Aus der Chronika derer von Zimmern : Historien und Kuriosa aus sechs Jahrhunderten deutschen Lebens.- (Schicksal und Abenteuer ; 3)
pelle am Weg, heißt der Klingel; dabei ist eine kleine Be hausung, in der seit vielen Jahren eine Klausnerin oder sonst eine alte ehrbare Frau wohnt, die die Kapelle des Morgens öffnet und zur Nachtzeit wieder schließt. Nun war zu Zeiten des frommen Grafen Bernhard von Eberstein eine gar andächtige, ehrbare Frau im Klingel, die der Kapelle wartete. Im Jahr 1517 nun begab sichs, daß, als die gute Frau schlafen gegangen, beinahe um Mitternacht etwas an ihre Behausung kam und anklopfte. Sie stand
auf, ging an das Fenster und fragte, wer da fei. Da sah sie einen alten Mann, wie einen Grdensmann in einem langen weißen Rock, der hatte einen weißen Bart bis aus den Gürtel herab, um ihn und hinter ihm waren bei acht oder zehn Personen, kleine kurze Deutle, ihres Crachtens Weibsbilder, die trugen alle schwarze Kleider wie Klosterfrauen, und jedes hatte eine Laterne in der Hand mit einem brennenden Licht. Der alte Mann bat die Frau, sie solle ihnen unbesorgt die Kapelle öffnen, das wollten
sie ihr lohnen. Die Frau zog sich an, ging herab zu ihnen und öffnete die Kapelle. Lie redete mit dem alten Mann, der gab ihr auch Antwort,' aber die kleinen Weiblein haben nichts geredet. Der alte Mann ging Zuerst in die Kapelle- dort las er in einem Buch, das er unter dem Krm mitgebracht hatte,' die andern gingen ihm alle nach, zu zwei und zwei, und während der alte Mann in dem Buche betete, legten sie sich in Kreuzform in die Kirche. Die alte Frau sah ihnen neugierig zu, was doch schließlich daraus
werden wolle. Als das ungefähr eine Stunde ge währt hatte, gingen sie wieder aus der Kapelle, der alte Mann voraus, die andern paarweise hinterdrein. Der alts Mann schenkte der Frau für ihre Mühe einen Goldgulden, und damit sind sie abgeschieden, so daß die Frau nicht sagen konnte, wo sie hinkamen - sie sah nur, wie sie den Karrenweg am Ebersteiner Berg hinaufgingen, als ob sie in das Schloß wollten. Als der alte Mann der Frau den Goldgulden schenkte, sagte er: „Liebe Frau, laßt euch diesen Gulden lieb