Jedem das Seine! : eine Wiedergabe des allgemeinen Lehrertages in Brixen am 4. September 1900
." Ist es nun zu wundern, wenn das elterliche Vermögen, falls ein solches vorhanden ist, aufgebraucht, und so den armen Kindern ihr Erbe geraubt wird? Ist es zu wundern, wenn in der Lehrersfamilie Zwistigkeiten entstehen, wenn die Frau des Lehrers steht, dass derselbe nicht einmal im Stande ist, durch seinen Beruf auch nur eine kleine Familie auf das kärglichste zu ernähren? Mir steht noch immer ein Fall vor Augen, wo mir ein College, der nur zwei kleine Kinder hatte, bitter vorweinte und sagte: „Ich behalte monatlich
nur 4 L für mich; das übrige Gesammteinkommen, Nebendienste tragen nur jährlich 60 K, lasse ich der Frau; sie kommt aber nicht aus; gegen Ende des Monats möchte ich ihr immer noch von meinen 4 K geben und kann ich es nicht, dann gehen die Vorwürfe los". Wenn Lehrerskinder mit zerrissenen Kleidern umhergehen, — mit dem Finger zeigt man darauf, — bedenkt aber nicht, dass in der zweiten Halste des Monats oft kein Heller Geld mehr vorhanden ist, den nöthigen Faden zu kaufen. Sagen Sie nicht, das seien Übertreibungen, nein