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Books
Year:
1924
¬Der¬ große Unwissende
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Page 203 of 652
Author: Dallago, Carl / von Carl Dallago
Place: Innsbruck
Publisher: Brenner-Verl.
Physical description: 650 S.
Location mark: II 3.969 ; II 62.389
Intern ID: 67921
Man sieht: ein Streben nach weltlichem Gewinn hier wie dort. In der Art und Weise ihres Abkommens vom Christ lichen als dem Religiösen aber weisen die beiden Glaubens richtungen eine Verschiedenheit auf. Im Katholizismus übt die offizielle Kirche mehr geistigen Betrugs im Protestantis mus, mehr geistigen Selbstbetrug. Das heißt: die offiziellen Vertreter des Protestantismus glauben noch im allgemeinen, was sie lehren; doch sie lehren, was nicht mehr christlich im Sinne der Lehre Christi

ist, wie dies schon das aus dem evangelischen Lehrbuch Zitierte bezeugt. Weiters spricht dafür das veröffentlichte Wort so manches evangelischen Pfarrers. Ich verweise hier nur auf Friedrich Naumann, der sich als Politiker und Feuilletonist einen Namen gemacht hat. Hört man einen solchen kirchlichen Vertreter des Protestantismus, muß man staunen darüber, bis zu welcher Plattheit dieser trotz der Gläubigkeit eines Luther gediehen ist. Fast ist es, als hätte man von Luther das Neben sächliche, das kritisch

VerstandesmäHige, das Aufklärende, zum Vorbild genommen, und nicht die Gläubigkeit, durch die erst das Aufklärende zu Kraft kam und Tat wurde. Daß es so weit gekommen ist, mag seinen Grund eben in dem erwähnten Verhalten Luthers zur Kirche haben, deren welt lichen Bau er nicht genug als solchen erkannt hat; so wurde auch der Protestantismus immer mehr wieder zu einer Kirche, die von ihren Gläubigen immer weniger wahre Gläubigkeit fordert. Denn wahre Gläubigkeit bedarf des Alleinstehens, um frei

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Books
Year:
1924
¬Der¬ große Unwissende
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Page 199 of 652
Author: Dallago, Carl / von Carl Dallago
Place: Innsbruck
Publisher: Brenner-Verl.
Physical description: 650 S.
Location mark: II 3.969 ; II 62.389
Intern ID: 67921
Kirche führt eine Scheinexistenz. Das heißt: was^à offizielle Kirche existiert, ist n ich t Christe ntum . Und wo s diese Kirche als T räge rin des. Christlichen Christi auftritt s (gleichgültig ob als Protestantismus oder als Katholi- j zismus) gründet sie ihre Existenz bestenfalls aus Selbst betrug. Auf die Frage, warum Luther in der Kirche stecken geblieben ist, wiederhole ich : weil er es unterließ, gegen die Kirche als gegen einen Auswuchs des^MeliLiösen auszutreten. Doch lag

dies, wie zugegeben werden muß, gar nicht im Rahmen der Aufgabe Luthers als eines Reformators der Kirche, dessen Augenmerk auf die Existenz der Kirche ein gestellt ist und darauf, die Auswüchse an ihr zu beseitigen. Die Zeit und die Verhältnisse schlossen für Luther wohl eine andere Perspektive aus. Freilich erhält dadurch auch der Begriff eines „Reformators der K irche' eine Umgrenzung, in die der Begriff eines Trägers des Religiösen nicht mehr zur Gänze hineingeht. Inzwischen hat sich die politische

Beschaffenheit der offiziellen Kirche immer offenkundiger dargetan. Pascal und Kierkegaard, diese hervorragenden religiösen Geister, sind ihrem Schaffen nach in tziRer^ossiziellen Kirche unter- zu bringem Und falls noch ein Zweifelander Unfähigkeit dieser Kirche, das wahre Christliche zu vertreten, bestände, der Weltkrieg müßte einem den letzten Zweifel benommen haben. Daß ihn der Papst „eine ehrlose Menschen schlächterei' nannte, ändert wenig an der viel maßgeben deren Tatsache: daß die kriegführenden

Staaten und deren Lenker der offiziellen Kirche unterstehen, und zwar so, daß dieser die Weisung und Unterweisung jener im Christlichen, 202

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Books
Year:
1924
¬Der¬ große Unwissende
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Page 197 of 652
Author: Dallago, Carl / von Carl Dallago
Place: Innsbruck
Publisher: Brenner-Verl.
Physical description: 650 S.
Location mark: II 3.969 ; II 62.389
Intern ID: 67921
soll, bringt an der Hand der Kirche den Menschen existenziell dieser Welt immer näher. Kein Wunder, wenn schließlich so der Kirchenchrist der geriebenste Weltmensch wird ! * * * Was anfangs wohl übersehen wurde und später, im Hinblick aus die Weltmachtstellung der Kirche, kaum mehr erlaubt war zu sehen, ist: daß die Kirche, wo sie als Kirche sich geltend machte, bereits politische Machtensaltnng war. Die Auswüchse dieser kirchenpolitischen Machtenfaltung veranlaßten das Auftreten Luthers

. Mit einigem äußer lichen Recht, doch religiös gesehen völlig unzutreffend, sagt Nietzsche: „ LMhU, der Bauernaufstand des Geistes' und steht dabei eher aus Seite der Kirche, die er immerhin noch als die geistige Herrschermacht dieser Welt ins Auge faßt. So schwankend und schlecht eingesügt diese Auffassung bei dem religiösen Nietzsche (der die Hinneigung Wagners zur Kirchenchristlichkeit trefflich erkannte und verurteilte) auch war, mag sie doch den Grund dafür gelegt haben, daß Nietzsche in der Folge

das wahrhaft Christliche nicht mehr als das Religiöse und Geistige Zu erfassen vermochte. Jeden falls zeigt sich, daß Nietzsches Auffassung der redlich christ lichen Gesinnung Luthers nicht gerecht wird; er vergeht sich in geistiger Hinsicht schon dadurch, daß er politische Macht entfaltung, wie er sie an der Kirche zweifellos wahr genommen hat, mit geistiger Herrschaft vereinbar hält. Denn das Geistige herrscht nur, indem es dienend aufgeht in die Macht, vor der alle äußere Machtenfaltung machtlos

ist. Was nun Luther betrifft, so ist es gerade der Aufstand dieser deutschen „Bauern'-Gläubigkeit, der dafür Zeugt, daß Luther sämtlichen damaligen Vertretern der Kirche an

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Year:
1924
¬Der¬ große Unwissende
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Page 198 of 652
Author: Dallago, Carl / von Carl Dallago
Place: Innsbruck
Publisher: Brenner-Verl.
Physical description: 650 S.
Location mark: II 3.969 ; II 62.389
Intern ID: 67921
Geist im religiösen Sinne überlegen war. Aber Luthe r ist in der Kirche stecken ge bl i e b e n. Er stritt ^ gegen das wuchernde politische Treiben der Kirche als gegen ^ Auswüchse dieser Kirche, nicht gegen die Kirche als solche, ( die an sich ein Auswuchs des Christlichen, als des Geistigen und Religiösen, ist. Das Gesagte soll dem Wert von Luthers Tat mit keinem Worte nahe treten. Gelänge es selbst heute einem, die Kirche, die sich heute ja nur mehr durch Staatsunterstützung aufrecht hält

, zu Fall zu bringen, wäre dies nichtsdesto weniger eine weit geringere Tat als die Luthers. Denn die Erledigung dieser „Kirche Christi', deren gründliches Ver sagen in christlicher Hinsicht der mehr als vierjährige Welt krieg unter kirchenchristlichen Völkern genügend erwiesen hat, kann heute dem geistigen und religiösen Menschen nicht allzu schwer fallen. Dazu bedarf es nicht der großen inneren, zur Säuberung drängenden Kraft eines Reformators. Doch mangelt unsere in em heute der Glaube

, daß durch derartige Bewegungen das Religiöse als das Geistige zum Siege kommen könnte. Darum sage ich auch nur, was sich mir zu sagen ausdrängt, von äußeren und inneren Wahrnehmungen her. So sehe ich in dem Umstande, daß Luther die Kirche als solche nicht als einen Auswuchs des Religiösen ablchnte, eine unerkannte Unterlassung, die den heutigen offiziellen Protestantismus zur Folge hatte. Dessen Verhältnis zum wahren Christentum habe ich bereits mit einigen Aus sprüchen Kierkegaards, des vielleicht größten

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