Der Roman im^falksbotell Seite 18 Donnerstag, 2. Februar 1989 Der Schandfleck © AGRIPINA VERLAG • KÖLN „Das is schrecklich, Bauer“, sagte sie leise, „das is ganz schrecklich.“ „Gelt? Ja, mein liebe Leni, wie das damals so mit eins auf mir gelegen is, da is mir vorerst auch drunter der Atem ausgeblieben. Nun sagt mer wohl, wie ’n Menschen leicht ver- dients Glück hochfährtig und unver- dients übermütig machet, so tat’ ihn auch verdient Elend reuig und unver dientes trutzig machen, weiß’s nit
, daß ich s’ mit freien Willen von mir geben und bemüßt z’ruck- g’nommen hätt, so entfremdt mir s’ das, aber so mag ihr jede Sorg’ und Plag’ erinnerlich sein, ich besteh’ als rechter Vater vor ihr und vielleicht erkennt s’ dann mein Treu’.“ „O g’wiß, Bauer, die Burgerl schon!“ „So hab’ ich s’ halt unter mein und der Leut’ Augen aufwachsen lassen, und hab’s kein’m übel g’nommen, wenn er sich in sein Nöten damit ge- trös’t hat, daß auch ’m Grasbodenbau er ein Kreuz aufliegt, das aus kein’m leichten Holz zimmert
, nur, wie um dem Drucke der fremden auszu beugen, spreizte sie die Finger, so flach über die Tischplatte aus, als es die Spule gestattete, plötzlich aber diese hastig aufgreifend, schnellte sie die Hand des Bauern von sich, und dieser erhob sich gleichzeitig, denn Burgerl kam durch den Garten herzu gelaufen. „Vater“, rief sie, „weißt schon, künftig Donnerstag is Kirchtag?!“ „Weiß’s, weiß’s ja ehnder. Was ist dabei Neus?“ fragte der Bauer. „Nix, nit“, lachte Burgerl. „Aber, gelt, Vater, du setz’st dich wohl heuer
auch wieder af ein oder paar Stund’ zun großen Leuten ins Wirtshaus?“ „No, hinschaun muß ich wohl.“ „No, siehst, weil d’ einmal dabei sein mußt, könnt’st mer auch fein gleich ein Kirtag heimbringen.“ „Werd’ dran denken.“ „Aber der Leni auch.“ „Freilich, freilich, auf die werd’ ich doch nit vergessen“, sagte der Bauer und schritt hinweg. „Burgerl“, sagte nach einer Weile Magdalene, indem sie die Kleine an sich zog und ihr mit beiden Händen über das kause Haar strich, „du weißt’s wohl nit und kannst’s wohl auch noch nit
ihre Lust zu haben, und die Erwartung macht mit teilsam. Um Frühmorgen des Tages, der dem Feste vorausging, kniete Magda lene an einem Gemüsebeete, sie hatte Grünzeug ausgestochen, nun aber lüg- te sie mit langem Halse zwischen den obersten, schwanken, schütteren Zweigen der Hecke hindurch, die die sen rückwärtigen Teil des Gartens vom Grasboden schied. Über die Wie se kamen der Bauer und der Knecht Heiner dahergeschritten. Dunkel und scharfumrissen hoben sich in der kla ren, farblosen Morgenluft