Schnee von gestern : che storia.- (¬Der¬ fahrende Skolast ; 2003,2)
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Author:
Harder, Philipp [Red.] / [Redaktionskollektiv ; Philipp Harder ...]
Place:
Bozen
Publisher:
Südtiroler Hochschüler/innen/schaft
Physical description:
109 S. : Ill.
Language:
Deutsch; Italienisch
Notations:
Beitr. teilw. dt., teilw. ital.
Subject heading:
g.Südtirol ; z.Geschichte ; f.Aufsatzsammlung
Location mark:
III Z 342/2003,2
Intern ID:
331963
Dass Geschichte nicht nur Erfolge beinhaltet (wie manche uns verkaufen wollen) ist klar. Dass sie auch als eine Sammlung des Leidens, der vernichteten Hoffnung, als Geschichte unschuldiger Opfer grausamer Mördern betrachtet werden kann, zeigen die folgende Seiten zürn Schwerpunkt Lager Bozen. Dass auf Ihr wie auf einer Schlachtbank das Glück der Individuen zu Grabe getragen wird, wie Hegel sagt, und er hat das 20. Jahrhundert nicht einmal erlebt. Während der Zeit
der nationalsozialistischen Besatzung zwischen ’43 und ’45, wurde Bozen zur Hauptstadt der Operationszone Alpenvorland. In dieser Zeit befand sich hier auch das größte Konzentrationsla ger auf italienischem Boden. Das NS-Durchgangslager Bozen in der Reschenstraße, das bis zu 3.000 Gefange ne aufnehmen konnte. Etwa 11.500 Menschen wurden zwischen Frühling 1944 und dem 3. Mai 1945 hier gefangen gehalten. 13 Transporte brachten einen Großteil der Inhaftierten in die Vernichtungslager des Dritten Reiches: nach Mauthausen, nach Dachau
, Ravensbrück und Auschwitz. Das Lager Bozen war als „Durchgangs-Lager“ Teil der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie. Wir kennen nur wenige der Geschichten der Opfer, die durch dieses Lager geschleust worden sind, noch können wir uns vorstellen, was dieser Ort, der in unserer Erinne rung so wenig Raum einnimmt, für die Häftlinge bedeutet hat. „Fluchtversuche waren selten, zum Teil deshalb, weil die deutschsprachigen Südtiroier den Italienern und vor allem italienischen Juden feindselig
gegenüberstanden. Die wenigen Gefangenen, die doch aus dem Lager flüchteten, wurden von den Einheimischen gefaßt, an die Lagerwachen überge ben und nach grausamen Foltern hingerichtet.“ (Quelle: Enzyklopädie des Holocaust, Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden) Wir haben versucht, uns der Geschichte des Lagers Bozen auf verschiedene Weise zu nähern: Die Historikerin Barbara Pfeifer gibt einen Überblick, der auch die Nach-Geschichte des Lagers beleuchtet; die Suche nach den Mördern. Zwei
autobiographische Beschreibungen, von Ludwig Karl Ratschiller und Pietro Chiodi, dokumentieren das Geschehene in der ersten Person, als Überlebende. Schließlich gibt es ein Interview zu einem Theaterstück, welches die Geschichte des Lagers, aber auch die Probleme der Erinnerung und des (dramatischen) Umgangs mit Geschichte berührt. Die Geschichte des Lagers Bozen ist auch ein beispielhaftes Stückchen Südtiroler Geschichte. Vergessen, verdrängt, lange Zeit schlicht inexistent. Unsichtbar im gleißenden Licht