Denk mal an der Piazza Venezia auf, dann schwingt sich die prächtige Asphaltstraße in langen, weichen Windungen über einen Hügel, und das Bild der Ewigen Stadt verschwindet hinter einer ernsten Silhouette breitkroniger Pinien. Die Straße führt zwar frontwärts, das. zeigt uns ein Blick auf die Karte, dennoch hat sie nichts von dem Charakter jener Frontstraßen, wie wir sie von vie len anderen Kampfabschnitten gewöhnt sind. Vielmehr trägt sie auf den ersten Blick das gleiche Gesicht des Friedens
zur Schau, mit dem auch Rom selbst den oberflächlichen Besucher frappiert. Cs ist heute noch immer so, als lebe die Mil lionenstadt am Tiber neben dem Kriege her — gleichsam hinter einer krampfhaft aufrechterhaltenen Kuliste eines Pseudo- Friedenszustandes. Rur allmählich fre* ginnt — besonders wenn man sich die Mühe nimmt, diese, seltsame Kulisse ge nauer zu betrachtest — Ihre groteske Farbe abzublättern. Der Krieg verbirgt sein Gesicht eben doch nicht mehr. Auch das friedliche Bild, das uns Straße
sich nicht lange ausrechterbalten. Allzuoft muß man lm Staub und Auspuffqualm der dicken Schleppzüge fahren, ehe man bei dem immer rollenden Gegenverkehr überholen kann. Mehr und mehr, wird das Bild der Straße beherrscht vom scheckigen Farben spiel der getarnten Wehrmachtswagen. „Achtung! Tleffltegergefahrl' Wir sind- weitab von Rom und die Straße Ist nun zur Frontstraße g« worden. Sie trägt dieser inneren Um stellung auch äußerlich Rechnung. Ihr bisher marmorglatter Leib weist bald genug schadhafte Stellen
, die des Hafen Tod sind, bewahrheitet sich auch. hier... Immer enger werden die Serpentinen der Straßen, immer schroffer und. kahler die Wände nach oben und unten. Immer wieder rollen uns die hochbeinigen, zwei rädrigen Karben der italienischen Bevöl kerung mit knirschenden Bremsklötzen entgegen. Hoch bepackt, mit Betten und Hausrat, Möbelstücken und all den klei nen und großen Dingen des Alltags lebens, an denen jeder je nach Gemüt besonders hängt. Wenn das Bild nicht so erschütternd wäre, konnte
man das kleine grau« Eselchen, das vor diesem Riesen- aesährt müde und apathisch dahertrappest, komisch finden. Die Gesichter der Men schen sind ernst und verschlossen. Auch die Kinder,, die fast immer in ganzen Trauben hinter dem Gefährt herziehen, haben die laute Fröhlichkeit verloren. Flüchtlinge — es ist stets das gleiche er schütternde Bild. Diese hier haben frei willig ihre ganze bewegliche Habe auf Wagen und Tragtiere gepackt, haben ihr Dorf, ihren Herd aus eigenem, hartem Entschluß verlassen