Tirol und der baierisch-französische Einfall im Jahre 1703
15Z den Churfürsten nebst dem Hauptvortheile, welchen er für das feindliche Interesse both, auch noch besondere Gründe. Vor allem ein unverkennbarer Eifer, dem Könige von Frank reich einen wichtigen Dienst zu leisten. In Paris wurde dieser Grund auch so entschieden anerkannt, daß Ludwig XIV. nur auf Mittel bedacht war, ihm Beweise seines Wohlgefallens zu geben. Dam: höchst einladende Gründe von Seiten Tirols selbst. Tirol hatte damals eine ohne Vergleich höhere Wichtigkeit
als jetzt. Da nicht nur die Schweiz, sondern auch Venedig einen unabhängigen und vermög ihrer Politik in der Regel neutralen Staat bildeten, so war Tirol das einzige Thor, durch welches das deutsche Reich und andere Mächte zu ihren Besitzungen in Italien gelangten. Nebstdem war es eine von Mazarini in die französische Politik eingeführte Idee, daß man dem Hause Oesterreich keine tiefere Wunde schlagen könne, als wenn man ihm Tirol entreiße. Wer Tirol besitze, beherrsche aus dieser, wie man damals sich ausdrückte, mit goldenen
Vor mauern umschanzten Felsenburg alle umliegenden Länder. Er könne die tm-rn ferina der Venetiancr, Granbündten, die Schweiz, Schwaben, Baiern, Salzburg, Oesterreich, Kärnthen und Steiermark nach Willkühr beunruhigen und in Contribution setzen. Daher hatten auch erst Angst die in Tirol gefangen sitzenden französischen Militärs, der Mar schall Villeroy und der General-Lieutenant Barbesieures, es als einen der größten Mißgriffe bezeichnet, daß sich Frankreich nicht gleich im Beginne des Krieges der Graf
schaft Tirol bemächtiget habe. Diese Idee mochte der Chur- fürst von Baiern aufgegriffen, und darum die Eroberung Tirols als den Schlüssel zn allen weitern Unternehmungen betrachtet haben. Zn diesen Ansichten kamen noch ganz spezielle Gründe, auf die wenigstens zur Zeit, wo der baierische Einfall geschah, großes Gewicht gelegt wurde. „Der Churfnrst habe, so sagte man, in Tirol gute Freunde „gehabt; denn wo gibt es nicht vaterlandsvcrgessene Men- „scheu? wo eine Burg, wo ein abgeschlossenes Thal, in