Einleitung und Geschichte der deutsch-italienischen Sprachen-, Völker- und Staatenscheide im Etschtale.- (¬Die¬ Ausbreitung des Deutschtums in Südtirol im Lichte der Urkunden ; 1)
„Suso in bella Italia giace un lago, A pie dell’Alpe, che serra Lagmana Sovra Tiralli, ed ha nome Benaco." (Inferno XX, 62 f.) In wörtlicher Übersetzung: Oben im schönen Italien liegt ein See, am Fuße des Gebirges (der Alpe), welches Deutschland abschließt über (oberhalb) Tirol und er (der See) hat den Namen Benacus (lateinischer Name für den Gardasee). Für die Italiener ist es ausgemacht, daß Dante damit genau den höchsten Kamm der Alpen (Zentralalpen), die Wasser scheide zwischen Inn
und Etsch, gemeint habe. Ob Dante überhaupt die Alpen, ihr Inneres, so genau gekannt hat, wird dabei nicht gefragt; auch nicht, ob die Alpenbewohner selbst sich bewußt waren, wo der höchste Kamm der Alpen durchlaufe. Viel ungezwungener ist die Stelle Dantes so zu erklären, daß er die Alpen als Gesamtgebirge im Sinne hatte, wie man ja auch später sagte, die Alpen trennen Deutschland von Italien, allgemein, ohne an eine nähere Scheide innerhalb der Alpen selbst zu denken. 1 ) Wenn aber Dante
einen bestimmten Längsteil der Alpen gemeint hat, so am ehesten wohl die Südalpen, denn an deren Fuß liegt wirklich der Garda see und sie erheben sich, für den, der von Süden kommt, über, oberhalb des Landes und Schlosses Tirol. 2 ) C. Battisti hat nun allerdings eine ganz neue Auslegung für die Stelle beigebracht, mutet ihr nicht bloß eine all gemein geographische, sondern sogar eine genau sprachliche und politische Absicht zu. Dante habe sagen wollen, daß die Grafschaft Tirol, und zwar ihr südlich
ist es kaum denkbar, daß ein damaliger Beobachter eine politische Scheidelinie mitten durch das Land — längs des Alpenkammes — erkennen x ) So Neugebauer in FMGT. 6, 88 in Erwiderung auf Manzoni, AAAd. 2, 5 u. 3, 1 ff., dessen Abhandlung wohl am ausführlichsten die italienische Auffassung dieser Dante-Stelle wiedergibt; von deutscher Seite s. auch Mayr im Schiern 1921, S. 346. -) Im Veltlin (Addatal) bezeichnete man laut einer Urkunde vom Jahre 1239 die Lage des Vintschgau als „Ultramontes". (Quadrio