicht zu schütteln.. An einem Tag, von schimmernden Wolken über weht, holt Johannes seinen Freund Heinz

vom Bahn hof ab und schleppt ihn im Triumph zu seinem Hause. Zuerst, wie Johannes den Freund aus dem Zug steigen sieht, erschrickt er. So schmal sind dessen Wangen geworden, so brennend die Augen, Und dazu die heißen Hände. Aber Heinz beruhigt ihn, er spricht von Ueberarbeitung und Reisemüdigkeit und ei beißt die Zähne zusammen, um Johannes nicht merken zu lassen, wie schwer ihm das Berg aufwandern wird. Doch wie er ein paar Tage oben weilt, ist alles viel besser. Er atmet so leicht in der reinen Luft

und die Sonne hat seinen blassen Wangen Farbe gegeben. Selbst seine Stimme, die so ver schleiert klang, ist frischer geworden. Und Johannes, der sich irgendwie im Vorteil gegenüber dem Freund fühlt, so als Herr auf eigenem Grund und Boden, ist voll Sorgfalt und Liebe und Heinz nimmt alles dankbar und ein wenig hilflos entgegen. l ) Kastanien,

9
Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 162 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
in den Sarg gelegt haben. Gott behüte, denkt er, auch so kann es kommen. Er kann nichts erwidern, denn die heimgekehrte Putin kommt mit der Lampe und richtet den Abend tisch. Dabei bespricht sie mitMoi den morgigen Tag. Johannes blickt voll heimlichen Forschens sei ner Frau in das Gesicht, es ist ruhig und klar wie immer. Wie sie gegessen haben und die Purgl wieder in ihrer Küche rumort, streckt Johannes seine Hände über den Tisch hin zu Moi. Sie sieht es nicht, ist wieder ganz versunken

in ihre Näherei. Vielleicht auch meint sie» es sei für heute genug gesprochen worden und sie sieht auch nicht auf, als Johannes fragt : was ist das mit Dir Moi, fühlst Du Dich nicht gut oder hast Du Angst? Sie zuckt mit den Schultern: wie sollt eine ge sunde Frau sich davor fürchten. Es ist nur in einem, wie ein Bereitsein und das magst Du wohl als Mann nicht so ganz erfühlen können. Aber ich denk mir jetzt oft, es könnt manches anders sein, besser und verstehender, wenn in jedem Menschen

etwas von dieser Bereitschaft wäre. Es ist ja doch nur ein kleiner Schritt aus dem Leben heraus, aber wie wir ihn tun, darauf kommt es an. Sie will wohl heute nicht mehr sprechen, denn sie erhebt sich und packt ihre Arbeit zusammen. Schweigend geht sie an Johannes vorbei in die Schlafkammer. Johannes hat das Fenster geöffnet und sieht

10
Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 118 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
Die Schwester ist viel zu sehr eingefangen in ihr braves Bozener-Hausfrauentum, um ihn zu ver stehen. Und sie weiß nichts zu sagen als : wenn das der Vater erlebt hätte. Da lächelt Johannes und sagt aus tiefstem Glau- ben heraus: der Vater hätte mich verstanden. Der war viel zu gütig, um blind mitzulaufen in bürger licher Nomi, Sie sagt ganz entsetzt : aber Hanns Du redest ja, als gehörtestDu nicht mehr zu uns. Was bist dennDu? Johannes lacht frei in seiner alten, schönen Frohheit: der Herr

vom Lärchenhang bin ich und der Wind, der über ihn streicht, ist mein Geselle, Ein Kind der Erde bin ich, das dankbar durch ihr Blühen geht. Und vor allem Liesl, bin Ich ein Mensch und wer mein Bruder sein will, er sei mir willkom men,. Am nächsten Morgen geht Johannes den Weg zurück, den er gekommen ist, der junge Martin gibt ihm das Geleite. Wohl eine Stunde weit wandert er mit ihm und Johannes spürt bei seinem Plaudern beglückend, wie jung er selbst noch ist, trotzdem schon ein Silberhauch

an seinen Schläfen liegt. Lange halt er beim Abschiednehmen die schlanke Kna bengestalt an sich gedrückt. Du warme, gütige Jugend, denkt er, daß doch die Enge 'dich nicht ersticken möge und das Blühen deines Herzens verderben, Eine geraume Zeit noch geht Johannes auf der Höhe dahin, das leuchtende Land um sich, über dem

11
Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 16 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
bereifte Eissehollen auf ihm dahin. Da war Waid brack mit seinem Schloß, Hier der Weg nach Kastelruth. Wie oft war er über die alte Holzbrücke geschritten, Schloß Karneid, hoch oben wie eine drohende Pranke, Der Rittnerhang, gebreitetes Tal, weit, licht, schimmernd. Der Rosengarten, schon rosig überhaucht im mählich sinkenden Licht. Heimat, Heimat, schrie Johannes 5 Herz. Heimat, Heimat, Heimat sangen die Räder des Zuges. Johannes eilte in die Stadt. Unter den Lauben war noch derselbe muffelige

, anheimelnde Geruch nach dämmerigen Fluren und altem Winkelwerk, wo man so herrlich auf Entdeckungs- und Räuber« fahrten ausgehen konnte. Und hier das feste Haus mit seinen Erkern, wo heute seine Schwester als Hausfrau schaffte. Schon wie er das Tor Öffnete, kam ihm weihnachtlicher Duft entgegen. Es roch nach Gewürzen, nach harzigen Tannen und Wachs, Irgendwo sang eine herbe Knabenstimme ein altes Weihnachtslied. Johannes stürmte die Stufen empor und riß an dem Glockenstrang, daß mit der Magd zugleich

die Schwester erschien und der Schwager scheltend aus der Stube trat. Der Hanns, schrie die Frau und konnte es kaum fassen, Sie hing an seinem Halse mit lachendem Mund und nassen Augen. Als 'die Begrüßung vorüber war, bat Johannes: nicht wahr Liesl, ich kann dann gleich hinauf ins Haus. Die Schwester il

12
Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 126 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
weiberl vor die Türe hängt. Aber die Monika er zählt von verzauberten Prinzessinnen und sie weiß, daß die Himmelmutter aus der Windenblüte ge trunken hat. Und daß in der Nacht ein kleiner Engel mit rosenfarbigen Flügeln neben dem Bett des Tresele steht und es behütet, Sie sagt auch nie Sachen, die einem Kinderherzen weh tun, wie die Thild, Wie es den Namen ausgesprochen hat, tut es einen tiefen Seufzer und verstummt. Die Sonne ist weg, es weht kalt vom Jaufen her. Johannes nimmt Schnerfsack

und Mantel, dem Tresele gibt er die Haselmaus, die unter seinem Hut geborgen war, zum Halten. Und das Tresele nimmt er auf den Arm, um es nachhause zu tragen. Unterwegs müssen sie bei einem Busch halt machen, denn da hat es seine Schuhe versteckt. Die TMld sagt: für ein Doktorkind gehört es sich nicht, daß es barfuß rennt. Und wieder kommt ein tiefer Seufzer. Johannes geht ins Dorf, die Leute schaun ver wundert, mit wem das Tresele da kommt. Ein großes, junges Mädchen steht vorm Hitschenwitt, sein Haar

ist so licht, wie dem Tresele seins. Es kommt heran und sieht Johannes mißtrauisch an. Aber das Kind ruft gleich: das ist ein Freund von mir und er trägt mich, weil ich Fußeleweh hab, Da lächelt das Mädchen und sein ernstes Gesicht wird sehr schön. Offenbar sieht Johannes vertrauens würdig aus. Er erzählt, wie er das Tresele gefunden hat. Du mei, sagt die Monika, da werd dr Drach

13
Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 205 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
Lippen, die zu lächeln scheinen, Hegt sie da. Den linken Arm hat sie ausgestreckt, hin zu dem bunten Bettlein, das in seinen Wieghökern steht, als hätte sie zärtlich über den eigensinnigen, dunkeln Schopf und die winzigen Fäuste streicheln wollen und sei darüber eingeschlafen. Johannes wagt kaum zu atmen. Es liegt ein Frieden, eine Ruhe und Geborgenheit über dem Raum, als wäre ein Strahl himmlischer Glückselig keit hineingefallen. Hat Mol seine Nähe gespürt? Mit einemmal schlägt sie die Augen

auf, strahlend Hegt ihr BHck auf Johannes. Sie lächelt ihn an, halb wie im Traum, dann wendet sie den Kopf und schläft wieder ein. Johannes tritt noch einmal vor das Haus, sein Herz ist so übervoll, daß er die freie Weite des Himmels über sich fühlen muß. O du Heimaterde, singt sein Herz, süße, leben spendende, laß jeden Schritt meines Kindes, der dich berührt, gesegnet sein. Verwurzle dich in seinem Herzen, daß es niemals verloren auf den harten Wegen des Lebens irren muß. Lege deinen Glanz in seine Seele

, daß er sie erhelle durch all das Dunkel, durch das das Schicksal uns hindurchhetzt. Gib ihm deine Liebe, laß es durchpulst sein vom Herzschlag deiner Berge und Wälder, daß es dein Kind sei. Immer, auch über Moi und mich hinaus, dein Kind. Ein Ast befreit sich von seiner Schneelast, mit leisem Klirren stäubt sie hernieder, Johannes wendet sich. Steht ein Mensch am Waldrand und sieht 2°7

15
Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 14 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
waren kühn und sanft und feierlich gegen den winterlich kalten Himmel gestellt. Johannes stand am Fenster und sah hinaus in das schimmernde Land. Da war es» als träfe ein jäher Schlag sein Herz. Hoch in der klaren Morgenluft flatterte die welsche Fahne. Der Zug war an der Grenze angelangt. War ich es, der hier vorüberfuhr in blumen- bekränztem Zuge, dachte Johannes. Liegt nicht ein Menschenleben dazwischen. Wie war ich jung und hingegeben der Zukunft, was immer sie bringen mochte. Oesterreichs

Farben wehten von allen Zinnen und dazwischen breitete der rote Adler die starken Schwingen. Und Duft von Heu und Son- nenwätme trug der Wind uns zu, Heimat, o Heimat wie warst du stolz und schön, Johannes fühlte sich vergehn. Warum, schrie es in seiner Seele, warum bin ich nicht fest geblieben? Warum lasse ich Freunde, Zukunft, Geliebte, um unter den Verhaßten zu leben? Ich werde hingehen, um noch einmal den Schiern zu sehn und den Rosengarten, wenn er im Abendschein brennt. Und dann zurück, um nie

wieder zu kehren. Der Zug fuhr an. AUe Fremdheit verflog, als Johannes sich aus dem geöffneten Fenster neigte. Draußen auf verschneiten Wegen trotteten die altvertrauten Bauerngestalten. Ein Juchzer flog zu ihm s die herbe Luft strich über seine heiße. Stime, in den Telegrafendrihten sang der Wind sein Lied von der Ferne, TÓ

17
Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 56 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
bastelt an irgendetwas hemm, wie ohne Sinn ist sein Tun, indes die Frau mit Augen, die ausgebrannt sind von vielem Weinen, vor sich starrt. Die Kühe muhen im Stall und klirren leise mit den Ketten. Heinz und Johannes werden ernst und freundlich aufgenommen und zum Bleiben aufgefordert. Die Frau macht einen Imbiß zurecht, Johannes spricht mit dem Bauern. Sie reden über dies und das, sie lachen sogar manchmal. Und doch liegt auf allem eine unfaßbare Schwere, Wie Trauer lastet es über dem ganzen

feiertäglich stillen Besitz, das laute Treiben der andern Höfe fehlt, etwas Unwirkliches, Schemenhaftes ist wie ein Schleier über alles Le bende gebreitet. Und um die zwei Menschen ist eine Verlassenheit, die qualvoll und erschütternd wirkt. Selbst Johannes wird unfrei den beiden ge genüber, denn er fühlt, daß der warme Glockenton seines Herzens den rechten Widerhall nicht findet. Als die Freunde sich verabschiedet haben, gehn sie eine lange Weile schweigend durch den gold- grandigen Nachmittag

nebeneinander her. Auf ein mal bleibt Johannes stehn: Heinz, liebster Mensch, weißt Du was das heißt; vier Kinder hergeben, schöne, gute, blühende Söhne, mit aller Liebe und bestem Können auferzogen, um sie dann dem Staat hinwerfen zu müssen: da nimm Moloch, zer reiße, zerfleische, laß sie verbluten in deinen Schützengräben, lasse sie morden und ermordet werden, Ist es verwunderlich, wenn da die klare Linie des Lebens verloren geht? Siehst Du, das sind

18
Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 132 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
Johannes nimmt das Treselc bei der Hand und sie gehen. Zuerst besuchen sie den Sebaldus Hin ters toger und der muß nun selbst die Geschichte vom Tatzelwurm erzählen. Aber die ist so herz- angteìfend, daß Johannes nicht umhin kann, ihn nachher, zur hellen Freude des Kindes, auf ein Glas Enzeier 1 ) beim Hirschenwirt einzuladen. Und voll Uebermut schreit es schon in der Türe: Monika bring gschwind an Enzeier für'n Jager, weil er soviel g'loflen isch vor'm Bergstitz, Der Sebald dreht sich voll

Stolz zu Johannes: ja ins er Tresele, das seil isch uens, das kann ma suechen giahn mit dr Windtear. A Woltern feins Dirndele. Die Monika bringt den Enzeier, aber sie scheint verstimmt. Am Nebentisch sitzt ein Finanzer und schaut mit brennenden, schwarzen Augen nach ihr. Sie macht eine Ausrede und verschwindet in der Küche, sehr zum Verdruß des Treseles, das seine Freunde beieinander haben will. Dr walsche Loder, dr kunnt was Bessere tiahn, als in dr Fruah sebo da umanand hocken, knurrt der Jäger

und auf eine beschwichtigende Bewegung von Johannes : nur kuen Angscht nicht, Der ver- stiaht mei feine Schprach nicht, da fnüeßt ma lei nach dr Schrift reden. Da kommt die Wirtin selbst, eine schöne Frau und stolz dazu, kaum daß sie grüßt. Sie setzt sich zu dem Finanzer und nun hebt ein Lachen und Hofieren an. Der Welsche weiß auch seine Blicke *) Enzianschnaps.

20
Books
Year:
1934
Johannes Anderlahn
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Page 11 of 207
Author: Ariel / Ariel
Place: Basel
Publisher: Schwabe
Physical description: 208 S.
Language: Deutsch
Location mark: II 61.732 ; 244
Intern ID: 181461
Johannes vergmb das Gesicht in seinen Armen. Stark war seine Liebe gewesen, jung und voll Ver heißungen. Aber stärker als sie, brannte der Ruf der Heimat in seinem Herzen, er fühlte, daß er ihm folgen müsse, daß es kein Entrinnen gab. Nie mehr würde er bei Anette sitzen im sanften Schein ihrer Lampe, während in den alten Bäumen des Gartens, ganz am Rande der Stadt, der Wind klagte wie eine ver lorene Seele. Denn schwer und ohne Duft waren seine Flügel, mit denen er durch dunstige Straßen

und freudlose Höfe gestrichen war. Und Anette? Ja die würde ihren Weg weiter gehen, ruhig, klar, mit ihrem hochmütigen Lächeln, mit dem sie auch so viele seiner Wünsche und Träume abgetan hatte. Schmerz und Erleichterung, beides fand er in dieser Erkenntnis. Der kommende Tag verflog unter tausenderlei Notwendigkeiten, ohne daß Johannes aus seinem Traum, aus Sehnsucht und Heimweh gewoben, er wachte. Abends fuhr er nach dem Südbahnhof, sein liebster Freund, der Herzkamerad langer Jahre

, war bei ihm. Krampfhaft sprachen sie über das hinweg, was in ihnen brannte. Jeder fühlte die große Wende, Würde die tiefe Verbundenheit auch weiterhin wie ein Licht über ihrem Leben stehen? Leidvoller noch als Johannes empfand der Zurückbleibende die Trennung, die er lange schon voraus geahnt. Denn früher, als Johannes selbst, hatte der erdfremde, heimatlose Jude den Ruf der Heimat in dem Herzen des Freundes erlauscht, die durch alle Bitterkeiten 33. kuu.m

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