Gemeinde Kastelruth : Vergangenheit und Gegenwart ; ein Gemeindebuch zum 1000-Jahr-Jubiläum der Erstnennung der Orte Seis und Kastelruth
Unsere ganz besondere Bindung an diese Landschaft und ihre Menschen veranlaßte mich, der Familie Putzer zu versprechen, die Truhe mit den Dokumenten und Wappen brief ausfindig zu machen. Damals ahnte ich nicht, wieviel Zeit und Energie mir dieses Versprechen, das ich wie eine Verpflichtung empfand, abringen würde. Der Verlag, in welchem das Buch erschienen war, existierte nicht mehr. Einem glücklichen Zufall verdanke ich die Anschrift von Frau Edith Kaltschmid. Aus dem Briefwech sel
mit ihr und den Besuchen bei ihr in Alt-Aussee (Steier mark) entnahm ich, daß Frau Pawlik eine sehr liebenswür dige, aber eigenartige Persönlichkeit gewesen ist. Die Truhe mit den Dokumenten habe man ihr nach dem Druck des Buches zugestellt. Frau Pawlik lebe aber nicht mehr, sie wäre vor geraumer Zeit in Seekirchen verstorben. Angehö rige haben sie keine mehr besessen. Ein weiteres Wochenende führte uns nach Seekirchen im Bundesland Salzburg, wo wir mit Hilfe des dortigen Bürgermeisters ihren letzten Woh nungsgeber
aufsuchten. Der Besitzer der ehemaligen Reindl-Mühle, jetzt Gasthof, bei welchem sie zuletzt wohnte, war uns behilflich, das, was ihm Frau Pawlik nach ihrem Tod hinterließ, durchzusehen. Die Kiste, die in einem Verschlag unterm Dachboden stand, war noch nie geöffnet worden. Angeschimmelte Blätter mit Stahldruk- ken und Radierungen hoben wir vorsichtig Blatt für Blatt ab. Ausgaben der Klassiker — manche in Prachtausgaben — folgten. Kuverts mit Kunstkarten aus den verschiedensten Museen Europas, Fotos
, die sie und ihren Mann auf Bergtou ren zeigten, und dann ein Aquarell, auf welchem wir eindeu tig den Treffenhof erkannten. Es mußte vor dem 1. Welt krieg entstanden sein. Signiert ist es von Luis Runggaldier. Es folgten weitere Aquarelle, Stahlstiche, Handdrücke, Zeichnungen desselben Künstlers, alle aus den Jahren von 1916 bis 1923, darstellend die Landschaft um Kastelruth, aber auch Gebirgsstellungen im 1. Weltkrieg und zuletzt ein Aquarell von einer Frau mit Kopftuch, bezeichnet als „Mena, Goldhaar
der Sonnleitenkinder". Auf meine Anfrage an das Stiftsdekanat und Pfarramt See kirchen teilte mir dieses mit, daß Frau Clothilde Magdalena Pawlik geb. Walter in Seekirchen am 5. August 1951 ver storben ist. Wieder in Wien, rufe ich bei der Telefonnummer Kalt schmid an. Es meldet sich ein Herr Theodor Storm, der die Wohnung von Herrn Kaltschmid übernommen hat und Masseverwalter des Verlages war. Auf meine Bitte, mir zu sagen, wohin die Truhe mit den Dokumenten nach der Drucklegung des Buches gekommen sei, gab