. Von Univ.-Prof. Dr. Hermann W o p f n e r. 12 Man hatte die Tiroler auch dadurch zufrieden gestellt, daß man an die Spitze der Landesregierung und des Verteidi gungswesens Männer stellte, die — wenn sie auch keine Tiroler waren — doch durch ihre Tüchtigkeit und ihr volks tümliches Wesen Vertrauen erweckten. Die gemeinsame Not der Kriegsjahre vor 1805 hatte also Tirol und Oester reich enger aneinander geschlossen. Kein Wunder, daß die Tiroler, denen Bayern ihre alten Rechte geraubt
bedeutete. Gerade Bayern gegenüber betrachteten die Tiroler seit alters Oesterreich als eine wertvolle Stütze zur Wahrung ihrer Selbständigkeit. Was den Anschluß Tirols an die Schweiz betrifft, so konnte bereits wiederholt daraus ver wiesen werden, daß in Zeiten, da man in Tirol mit der österreichischen Regierung unzufrieden war, der Gedanke austauchte: Wie wäre es, wenn wir,uns an die Schweizer anschlössen? Auch in dem bereits erwähnten Vorschlag Senn's wird der Anschluß an die Schweiz bediügt ins Auge
gefaßt. Im tirolischen Unterinntal ging in der Zeit zwischen 1805 .und 1809 die Rede unter dem Volk: ,Dei Bayern wollen wir nicht bleiben; entweder müssen wir zur Schweiz oder zu Oesterreich fallen und hilft uns Oesterreich nicht, so helfen wir uns selbst." Auch im Oktober des Jahres 1809 tauchte,neuerdings in Tirol der Gedanke einer Vereinigung mit der Schweiz aus. Auch Napoleon selbst war nach der ersten siegreichen Erhebung der Tiroler (April 1809) mit dem Gedanken hervovgetreten, Tirol
unter brochen werde. Es trat daher'die Regierung durch Ver mittler mit den Tirolern in Verbindung, um mit ihnen den geineinsamen Kampf zu beraten. Der Kaiser Franz wünschte zwar zu wirksamer Unterstützung der österreichi schen Waffen die Erhebung Tirols gegen Bayern und dessen französischen Verbündeten, vermochte aber doch gewisse Be denken nicht zu unterdrücken: Es mochte ihm fraglich erscheinen, ob er berechtigt sei, die Tiroler zu einer Er hebung gegen Bayern zu ermuntern, nachdem doch der Form
nach die Herrschaft Bayerns zu Recht bestand. Ganz entschieden lehnte die Gemahlin des Kaisers, die Kaiserin Ludovika, den Gedanken ab, die Tiroler zur Erhebung gegen Bayern aufzufordern. Sie war zwar eifrig für den Krieg, ihren Anschauungen von Legitimität (Rechtlichkeit und Gesetz) widersprach es aber, daß Oesterreich Tirol zur Er hebung ausreize. „Mit welchem Recht", so schreibt sie an ihren Schwager, den Erzherzog Johann, muntert Oester reich die Tiroler „zur Empörung gegen ihren rechtmäßigen Gebieter