Vinzenz Gasser, Fürstbischof von Brixen in seinem Leben und Wirken
Ueber die Notwendigkeit der Abhaltung des Concils sagt er: „Ja' man kann noch weitergehen und sagen, sie sei für unsere Zeit verhältnismäßig sogar nothwendig. Die Abhaltung eines allge meinen Concils hat man in der katholischen Kirche immer dann für nothwendig erachtet, wenn eine Ketzerei so um sich griff, daß man sah, es müsse das Ansehen der ganzen Kirche aufgeboten werden, um dieselbe zu unterdrücken oder ihre Weiterverbreitung zu verhin dern. Das ist auch in der That in nnsern Tagen
der Fall. Der Unglaube ist in unfern Tagen beim letzten Glaubensartikel angelangt. Man verwirft die Hoffnung auf ein ewiges Leben. Die Leugnung des ewigen Lebens ist die Ketzerei unserer Zeit. Darum ist es nothwendig, dieser Ketzerei, welche die Menschheit schändet, und sie um die höchsten Lebensgüter zu bringen droht, mit dem Ansehen der ganzen Kirche in einem allgemeinen Coneil entgegenzutreten. Noch aus einem andern Grunde kann man behaupten, daß ein allgemeines Coneil nothwendig sei. Es gibt
nämlich selbst unter den Katholiken gar Viele, welche den Ermahnungen der Bischöfe kein Gehör schenken. Wenn diese ihre warnende Stimme erheben, und dies oder jenes, was die schlechten Zeitungen als Ausklärung und Fortschritt preisen, Pflichtgemäß verdammen, so heißt es gleich, das was die Bischöfe sagen, sei nicht Lehre der katholischen Kirche, sondern nur eine Übertreibung einer Partei, die man als die ultramontane bezeichnet. Wenn dagegen die ganze lehrende Kirche, die beim allgemeinen Coneil
aus allen Ländern ver sammelt ist, ihre warnende Stimme erheben wird, wenn sie sagt, was Jedermann zu glauben, zu thun und zu lassen habe, dann muß diese Ausrede verstummen und jeder, der noch auf den Namen eines Katholiken Anspruch macht, muß dieser Stimme der ganzen lehrenden Kirche Gehör schenken. Ich stehe darum nicht an zu behaupten, die Zusammenberufung des allgemeinen Concils, das am 8. Dezember d. I. eröffnet werden soll, war eine Eingebung des heiligen Geistes, weil es bei den dermaligen