und Schmetterlinge auf den Wiesen gefangen, und mit ihm machte sie die tollsten Kletterpartien durch die Waldschluchten, von denen sie zum Entsetzen der Gouvernante nie anders, al» mit beschmutzten Schuhen, zerrissenen Kleidern, zer zausten Haaren und zerkratzten Wangen heimkam. Dann wurde diese» kindliche FreundschastSverhältniß dadurch abge brochen, daß Richard zum Besuch de» Gymnasium» in die Stadt und dann zu jenem der Universität in die Residenz zog. In den Ferien freilich sah man sich wieder, aber d-r Ton
, in dem man miteinander verkehrte, war nicht mehr der alte. Richard trug ein buntes Käppchen, und AlineS Kleider reichten nun schon sast bis zur Erde. Zu Richard sagte man „junger Herr' und zu Aline „Fräulein'. Da konnte man sich auch nicht mehr duzen, man konnte nicht mehr zusammen klettern, und wenn Aline an einsamen Orten auch noch gern die Schuhe auszog, ihr Kleid schürzt« und in den Bach stieg, um die Krebse hinter den Steinen hervor zulangen, so konnte sie das doch in Begleitung Richards un möglich mehr thun
. Zu langweiligen Spaziergängen unter dem Schuhe der strickenden Gouvernante konnte sie sich aber nicht entschließen, und so zog sie sich von dem Freund- Ihrer Kindheit lieber ganz zurück und machte ihre Kletterpartien und Waldpartien allein, fischte allein und fing allein ihre Schmetterlinge, suchte Haselnüsse und Brombeeren und ver» trieb sich allein die Zeit, wie'» ihr eben gefiel. Natürlich konnte sie e» nicht vermeiden, daß ihr Richard hier und da begegnete. Dann begrüßte man sich förmlich, sprach
von den uninteressantesten Dingen und war endlich froh, wenn sich die Wege wieder trennten. Und doch blieben beide dann wieder stehen und sahen sich nacheinander um, heftig er schreckend, wenn sich nun die Augen so plötzlich begegneten. In der letzten Zeit aber war da» Verhältniß geradezu peinlich geworden. Beide errötheten, wo sie sich trafen, beide suchten sich und flohen, wenn sie sich fanden, beide dachten ärgerlich aneinander und dachten doch immer aneinander. Beide waren sie eben verliebt, aber Richard
, ein schüchterner Mensch, hätte sich selbst unter Anwendung der Folter kein Kort von Liebe entreißen lassen, und Aline konnte sich über ihre Gesühle gar keine Rechenschaft geben. Ja, sie ließ sogar da und dort ein Wort fallen, daß Richard ganz ander» ge worden und daß sie ihn nicht mehr leiden möge. * Die Mutter AlineS, Frau von Wallerstein, war die Witwe eine» im Kriege gefallenen Osfizier», die von ihrer bescheidenen Pension leben muhte und sich deshalb, sowie aus Trauer über den Tod ihres Gatten