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Lienzer Zeitung
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Page 19 of 24
Date: 03.03.1900
Physical description: 24
Frau, ich erwarte Sie an der Post.' Frau Feodore Winrich erwiderte herzlich den Gruß des sich Verabschiedenden, dann trat sie an den Tisch der benachbarten Damen, sprach mit jeder freundliche Worte, verabredete für den nächsten Regentag sogar eine Kartenpartie und stieg dann zu ihren Zimmern hinauf, die in der ersten Etage der nächstgelegenen ele ganten Villa sich befanden. „Sie trägt sich wie eine Königin,' sagte die hellblonde, ältere junge Dame, die der schönen Frau nachsah, dabei gar

nicht auf fallend nnd ganz den Jahren angemessen, man findet das selten bei den Damen, die dem Theater angehörten. — Uebrigens der juuge Doktor schien Feuer gefangen zu haben. Ich habe ihn noch nie so angeregt plaudern gehört. Sehen Sie nur, jetzt geht er in den Blumenladen, aha, das Bombardement beginnt.' Die lieblos Urteilenden irrten sich, denn als Leo Ebers nach einer guten halben Stunde auf dem Plateau vor der kleinen, weiß gemauerten Kirche stand und Frau Feodore Winrich mit der kleinen Lisa

sich ihm näherte, überreichte das pünktliche Kind dem Doktor die abgeschriebenen englischen Verse samt der Uebersetznng und erhielt als, Gegengabe ein Sträußchen der prachtvollsten rosa Moosrosen, das sie, nach einem fragenden Blick auf die Mutter, lebhaft dankend annahm und entzückt betrachtete. „Mütterchen, sieh nur, ganz solche Röschen, wie Tante Lenchen sie mir in Karlsbad immer gebracht.' „Ja, ja, mein Kind, geh nur, geh,' wehrte die Frau ab, hasti ger, als es sonst ihre Gewohnheit dem Kinde gegenüber

war; es schien fast, als wolle sie dasselbe verhindern, weiter zn erzählen. Dann schritten die Drei den steilen Berg hinan, bei dessen mühsamer Besteigung kein eingehendes Gespräch zu stände kam. Lisa pflückte Beeren und Blumen, die sie triumphierend der Mutter brachte; kurz vor dem Gipfel der Höhe trafen sie.die Berliner, Herrn und Frau Malten nebst Hertha. Die Kinder freuten sich mit einander, und dies gab Grund genug zu einem kleinen Verweilen, bei dem die Damen sich bekannt machten. Auch Doktor Ebers

stellte sich dem Ehepaar vor, bald waren in weltmännischer Art gemeinsame Beziehungen gefunden, und verräterisch zuckte es im Gesicht des jungen Mannes, als die leb haste Frau Malten ihu plötzlich fragte: „Haben wir uns nicht schon einmal bei dem Fabrikbesitzer Rungersdorf gesehen? Frau Wanda ist eine gute Bekannte von mir; schrecklich, daß die arme Frau das Unglück mit dem Sohne gehabt, das wird sie auch nie verwinden; auch er leidet furchtbar darunter. Ich habe sie lange nicht gesprochen, weiß kaum

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Lienzer Zeitung
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Page 22 of 32
Date: 19.01.1907
Physical description: 32
hatte die Speudierhose an. Es ging lustig unter den dreien her. Karows ward immer selbstbewußter; sein Mut stieg bis ins Un endliche. Er sah alles im rosigsten Lichte; sogar das Antlitz seines gestrengen Hausthraunen nahm lieblich aufmunternde Züge an, wenn er Frau Thusneldas gedachte. Zuletzt entschwand sie ihm ganz. Prühs gehörte auch zu den vielen, die Wein, Weib und Gesang lieben — so landeten die fidelen Brüder um zwölf in einer Sing halle auf St. Pauli. Das Abendessen im Prühsschen Hsnse war total vergessen

. — Frau Thusnelda begann um halb acht bereits unruhig zu werden. Die Herren mußten selbstverständlich noch ein wenig Toilette machen, wenn die Familie auch nur unter sich war. Die jungen Mädchen schmückten sich schon seit einer Stunde. Es war doch immer ein junger Mann zugegen und gefallen will man. Um acht standen Mutter und Töchter völlig gerichtet da. Und man wartete. Aber man wartete vergebeus. Um halb neun riß Frau Thusnelda die Geduld. Und gerade wollten die Wüterichscheu Damen

sich ohne ihre Herren auf den Weg machen, als Engeline, ganz aufgeregt, ankam. Als es an der Entreetür läutete, glaubte Frau Wüterich nicht anders, als daß ihre Herren endlich anrückten. Schon straffte sich ihr voller Körper zum Angriff, denn selbst des jungen Kostgängers Gegenwart wäre nicht imstande gewesen, den überschäumenden Krug ihrer Galle zu hemmen. Aber es waren nicht die Herren. „Weshalb kommt ihr denn nicht?' rief Engeline, atemlos vom hastigen Laufen. „Mein Essen verschmort auf dem Herde.' „Wir warten

auf unsere Herren,' stieß Frau Wüterich bebend vor Wut heraus. „Hätte ich sie nur nicht sortgelassen. Den Männern ist niemals zu trauen.' „Fritz ist auch noch nicht da,' berichtete Engeline kleinlaut. „Siehst du, das kommt von den Überstunden!' rief Frau Thus nelda fast triumphierend. „Es ist aber noch nie passiert,' klagte Zie junge Frau. „Viel leicht wird er länger aufgehalten.' „Ach, Unsinn, das kennt man,' fiel ihr die Mutter resolut ins Wort. „Mir sind die überstunden schon immer verdächtig

, nachdem man Lotti noch eingeschärft, die Herren sofort nachzuschicken, wenn sie kämen. „Mich däucht,' sagte Anna, das Dienstmädchen, als sie mit Fräulein Lotti allein war, „unse Herr schlägt mal 'n büschen über'n Schwengel. Ich freue mir für ihm, denn so 'ne kleine Vermünte- rnng tut ihn wi'irklich mal not. Abersten doch, Fräulein, möchte ich nich in seine Haut mich stecken. Passen Sie auf, das gibt waZ, Unse Frau ist geladen.' Lotti verwies dem Mädchen Wohl die ungebührliche Rede, aber heimlich mnßte

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Page 14 of 20
Date: 23.02.1912
Physical description: 20
l' „Da kommt Frau Apotheker!' rief Selms. „Wo?' tönte es aus sämtlichen Kehlen zurück. Und tatsächlich — da trat sie in den Saal. Wie ein stolzes majestätisches Schiff rauschte sie herein. Sie trug ein ganz neues, fliederfarbenes Seidenkleid, das mit den kostbaren, alten, dicken, venetianifchen Spitzen garniert war, die zu den Berühmtheiten Klingenheims gehörten und für alle Klingenheimer Damen den Gegenstand oittersten Neides bildeten. An dem imposanten Busen und in der prächtigen Frisur

erzählt, oder war »s möglich, daß fich jemand wirklich so verstellen konnte? Doch wo war ihr Mann, wo war Antoinette, wo Herr Nebenius? In der um die Frau Bürgermeister versammelten Gruppe nzar es, als Frau Emmeline jetzt auf diese zutrat, mäuschenstill geworden. Den Fächer heftig in Bewegung setzend, wehte sie hrem Gesicht Kühlung zu und sagte: „Guten Abend, Frau Bürger meister ! Guten Abend, meine Damen! Mein Mann und Antoi nette kommen nach. Finden Sie nicht auch, daß es schon wieder lehr warm

hier ist?' „Die vielen Lichter', entgegnete die Frau Bürgermeister mit scheinbarer Unbefangenheit. „Man geht ja auch bald in den Garten,' gab die Gattin des Konrektors, eine kleine, zarte Dame, das ihrige dazu, „die Lam pions werden schon angezündet.' Eine etwas verlegene Pause entstand. Husten und Räuspern wurde in dem Kreise vernehmlich, und auf allen Gesichtern, von Venen sich die Frau Apotheker umringt sah, stand zu lesen, daß hier noch etwas in der Luft lag. „Herr Nebenius kommt wohl heute nicht?' ergriff Selma

^rit harmlosem Lächeln als die Keckste wieder das Wort. Ein nskalter Blick traf sie aus Frau Emmelines Augen. Wenn ihr 'charfer Verstand ihr nicht schon vorher verraten hätte, daß man hier über das Geschehene bereits informiert war — diese Person hätte es sie jetzt merken lassen müssen. So aber war sie zur Genüge vorbereitet. „Darauf, meine Liebe,' entgegnete sie in «ahrhaft großartiger Gelassenheit, „vermag ich Ihnen keine Auskunft zu geben. Was Herr Nebenius in Zukunft tut oder Ächt tut

, ist für mich und für meine Tochter Antoinette fortan sollständig gleichgültig.' Der Bann war gelöst, die Geschichte hatte also ihre Richtigkeit — eine Bewegung ging durch die ganze Gruppe. „Aber das heißt ja, Frau Apotheker, das würde ja heißen —,' erwiderte Selma als Wortführerin, nur noch mit Mühe ihren ^eudigen Triumph beherrschend, „daß —' Sie stockte. „Nun, was würde es heißen?' half ihr die bewunderungs würdige Frau mit souveräner Seelenruhe ein. Nur der Fächer Zn ihrer Hand bewegte sich etwas schneller. „Daß Antoinettens

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Page 34 of 36
Date: 15.04.1911
Physical description: 36
, sondern, daß er, der Heimlichgeliebte, nun wirklich zum Osterfeste kam. — Ihr Herz war so voll Jubel über diese Nachricht, daß sie den mit freudigem Gebell an ihr hoch springenden Hofhund, den Karo, in Ermangelung eines besser dazu geeigneten Gegenstandes, in ihre Arme schloß. Als sie nun oben im Wohnzimmer bei der Mutter eintrat, kam ihr diese, eine kleine, korpulente Frau, in große rAufregung entgegen: „Wo steckst du denn nur so lange, Rose; die Kirche ist doch längst aus, und wir hatten eben einen so interessanten Besuch

zu geben, mit den Schultern zu zucken; sie wußte ja, wenn ihre liebe Mama auf dieses Thema kam, war Schweigen das beste; auf ihre Oster- freude war aber durch diese Einladung ein leichter Reif gefallen, und bedrückt ging sie aus dem Zimmer. Frau Keilholz dagegen, deren Brust geschwellt war von der Hoffnung auf einen adligen Schwiegersohn, mochte es im Zimmer zu eng zu werden, denn sie eilte hinunter in den österlich sprossen den Garten; dort bückte sie sich, um aus den ersten Frühlings kindern

einen kleinen Strauß zu binden, als Schmuck für die Mittagstafel; niemals wäre der ziemlich nüchtern in das Leben schauenden Frau sonst so etwas zu tun in den Sinn gekommen; aber heute, in ihrer gehobenen Stimmung, mußte sie diese auch durch eine Äußerlichkeit kundgeben. Der laute Zuruf: „Guten Morgen, Frau Gevatter!' ließ sie erschrocken von ihrer Beschäftigung auffahren. Ein Mann, eine wahre Hünengestalt, in hohen bestaubten Stiefeln und großem Schlapphut stand vor ihr. „Ach Gott, Sie sind's, Doktor

, wie Sie mich erschreckt haben?' „War gar keine Ursache dazu, sind doch sonst keine von den neumodischen Zimperlichen mit den schwachen Nerven; aber potz tausend, bin da vorhin dem Assessor, dem Kitzerstein, begegnet; er sagte mir, daß er hier auf Kötfchau gewesen; will Ihr Mann etwa gar sein Testament machen?' dabei schüttelte er der Frau Gutsbesitzer kräftig die Hand. Tie kleine dicke Frau sah den Sprecher verdutzt an: „Um Himmels willen, Doktor, was reden Sie da? Ohne das bißchen Zipperlein wäre mein August

doch kerngesund, tut ihm doch sonst keine Ader weh, und —' „Der Doktor Birkfeld verdient sein Jahresfixum auf Kötfchau mit Sünden, das wollten Sie doch bemerken', siel jener lachend ein, „denn die Frau Gevatter selber ist ja so gesund wie ein Fisch im Wasser; jeden anderen auf dem Gute kuriert sie mit den Er zeugnissen ihres Kräutergärtleins. — Wie steht's, hatte sich vielleicht der Herr Assessor auch für irgendein Leiden etwas bei der ,klugen Frau^ holen wollen? Nun, ich rate Ihnen, geben Sie dem Herrn

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Page 3 of 10
Date: 04.01.1941
Physical description: 10
der Mädels, die singend durch den stillen Abend abzogen. Erst gegen 10 Uhr war man wieder in Cranz. Man trennte sich aber noch nicht, sondern verlebte noch einen vergnügten Abend bei Tanz und Sekt. Die Veranlassung war natürlich Eva. Sie bat und bettelte so lange, bis man ihr den Wunsch erfüllte und am Tanzabend teil nahm. Ihre Verehrer, die sich beim Auftauchen des Gatten und Bruders der jungen Frau etwas erschreckt zurückgezogen hatten, wag ten wieder in Erscheinung zu treten, umring ten sie huldigend

Antwort: „Gedulde dich nur noch ein bißchen, mein Junge, wir fahren bald, jetzt aber ist es noch nicht so weit.' „Was ist noch nicht so weit, Bodo?' fragte er den Bruder. „Weih ich nicht — interessiert mich auch nicht im geringsten', entgegnete er. Aber andere Fahrten zu Schiff und mit dem Wagen wurden gemacht. Frau Weber war eine kundige Führerin durch das schöne ostpreußische Land mit all seinen Herrlich keiten. Kreuz und quer durchfuhr man es und ließ sich von feinem eigenartigen Zau ber

. Sie hatten es nicht übelgenommen und sie begrif fen, daß Frau Hilde mit ihren Angehörigen dieses Erlebnis allein haben wollt«. Es herrschte die fröhlichste Stimmung unter den Fahrenden. Claus saß neben der Tante an? Steuer und hatte unaufhörlich zu fragen. Dabei sah er sich aufmerksam in der Gegend MlMIIMIIHMIIMUMIIMMlIMINIMIMlMlMMIMIMMIIMIIIIINIMMMMIMMMMIIIttMMIIIMMMMIMMIIIMIIIIIIMIIMIIIIMIIMMIIIII Vater und Goyn «tue <Stra«v von SRG Morl BStttyer und Landschaft um. Ihn interessiert« tausen derlei, über das Bodo oft lachen

mußte. Er nannte ihn neckend, weil er so gut Bescheid über allerlei landwirtschaftliche Dinge wußte, den „großen Agrarier', und empfahl ihm, sich schon jetzt unter den Töchtern des ostpreu ßischen Landes umzusehen, vielleicht könnte er irgendwo mal einheiraten oder zumindest eine Erbhofbäuerin kriegen: „Auf alle Fälle nimm dir mal ein reiches Mädel.' „Das wändest du natürlich machen, du be quemer Knabe. Ich will erst ein Stück Land und dann die Frau. Hauptbedingung ist aber, sie muß tüchtig

, du bist ja der Altere von uns. Nicht wahr, Tante, er hat den Vortritt.' „Entschieden!' stimmte lachend Frau Hilde Claus zu. „Ich pfeife auf alle Frauen — alles Unheil kommt von ihnen.' Heftig und böse klang es, wie es Bodo sagte. „Du bist sehr unhöflich gegen Tonte und mich, Bodo!' „Die Anwesenden sind natürlich ausge schlossen, Lore! Außerdem kann ich ehren wörtlich beschwören, daß ich Tante Hilde und dich für Perlen eures Geschlechts halte.' „Fein hast du das gesagt, Bodo, daraufhin verzeihe

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Page 12 of 32
Date: 18.03.1911
Physical description: 32
ihr her. „Hihihi,' gellt es ihnen nach und „hinaus mit der Bande, Rrrr!' krächzt Pipo. Frau Huber verschwindet ebenfalls. Herr Huber wälzt sich vor Lachen auf dem 5ofa und stöhnt: „Der Vogel ist unbezahlbar, unbezahlbar!' Damit schien Pipos Sprechlaune wieder zu <Lnde zu sein. Tage vergingen, kein A?ort entfloh mehr dem Gehege seines Schnabels. Der Zorn der weiblichen Mitglieder des Hau ses Huber war schon verraucht; Heute sollte nun das Aränzchen bei Frau Huber stattfinden, tange dachte diese darüber

nach, ob sie während der Zeit Pipo aus der guten Stube entfernen solle oder nicht. Aber sie konnte es doch nicht übers Herz bringen, vor ihren Freundinnen das Geschenk ihres TNannes zu verbergen; diese sollten sich nur giften und das täten sie gewiß. Also blieb Pipo. pünktlich fanden sich die Aränzchendamen ein, von Frau Huber und Fräulein Rosa aufs freundlichste begrüßt. Alle bewunderten ge ziemend das Geburtstagsgeschenk und waren «inig darüber, daß Pipo ein reizendes Tier chen sei. Im Geheimen dachten sie natürlich

. Hubers haben doch immer etwas Besonderes. Die Hausfrau und ihre Tochter waren für einige Zeit abwesend, um die letzten Vor bereitungen zum Aaffee zu treffen. Die Frau Schuldirektor konnte sichs nicht versagen, zu j?ipo zu treten und ihm allerlei Schönes zu sagen. „Alte Alatschliesel Rrrr!' ertönte plötz lich dessen Stimme. Die Frau Direktor zuckte zusammen und begab sich indigniert auf ihren Platz, während ein schadenfrohes Lächeln über die Gesichter der anderen Damen huschte. ZNittlerweile setzte

man sich zu Tische. Die Frau Rat kramte ihre Neuigkeiten aus und wußte wieder Schauergeschichten hauptsächlich über eine heute nicht anwesende Freundin zu berichten. „Ia denken Sie sich meine Damen, wie schrecklich! Die Schwester einer Freundin einer Base meiner Großtante hat es meiner Tante erzählt, wie Frau Zt. — —„Die lügt das Blaue vom Himmel herab, Rrrrl' fährt Pipo dazwischen. Die Wirkung ist furcht bar, der Frau Rat entfällt klirrend die Tasse und zersplittert. Sie ist aus dem schönen Dut zend der Frau

Huber. Fräulein Rosa möchte sich am liebsten verkriechen. Frau Huber weiß nicht was sie sagen soll, einige Damen sind entrüstet, einige aber freuen sich königlich, am meisten Fräulein Amanda, eine gleichalterige Freundin der Haustochter, und die Frau Gber» lehrer. Allmählich beruhigt man sich wieder und der Aaffce geht ohne weitere Fährlichkeiteiv vorüber. Danach treten Fräulein Amanda^ und Frau Dberlehrer vor Pipo und reichen ihm, gleichsam als Belohnung, die eine ei^ Stück Zucker

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Page 27 of 40
Date: 13.08.1910
Physical description: 40
. 8. Johannsens nicht übermäßig große Wohnung war festlich ge schmückt. Aber sie reichte gerade zum gemeinsamen Hochzeits festmahl, zum Tanz für die Jugend und zum Spielchen für die Alten, wenn man sich ein wenig begnügte und einschränkte. Der erste Teil des Festes war schon vorüber; der Standesbeamte hatte die Ehe des jungen Paares feierlich geschlossen und der alle Pfarrer von St. Johannis eine sehr schöne Rede gehalten. Frau Jokiannsen hatte reichlich Tränen vergossen, und auch Johannsen

selbst, der Brautvater, war recht rührselig gewesen. Jetzt stand er vor dem Spiegel in seiner Kammer, ließ sich von seiner Gattin den verrutschten Schlips wieder festbinden und mit der Bürste über den Gehrock streichen. „Was hast du, Alterchen?' fragte die Frau, die schon ganz im Eifer der verantwortlichen dirigierenden Hausfrau driusteckte und bald zum gedeckten Tisch eilte, um Fehlendes zu ergänzen, dann wieder in die Küche zu der Kochfrau hmhuschte, welche in einer Wolke von Bratendust und anderen Gerüchen

herumhantierte. „Was hast du nur, Johannsen? Ich denke, wir könnten nun recht vergnügt sein. Nun ist unsere Helene ja soweit. Mach mir nichts vor — dich bedrückt etwas. Ich kenne deine Gesichter.' „Laß gut sein, liebe Sophie — wir reden davon ein andermal.' Frau Sophie Johannsen war aber gar nicht für Geheimnisse, die sie nicht wußte. Sie quengelte denn auch so lange an ihrem Gatten herum, bis sie es heraushatte. „Geschäftliche Sorgen, Sophie — sie passen wenig für Hoch zeitsleute.' „Einerlei, ich muß

. Er macht doch nicht Bankerott?' „So weit ist es wohl noch nicht. Gestern rief mich der alte Precht in sein Kontor. Mein lieber Johannsen / sagte er, ,es wäre vergeblich, Ihnen noch länger verheimlichen zu wollen, wie es mit mir steht.' Dabei zeigte er mir mit finsterem Gesicht die letzte Korrespondenz, die er ganz allein geführt hatte.' „Das schöne Geschäft,' jammerte Frau Sophie. „Wer hätte das für möglich gehalten!' „Er bat mich um meinen Rat, aber da war guter Rat teuer. Unsere Londoner

und können davon wohl leben. Helene ist versorgt und hat einen braven Mann. Aber daß dies schöne Geschäft einen solchen Ausgang haben soll — jetzt nach der Jahrhundertfeier —' „Der arme Mann!' seufzte auch Frau Sophie. „Und die gute Frau Senawr und das liebe junge Fräulein —' 9 -i—-- „Lieber Alter, es ist doch besser, man hat nicht so viel Geld. Dann weiß man auch nicht, wie einem zumute ist, der das alles hergeben muß. Wie nimmt's denn der junge Precht aus?' „Der arbeitet wie ein Pferd. Wenn's mit der Arbeit

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Page 4 of 10
Date: 21.09.1940
Physical description: 10
Samstag den ZI. September !S4S Folge 38 — Seite ? K0N4« «ULK VG«! 5WGSSSL wvkic» ^KULLLK-KL(.U5i>8QU^?X: (18. Fortsetzung.) Und die junge Frau? „Donnerwetter noch mal!' dachte Vater Gasteiner, „die ist ja noch schöner geworden und — wie es schien — auch liebenswürdiger!' Sehr angenehm empfand es der alte Herr, daß Eva wieder holt seine Hand streichelte und ihm liebe Worte sagte. „Ich will mich mit dem Vater gut stellen', hatte sich Eva vorgenommen, und gleich am ersten Tage begann

anschauen. Kleine Frau, was hast du denn? Du bist ja auf einmal so blaß geworden, vorhin blühtest du doch wie ein Röslein!' ^ Jens sah Eva besorgt an und nahm ihre Hand. „Vater hat recht, Liebling. Hat dich diese lange Fahrt ermüdet? Willst du dich zurückziehen? Vater nimmt es dir bestimmt nicht übel.' „Ach, kein Gedanke, Jens. Ich bin mun ter wie ein Fisch im Wasser. Nein, Vater, du darfst noch nicht aufbrechen.' Sie zog den alten Herrn, der sich erhoben hatte, wie der in den Sessel nieder

, so grausam sind wir nicht, Evchen! Vater soll uns jetzt mal von deinen Bodmer- leuten erzählen und der sagenhaften amerika nischen Tante, von der Lore so geschwärmt hat.' „Oh, die Tante Hilde, das ist ein ganz be sonderes Kapitel. Eine großartige Frau ist sie! Von der muß ich euch ganz ausführlich berichten, aber heute nicht mehr, dazu ist es zu spät. Jetzt wird Schluß gemacht und zu Bett gegangen, morgen reden wir weiter zusammen. Ich will noch so viel von euch und eurer Reise hören. Ich schlage

. Er ißt sonst drüben in der Kantine mit den anderen Herren. Ach, Eva, da fällt mir ein, Fräulein Schwarz läßt dir sagen, du solltest dich nicht morgen früh um das Frühstück kümmern. Unser Mädchen bringt euch alles runter.' „Vielen Dank, aber es wäre nicht nötig gewesen. Ich hätte meinen Herrn und Gebieter schon nicht verhungern lassen. Kaffeekochen kann ich wenigstens.' „Allerhand Hochachtung, kleine Frau! Das ist mehr, als ich von dir erwartet habe', klang es in lustigem Spott zurück. Tief und fest

schlief Jens Gasteiner noch am nächsten Morgen, da erhob sich vorsichtig seine junge Frau, zog sich leise im Dunkeln an und schlich aus dem Schlafzimmer. Trotz dem alle Räume durch die Heizung erwärmt waren, fröstelte sie und zog den weißen, flau schigen Morgenrock fester um sich. Im An- kleidezimmer knipste sie Licht an und kramte -aus den noch nicht ausgepackten Koffern hastig ihre Schreibmappe hervor. Dann eilte sie damit in ihr hellblau und weiß gehaltenes Damenzimmer und setzte

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Page 5 of 12
Date: 19.08.1939
Physical description: 12
kommt er nicht dazu. Denn hell und silbern klingt die Stimme der blon den Frau auf. „Ich danke Ihnen, Herr Wenger, daß Sie so tapfer für die Artisten eingetreten sind.' Ihre grauen Augen blicken dabei dankbar aus Hans, der sie verwundert anschaut. Higgins Baßstimme tönt auf. „Sie müssen das understand — MißKeele ist selbst Artistin — Schulreiterin', er klärt er. Der Iustizrat klopft in diesem Augenblick scharf mit einem langen Bleistift auf den Tisch. „Wir müssen jetzt endlich zur Sache kom men

mit ihr den Beeten und Büschen zugeht. Wie kann sie nur so auf dringlich sein. Aber James Higgins ist auch ein Mann, der einem Mädel wohl gefallen kann — noch dazu einem Mädchen, das so wenig von der weiten und bunten Welt da draußen weiß, aus der dieser Mister Hig gins in das Idyll von Ridagshausen hinein geschneit ist. „Aber, Kurtchen, du ißt ja kaum etwas, fehlt dir etwas?' Frau Christine Wolter, die gerade im La den eine Kundin bedient hat, ist in das kleine Zimmer zurückgekehrt, das neben dem Verkaufsraum

liegt, um das unterbrochene zweite Frühstück mit ihrem Sohn fortzu setzen. „Nein, Mama, mir fehlt nichts. Es ist wohl nur sehr warm heute früh, da hat man nicht den rechten Appetit.' Unsicher blickt Kurt Wolter über den ge deckten Tisch,zu seiner Mutter auf. Sie ist eine noch recht stattliche Frau, die Witwe des Maschinenfabrikanten Georg Wolter, der in den ersten Tagen des August 1914 auf einer Patrouille in Lothringen fiel. Aber die feinen, tiefen Linien um Mund und Augen in diesem Frauengesicht

du etwas auf dem Herzen? Du bist überhaupt so komisch heute morgen. Kurtchen.' Endlich faßt sich Kurt Wolter ein Herz: „Liebe Mama, erschrick nicht, ich mutz dir etwas sagen. Etwas Wichtiges.' Frau Wolter hat sich niedergesetzt. Ihr Blick läßt nicht von dem Sohn. Der spielt un ruhig mit seiner Krawatte. Jetzt gibt er sich einen Ruck. „Ich liebe ein Mädchen, Mama, und möchte mich mit ihr verloben.' Jetzt zuckt wirklich Angst über das Gesicht der Frau. Ihre Stimme verschärft sich zu einem leidenden, anklagenden Ton

, diesen Ton, den Kurt so von Jugend an fürchtet. „Kurt, es ist unerhört, mir mit dieser alten Geschichte zu kommen. Du hast schon vor Monaten darüber hergeredet, ich habe es dir verboten. Du wirst deine Mutter doch nicht wegen eines hergelaufenen Mädchens verlassen — das habe ich nicht verdient, wie du mich nur so aufregen kannst.' Sie ist wirklich aufgeregt, die Frau Wol ter. Ihre Hände, die auf der Tischdecke lie gen, zittern. Ganz schmal wird der Mund. Rote Flecken stehen auf den Wangen. Kurt kennt

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Page 20 of 26
Date: 04.03.1905
Physical description: 26
den; sie fühlte sich ordentlich erwachsen, als ein Wesen, das Be achtung fand, das begehrt wurde. Gleich einem Kinde hatte sie auf der Wiese Blumen pflücken wollen, und nun brachte sie eiuen Strauß wonniger Erinnerungen mit, der ihr ganzes Leben durch- dnftete. Wie schade, daß der süße Traum durch die drohende Treuuuug zerstört werden würde, — Während des Mahles tauschte Waldemar wiederholt eiuen Blick mit seiner Frau, als wolle er sich bei ihr Mut holen für das, was er vorhatte

. Und da war seine Frau ans den glorreichen Gedanken gekommen, er solle sich an die Mntter in Dornhausen wenden. „Sie hat so wenig Bedürfnisse,' bemerkte Stephanie. „Was fängt sie mit all ihrem Gelde an? Das könnte durch dich besser verwertet werden als es jetzt der Fall ist.' Mit seltener Einigkeit stimmte Waldemar ihr bei. „Der Himmel selbst hat dir diese gute Idee eiugegebeu.' Der Himmel nicht — eher der Teufel! Aber darin irren sich die Menschen nur zu leicht. So wurde denn Erna instruiert, um die Großmutter

sie, ihm mißtrauisch nachblickend. Als er ins Eßzimmer zurückkehrte, setzte er sich ueben seine Mutter. „Na, Mama,' begann er mit einem kühnen Anlauf, „wie würde dir sein, wenn ich dir sagte, daß du eiuen zukünftigen Millionär vor dir siehst?' „Was? Du?' fragte Frau Berger überrascht. „Ja, ich,' bestätigte er. „Habe ein ganz pompöses Geschäft in Händen, das uns steinreich machen wird. Du sollst bald vier spännig fahren.' „O, behalte nnr alles für dich und die deinen,' wehrte die Mutter lächelnd ab. „Ich zähle

nicht mit dabei, denn in meinem Alter hat man nur uoch wenig Bedürfnisse, und um zur Kirche zu gelangen, brauche ich keine Equipage.' „Pah! Das sind gauz spießbürgerliche Ansichten,' fiel Walde mar ein. „Man kann auch im Alter noch genießen.' „Wozu?' widersprach Frau Berger sauft. „Warum nicht ein fach leben, wenn man sich wohl dabei fühlt. Doch erzähl' mir von deinem Geschäft. Das interessiert mich.' „'s ist ein großartiges Unternehmen,' erklärte ihr Waldemar. „Ein Dutzend Kapitalisten

. „Die Erbschaft des Baters und die Mitgift deiner Frau!' warf die Mutter ein. „Ist das nicht ein wenig unvorsichtig?' „Pah, man mnß das Glück festhalten, wenn es einem entgegen kommt,' gab Waldemar in leichtem Ton znrück. „Das ist die Pflicht eines Familienvaters. Solch eine Gelegenheit bietet sich nicht alle Tage. Bedenke uur: für dich eiu angenehmes Alter iu Reichtum uud Wohlleben; für Erna die glänzendste Znknnst, eine reiche Erbin, die nur zu wählen braucht —' Z -I'»- „Weißt du, Papa,' unterbrach ihn Erna

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Page 25 of 26
Date: 12.01.1907
Physical description: 26
Darauf sagtc die beleidigte Dame: „Aber Sie versprachen mir doch, daß Sie selber über das Buch schreiben wollten?' Zustimmend nickte er: „Gewiß, gnädige Frau, und ich hätte mein Versprechen auch sicher erfüllt, leider aber fand ich bisher noch nicht die Zeit, das Bnch zu lesen; und da der Roman bei den andern Büchern lag, die uns zur Besprechung eingeschickt waren, so hat eben mein Kollege, der sonst die Kritiken zu schreiben Pflegt, Ihr Buch gefunden und es ohne mein Wissen

und Wollen besprochen. Sie sehen also, gnädige Frau, daß ich schuldlos an dem Unglück bin, und ich hoffe und bitte darum, daß Sie mir deswegen nun nicht mehr zürnen, gnädige Frau!' Die gekränkte Dichterin war nun freilich nicht mehr so böse, aber sie blieb immerhin noch ein wenig zurückhaltend, indem sie mit Resignation sagte: „Also war es ein unglücklicher Zufall!' Dazu nickte Fritz nur; bei sich aber dachte er: für mich war es ein glücklicher Zufall! ^ In diesem Augenblick erschien Lolo. Mit heiterem Gesicht

uns ja, beste Mama! Ich soll ja seine Frau werden!' Nun ergriff auch Fritz die Gelegenheit; mit der Kleinen Arm in Arm bat nun auch er: „Ja, gnädige Frau, geben Sie uns Ihren Segen! Ich liebe Lolo und erbitte sie von Ihnen zur Frau!' ^Und da kam der Mama ein Gedanke: halt, dachte sie, wenn er erst dein Schwiegersohn ist, dann darf er dich doch nicht wieder verreißen, wenn du einen Roman veröffentlichst.' — Das stimmte sie milder, und deshalb sagte sie nun lächelnd: „Die Sache kommt mir ein wenig

.' Einen Augenblick trafen sich ihre Blicke und ruhten ineinander. Dann sagte der Alte: „Ich verzeihe Ihnen, mein lieber, junger Freund — aber nun noch etwas' — und hier begann er wieder behaglich zu schmunzeln — „wenn Sie nun wirklich unser Schwieger sohn werden sollten, dann versprechen Sie mir, daß Sie sich nie beeinflussen lassen, deshalb über ein schlechtes Buch meiner Frau eine gute Rezension zu schreiben.' „Das verspreche ich Ihnen gern, mein lieber Herr Kommerzien rat!' rief Fritz heiter. „Das ist nämlich

die einzige Möglichkeit, meine Frau von ihrer Marotte zu befreien; so, und nun will ich Lolo rufen lassen.' Eine Minute später stand das junge Paar in glückseliger Freude vor dem alten Herrn, der den beiden Kindern seinen väterlichen Segen gab. Als dann die Frau Mama erschien, mußte sie natürlich auch ja sagen — und sie tat es auch ganz gern, weil sie wirklich hoffte, in dem jungen Schwiegersohn einen Buudesgenossen gefunden zu haben — sie aHute eben nicht, die arme, verkannte Dichterin

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Page 10 of 24
Date: 18.03.1913
Physical description: 24
der Mama benachrichtigte, strich Frau Aurelie ihrem Gatten zärtlich und gerührt über den spärlich bewachsenen Scheitel. — „Knieserke.' sagte sie, „ich bewundere Dich!' Der nächste Vormittag war von Frau Kniesecke dazu aus ersehen worden, den Salon „gründlich' rein zu machen, und da dies Werk stets eine ungeteilte Hingabe seitens sämtlicher weiblicher Hausgenossen beanspruchte, so bestand das Mittagessen meistens aus „Gewärmtem' — in vorliegendem Falle aus den Resten eines umfangreichen Rinderbratens

vom Tage zuvor. Es schlug eben halb Eins, als Frau Aurelie Aufatmend den Staublappen in das gestickte Körbchen steckte, da tönte drautzen die Flurglocke. Eine tiefe Stimme — eine sehr schvrfe, helle — mein Gott, das war doch — und richtig, einen Moment später trat der Onkel Obersteuerrat, Zierde und Stolz der ganzen Kniesecke'schen Sippe, mit seiner Gattin, geb. von Zippelskirch. ins Zimmer. „Ach, wie reizend von Euch! So liebe Gäste!' sagte Frau Aurelie und nötigte zum Sitzen, während sie im stillen

war eS halb vier geworden, und Kniesecke hatte eben feiner Frau zugeraunt: „Jetzt mach' schnell Kaffee, und dann müssen sie doch gehen!' Da — r—r—rrr — ging draußen gellend die Klingel. Nichts gutes ahnend, stürzten Frau Aurelie und Hulda zur Tür. öffneten — Und vor ihnen stand die Familie Wisteberg, sechs Mann hoch, festlich geputzt. — „Ach, wir kommen wohl zn früh?' erkundigte sich Frau Wisteberg etwas pikiert, „aber Sie hatten uns doch zn nm halb vier eingeladen.' „Ja. ja — eingeladen —' wiederholte

Frau Kniesecke wie geistesabwesend. „Und es riecht doch auch schon so schön nach Kaffee.' „Nach Kaffee', stammelte Hulda mit schlotternden Knien. In diesem Augenblick tappste es mit wuchtigen Schritten die Treppe hinauf. „Ist das hier richtig bei Kuiefecke's? Na, da wären denn die Gaskronen — Sie möchten sich eine aussuchen, die beiden anderen hole ich morgen ivieder ab.' Jetzt erschien Vater Kniesecke, von dem Lärm angelockt, auf der Bildfläche. „Was, was — Gaskronen? Das izt ein Irrtum

!' — „I bewahre, nich zu machen', erwiderte der Bliisenmann grob, „hier ist die Bestellung, allens in Ordnung wie Sie sehen. — AdjeS derweil!' Kniesecke nahm die Karte, ihm wurde schwarz-weiß vor Augen. Frau Aurelie warf der totenblassen Hulda einen un beschreiblichen Blick zu und wollte eben zum Sprechen ansetzen, als sich von hinten zwei Arme sest um ihren Hals legten. „Äebe, teuerste Aurelie — wie glücklich bin ich. Dich so wohl und frisch zu sehen. Wie habe ich mich geängstigt, als die Nachricht

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Page 3 of 8
Date: 26.03.1941
Physical description: 8
Stimmung, seit der Baron von seiner Wer bung um Irmgard tief verletzt zurückgekehrt war. Er fprach darüber nicht zu seinen Söhnen. Er sprach überhaupt wenig. Er fühlte sich durch den Hohn, den Frau von Bercken ihm angetan, auch vor den Söhnen gedemütigt. Diese aber beobachteten den Va ter besorgt, und besonders Egon tat dem Vater Liebes an, wo immer er konnte. Gaten schien es nicht einmal zu bemerken. Erst nach etwa zwei Wochen, als ein dickes Schreiben von einem unbekannten Rechts anwalt für den Baron

eintraf, wandelte sich' dies, Gaten stieg das Blut siedendheiß in dix., Schläfen, als er das Schriftstück in Empfang nahm. Er schloß sich ein damit. Als er nach einer Stunde das Antwort schreiben, mit seinem eigenen Wappenring versiegelt, in die Postmappe tat, atmete er freier und wurde nun allmählich wieder der Alte. Frau von Bercken aber las mit Verwun derung, was ihr Anwalt ihr zusandte: „Ich muß ein Anerbieten ablehnen, um das ich nicht gebeten habe. Frau Irmgard von Ber- cken-Bittenfeldt scheint

das Herz mit der Geldbörse verwechselt zu haben, wovon ich bedauernd Kenntnis nehme.' Frau Irmgard konnte keine Erklärung finden. War sie wirklich zu beleidigend ge wesen? Auf die Schmach hin, die Gaten ihr hatte antun wollen, als er um ihr Herz ge worben und ihr Vermögen gemeint hatte? Hatte sich sein Stolz aufgebäumt gegen die einzig mögliche Antwort? Oder war dieses Schreiben vielleicht nur ein Trick, sich die Frau und damit ihr gesamtes Vermögen am Ende doch noch zu erringen? Sie empfand

gefahren hatte. Sie bat um den Namen, nahm die Visiten karte auf silbernem Tablett entgegen, gelei tete den Herrn in die große Diele und bat ihn, einen Augenblick zu warten. Während sie den Besucher meldete, schälte Bodo die beiden roten Rosen für Elisabeth und die drei gelben für die gnädige Frau aus ihrer Seidenpapierhülle. Drinnen aber las Frau Amalie Zuppke. mit zitternden Fingern die kronengeschmückte Karte haltend, den Namen des Unbekannten: Bodo, Freiherr von Gaten auf Groß- Leitenau. Elisabeth

war unbemerkt hinter sie getre ten: „Willst du den Baron nicht eintreten lassen, Mama?' fragte sie, lachend ihre Hände von rückwärts auf der Mutter Schul tern legend. Amalie fuhr herum: „Da ist er ja doch!' sagte sie noch halb ungläubig. „Nein, geliebte Mama, sein Bruder Bodo ist es. Baron Egon interessiert mich nämlich wirklich nicht!' lachte sie spitzbübisch. „Die gnädige Frau läßt bitten', rief sie der noch immer wartenden Anna zu. „Warte, du Jöhre', konnte die Mama gerade noch flüstern, da trat Bodo

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Page 16 of 22
Date: 17.10.1896
Physical description: 22
einer beschränkten Pension, welche sie als die Witwe eines unteren Postbeamten bezog. Doch wenn sie auch nicht jeden Tag Fleisch im Suppentopfe hatte, wußte sie doch, daß ein junges, gesundes Men schenwesen nicht von dem einzigen kleinen Brötchen leben konnte, welches Emilie täglich nach ihrem Zimmerchen trug, wenigstens aus die Dauer nicht. Frau Levriere, so hieß die Postbeamtenwitwe, ging eines Tages in Emiliens Stübchen und fragte sie nach ihren Zukunftsplänen. Das arme Mädchen errötete

und erblaßte. Man hatte also ihre Armut durchschaut und wollte ihr zu Hilfe kommen. „Sie suchen Arbeit, nicht wahr?' fuhr Frau Levriere fort, als Emilie stumm und verwirrt blieb. „Um mein Einkommen zu ver größern, beschäftige ich mich mit Handschuhnähen. Möchten Sie meine Gehilfin werden? Der Verdienst ist nicht groß. Wenn man aber recht, recht fleißig ist, kann man sich schon zur Not damit durchbringen.' „O, von Herzen gerne, wie bin ich Ihnen dankbar!' stammelte Emilie. „Ich würde dadurch wenigstens

die Zeit gewinnen, neben bei nach Musiklektionen suchen zu können!' „Ah, Sie wollen Musiklektionen geben?' fragte Frau Levriöre. „Dachte ich mir es doch, daß etwas Feineres hinter Ihnen steckt. Sie spielen also wohl gar das Pianosorte?' „So ziemlich. Und einmal, als ich noch gesund und kräftig war, habe ich nicht übel gesungen!' „O Kind, sobald Sie nur ein bischen Stimme haben, so ist mit Ihrem Gesichtchen Ihr Glück gemacht. Wissen Sie denn nicht, daß man bei der italienischen Oper fortwährend

Wuuden gewährt? Wollte sie selber das Maß ihrer Demütigung und Erniedrigung vollmachen? Kurz, eines Tages bat sie Frau Merxh, die Schwester ihrer Mietsfrau, sie zu dem Impresario der italienischen Oper zu führen. Frau Merxh wählte eine Stunde, in welcher sie selber Probe hatte. Sie war so am sichersten, den Impresario wirklich im Theater zu finden. Sie kam selber, um Emilie abzuholen und Putzte das noch immer wunderschöne Mädchen, so gut es eben gehen wollte, mit einem alten Spitzenschleier

und einem verblaßten rosa Seidenbande heraus. Emilie war so bleich. Frau Mer^y legte ihr etwas künstliches Rot auf die Wangen. „Der Impresario will durchaus nur gesunde Choristinnen!' sagte sie dabei. Endlich traten die beiden Frauen aus die Straße hinaus und schlugen die Richtung nach dem italienischen Operntheater ein. Emilie schien es sich jetzt erst recht zu Bewußtsein zu bringen, wel chen Schritt sie zu thun im Begriffe war. Das Herz pochte in heftigen und unregelmäßigen Schlägen Wider ihre Brust

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Page 18 of 24
Date: 13.10.1900
Physical description: 24
„Er läuft! O, sieh doch, Charlotte, er läuft!' rief ein junges Mädchen, das in einem elegant eingerichteten Schlafzimmer an der Erde kniete und breitete jubelnd die Arme einem kleinen. zarten Knaben entgegen, der sich ihr mit unsichern Schritten näherte. Die hübsche Frau im weißen Kaschmirmorgenrock mit hellblauen Schleifen, die dort so bequem im Schaukelstuhl lehnte, ließ das Modenblatt fallen, in dem sie soeben gelesen und schaute mit gluck lichem Lächeln auf die reizende Gruppe

vor ihr. Der kleine Bursche mit dem lichtblonden Lockenköpschen hatte sein Ziel erreicht, laut aufjauchzend stürzte er sich in die Arme, die sich ihm entgegenstreckten. „Tante Valerie, liebe Tante Valerie!' klang es von der an dern Seite her; ein braunlockiger Knabe von etwa vier Jahren schlang stürmisch seine Arme um den Hals der Knieenden, während ein zierliches, bloudes Mädchen sich zärtlich an sie schmiegte. „Ja, Tante Valerie! Ohne sie wird man gar nicht fertig in der Kinderstube!' lachte die jünge Frau

, die neuen Ponhs sind da, die Papa für uns gekauft hat,' berichtete Kurt, der ältere Knabe mit wichtiger Miene. „Und wir fahren dnrch die Stadt, wo die schönen Puppen im Schaufenster zu sehen sind; ich darf mir eine aussuchen,' fügte klein Hilde hinzu. „Wenn denn — heute nachmittag?' frug Tante Valerie. „Nein jetzt!' jubelte Kurt, „Mama hat's schon erlaubt!' »Jetzt, jetzt!' wiederholte Hilde und Alfredchen klatschte zur Gesellschaft vergnügt in die Händchen. Frau Felsheim zog die Klingel. „Manon, kleiden

Sie die Kinder zur Ausfahrt an und schicken Sie mir Luise,' wandte sie sich zu der eintretenden Französin. „Jetzt kann ich nicht mit euch fahren,' erklärte Valerie, „ich muß hinauf, um Onkel Traugott das Frühstück zurechtzumachen.' Frau Charlottens purpurrote Lippen verzogen sich schmollend. „Immer kommt Traugott zuerst, wir gelten Dir gar nichts neben ihm!' sagte sie ein wenig empfindlich. Valerie war aufgestanden; liebkosend strich sie über das glän zende, kastanienbraune Haar der Schwägerin. „Michael

hat Dich und die Kinder,' beruhigte sie schmeichelnd, „wer aber soll für den armen Traugott sorgeu, wenn ich es nicht thue?' Frau Felsheim lächelte versöhnt. „Ja, ja, ihr beiden Unzertrennlichen!' stimmte sie bei, „ihr seid euch selbst genug, ihr braucht kein eigenes Heim, keine Fa milie — es ist ja auch gut so, da ihr mm einmal zum Heiraten nicht taugt, wie ihr immer versichert! Nun, ist's nicht so — hab' ich nicht recht, Schatz?' Sie beugte sich nieder, um Valerien ins Gesicht sehen zu können; ihre tiefliegenden

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Page 5 of 16
Date: 10.12.1938
Physical description: 16
die Verkaufsabteilung der Auto werke. Er ging sofort auf den Knnden zu. „Ich freue mich —begann er. Der Kunde sah überrascht auf. Daun streckte er dem Herrn im Geh rock freundlich die Hand entgegen. ..Wir kennen uns doch?' sagte er ver. gnügt. „Ich — ich hatte noch nicht das Ver gnügen —' „Aber natürlich! Wir kennen uns.' „Ich wüßte wirklich nicht —' „Fch kenne sogar Ihre Frau, guter Herr.' „Meine Frau?' „Ja. Haben Sie nicht vor ein paar Iahren im Wiesbadener Hos in Köln ge- wohnt?' „Das schon. Aber Der Chef

der Autowerke dachte krampfhaft nach. Vielleicht war es eine zufällige Bekanntschaft gewesen, die er längst vergessen hatte und die er sich heute schon aus Geschästsrücksichtcn bren nend gern in seine Erinnerung zurück. WW M-K I ^-4^5 IM gerufen hätte. Er bemühte sich verge bens. „Und dort haben wir uns kennenge, lernt?' fragte er unsicher. „Ja. Ich will es Ihnen leichter ma chen: entsinnen Sie sich noch des Vor. falls bei Ihrer Abreise?' „Ein Vorfall?' „Sie wollten damals abreisen. Ihre Frau packte

die Kosser. Plötzlich vermißte sie ein Paar Schuhe.' „Richtig. Jetzt entsinne ich mich.' „Tie läuteten dainals dem Hausdie. ner', fuhr der Unbekannte fort, „Sie fragten nach den Schuhen Ihrer Frau. Der Hausdiener bedauerte, nichts davon zu wissen, nur ein Paar Kinderschuhe wären gefunden worden, die seltsamer weise Hhre Zimmernummer trügen. Ihre Frau wollte die Schuhe sehen. Ter Hausdiener erklärte, so einen kleinen Fuß könnte niemals eine Frau haben. Aber er brachte die Schuhe. Und siehe

, es waren die Schuhe Ihrer Frau! Ihre Frau ging aus wie Hefe vor Eitelkeit, Sie gaben dem Hausdiener geschmeichelt ein großes Trinkgeld und Ihre Frau drückte ihm auch noch heimlich füns Mark in die Hand.' Der Leiter der Autowerke'schüttelte erstaunt den Kopf. „Woher wissen Sie das alles so ge nau? Waren Sie unser Zimmernach bar?' „Nein ' „Sondern?' „Ich war der Hausdiener.' Der andere stand starr. Er starrte auf den Luxuswagen. „Ich habe mir ein großes Vermögen mit dem Einfall erarbeitet', fuhr der Kunde fort

geheiratet hat, als Mit. gist gegeben.' „M Per'MM' Von Bill Behm, Schloß Falkenberg Tod oder Leben hängen ost nur von einem winzigen Umstand ab. Diese Ge- schichte ich wahr und nicht erdacht. Sie wurde erzählt, als wir in einer kleinen Gesellschaft von Nervenreaktionen und dergleichen sprachen. „Ich bin in meinem Leben nur einmal ohnmächtig geworden', sagte die Fürstin K.. eine zierliche, blonde Frau, ..und das erst eine halbe Stunde nach dem Ereig nis.' ..Erzählen, erzählen!' wurde sie von uns gebeten

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Page 22 of 28
Date: 09.02.1907
Physical description: 28
. Dein alter Onkel.' „Hurra!' rief Edgar, „Hurra! Aber, lieber Onkel, wie ich mich frene.' Er stürzte, seinen Brief in der Rechten wie eine Sieges trophäe schwingend, ins Wohnzimmer zu der versammelten Familie. Dort berichtete er von der großen Freude, die er gehabt. Das gab ein Fragen, und Edgar las den Brief vor. „Im Hotel? I bewahre,' protestierte Frau Wüterich. „Ihr lieber Onkel bleibt hier bei uns. Wir stellen in Ihrem Zimmer noch ein Bett auf.' Darüber war Edgar ganz gerührt. „Das ist sehr liebenswür

dig, Frau Wüterich. Und ich nehme es dankbar an, zumal ich weiß, daß Onkel ungern in Hotelbetten schläft.' Frau Thusnelda war in ihrem Elemente. Es machte ihr im mer großes Vergnügen, wenn sie so herumrumoren konnte. Und einige Vorbereitungen erforderte die Ankunft eines Gastes immer. Es war nicht mit dem Stellen einer zweiten Bettstelle ab getan; es gehörte auch Bettzeug hinein. Und da haperte es. Indes die resolnte Frau kannte keine Hindernisse. Was nicht da war, mußte beschafft werden. Es ging

nun an ein Stopfen der erforderlichen Betten. Zwei Tage vor Ankunft des Gastes bauschte sich in der zweiten Bettstelle in Edgars Zimmer das neue Bett prahlerisch auf. Noch war es der schneeigen Bezüge bar. In seiner ganzen flammenden Röte lagen Decke und Kissen lockend zu jedermanns Ansicht. „Ein Prachtbett,' erklärte Frau Thusnelda und wog die leichte Daunendecke in den Händen. „Da kann's dem alten Herrn schon drin gefallen.' Voller Befriedigung legte sich die Familie zur gewöhnlichen Stunde schlafen

mit lautem Gekrach zur Erde. Das kalte Wasser rann dem kampfesmutigen Jüngling an die entblößten Füße, daß ihm fast der Atem stockte. Er fiel ganz zermürbt auf sein Lager zurück. Da! Ha, abermals umwirbelte es ihn in wütigem Reigen. Es flog ihm ein Etwas in Augen, Nase, Mnnd und Ohren — es kitzelte, krabbelte. „Zu Hilfe, zu Hilfe!' rang es sich gellend aus seiner Kehle. Frau Thusnelda hatte ja einen festen, gesunden Schlaf; allein sie hatte doch das schreckliche Gepolter in Kostgängers Zimmer vernommen

, da dasselbe in nächster Nähe der ihren lag. „Er macht was kaput, der Unglücksmensch,' dachte sie voller Ingrimm. Und sie lag und horchte. Da vernahm ihr lauschendes Ohr ein tolles Hin- und Her- springeu, ein Stöhnen und Ächzen. Sie richtete sich auf. Das Gepolter nahm zu. Und jetzt hörte sie deutlich einen durchdringenden Schrei. Auch die Töchter erwachten von dem Spektakel. „Was ist los?' fragte» sie erschrocken. Frau Thusnelda war bereits auf den Beinen. „Der junge Lammers hat's Delirium,' konstatierte sie. „Haltet

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Page 28 of 34
Date: 20.07.1907
Physical description: 34
, fürsorglicher Mann, ich werde Margot hüten wie ein Cerberus. Sie soll unter meinen Augen vor einer Verwundung durch Amors Pfeil sicher sein', versprach Frau v. Waldow, belustigt durch den ihrer Anschauung nach unnötigen Kummer ihres Ehegesponsen. „Ich danke dir, mein teures Weibchen. Wann wollt ihr reisen?' forschte v. Waldow. In diesem Augenblicke trat Margot, der Gegenstand des Ge sprächs zwischen Mann und Frau, in das Zimmer. „Das mag Margot selbst entscheiden', gab Frau v. Waldow zurück. Dann wandte

, dort kann ich mit Grete so viel zusa,mien sein; das wird zu prächtia werden!' jubelte Margot weiter. „Liechen — Liechen — wer ist denn das? Ich kenne unter unfern Bekannten ja gar keine Liechens', forschte der Hausvater. „Ah, das ist ja wohl deine neue Freundin?' warf Frau v. Waldow dazwischen. „Ja. Papachen, das ist meine neue Freundin, und zwar die liebste und beste, die ich habe. Ihr Vater ist der neue Oberst von dem Husarenregiment. Ich bin so sehr freundlich in dem Hause aufgenommen. Vor acht Tagen

war ich auf Gretes Geburtstag. Mama kennt Liechens auch schon', gab Margot zur Auskunft. „Das trifft sich ja ganz ausgezeichnet. Wann werdet ihr dann also reisen?' fragte v. Waldow. „Wenn ich bestimmen soll, Papa, dann am nächsten Freitag. Dann fahren Liechens auch. Nicht, wahr, Mama, wir reisen doch in Liechens Gesellschaft? Dann wird die lange Bahnfahrt nicht so langweilig', sagte Margot. Frau v. Waldow erklärte sich mit allem einverstanden. Der Bankier glaubte die Sache zu seiner Befriedigung er ledigt

mit dem Eindruck eines modernen Bades, v. Waldows wohnten in dem fashionablen Hotel, während dem Oberst eine Villa von seinem Schwager für die Badezeit zur Verfügung gestellt war. Margot genoß hier ganz neue Eindrücke. Des Morgens und am kühlen Nachmittage stieg sie stundenlang mit ihrer Freundin in den Dünen umher. Frau v. Waldow gestattete ihrer Tochter den Verkehr in der Familie des Obersten gerne, glaubte sie dieselbe dort doch am besten aufgehoben. Zudem schien dies ihre Hüterpflicht auch wesentlich

zu erleichtern. Soweit sie Kenntnis von der Familie des Obersten hatte, bestand dieselbe nur aus dem Hausherrn, dessen Frau und Tochter und dem Gesinde. Aus der Villa „Undine' — welche Liechens eben bewohnten — konnte nach ihrem Dafür halten der Entführer Margots niemals kommen. Übrigens war sie eine Freundin sorgloser, behaglicher Ruhe und schätzte sich ganz glücklich, daß sie den von ihrem Manne überkommenen Auftrag sv wundervoll ausführe» konnte, ohne von der quecksilberigen Ju gend in steter Bewegung

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Page 22 of 28
Date: 01.01.1910
Physical description: 28
zur Verschöne rung der Tafel selbst entworfen und ausgeführt, wurden zum Beweise ihrer Behauptung noch mit beigezogen. Auch hatte zu der Selbstherstellung billiger und doch schön wirkender Blumen arrangements niemand solch Geschick wie Thea, und so wurde denn beschlossen, den Onkel bis nach jenem Souper zu vertrösten. Dann könne man ja noch einmal darüber sprechen .... Da Thea jetzt gerade von der Köchin abgerufen wurde, be nutzte der Landgerichtsrat diesen Umstand, um seine Frau daran zu erinnern

und — die sind Millionen schwer! Und, hält sie nicht ihren Neffen wie ihren eigenen Sohn, und dann . .. Frau von Kempten trat dicht an ihren Gatten heran und legte ihren Arm um seinen Nacken: „Unsere Thea liebt ihn, und er liebt sie, und darum sollen sie sich haben! Wir haben ja auch aus Liebe geheiratet ....' „Ja, das haben wir, Kind,' sagte Kempten, und zog sie dicht an sich heran: „Das haben wir, und sind gut dabei gefahren! So wie aus dem armen Assessor endlich ein wohlbestallter Land gerichtsrat geworden

ist, so wird aus dem armen Leutnant, so Gott will, auch mit der Zeit vielleicht ein wohlbestallter Oberst und Regimentskommandeur werden. Denn Dedenroth soll ein tüchtiger Offizier sein, dem's nicht fehlen kann und, wenn er also nach deinem Silvestersouper zu mir kommt, so soll er keine abschlägige Antwort erhalten.' „Mein guter Ernst! Wie freue ich mich um unseres Kindes Witten,' sagte Frau Fanny von Kempten gerührt; in der Rück- erinnerung an ihre eigene Jugend setzte sie hinzu: „Und ganz mit leeren Händen

ist ja noch keine Ewigkeit.' — Der Brief an Onkel Theodor ging also ab. Frau von Kempten und Thea waren eifrig mit den Borberei tungen zu dem Fest beschäftigt und gingen dabei mit glücklichen Gesichtern umher, trotzdem sie sich manche Unannehmlichkeit und manche Entbehrung auferlegen mußten, denn der Landgerichts rat war durchaus nicht mit Glücksgütern gesegnet. Er hatte seine Gattin schon als unbesoldeter Assessor kennen und lieben gelernt. Sie befand sich damals in der wenig beneidenswerten Position einer „armen

hatte, als sich seine Frau Amtsrichter gleich mit nach W. zu bringen, — so wurde de; Bruch zwischen ihnen ein vollständiger. — Frau Fanny von Kempten war mit ihrem Ernst sehr glücklich geworden. Theodors Liebe dagegen hatte Schifsbruch gelitten woran seine Verlobung eigentlich gescheitert war, hatte er nichl einmal der Schwester erzählt, aber sie meinte, das leidige Geib sei doch sicher daran schuld gewesen! Und darum sollte Thea des! Leutnant Dedenroth bekommen, auch wenn der nicht zufällig eine Erbtante gehabt hätte

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Page 24 of 30
Date: 08.04.1911
Physical description: 30
—i- Z „Angenehm, nein', ging der Gatte bereitwillig auf die Äuße rung seiner Frau ein. „Aber eine Notwendigkeit. Wir müssen Zmmeline hier haben, wenn wir etwas erreichen wollen. Du veißt, wie sie ist.' „Ja, das weiß ich. Geizig bis zur Grenze der Möglichkeit, vernünftigen Vorstellungen durchaus unzugänglich, nörgelig zum verzweifeln — na, es wird eine nette Zeit werden.' „Sie hatte für Toni immer so eine Art Schwäche', suchte Herr von Knöterich seiner Frau plausibel zu machen, doch diese iel

ihm scharf ins Wort. „Was heißt bei Emmeline eine Art Schwäche? Sie liebt es, ?enn gegen ihre Meinung und ihren Willen keine Auflehnung »rfolgt, und Toni ist so lenksam, fügsam, sich gern einem höheren Tillen beugend.' .Erlaube mal, Augusta, dein Urteil über deine älteste Tochter n Ehren, von meinem Standpunkt aus spreche ich ihr diese Eigenschaften ab.' „Ja, du, mein Lieber,' sagte Frau Augusta fast verächtlich, ,du magst es verstehen, deinen Kohl und deine Rüben zu bauen, Ä>er den Charakter einesWeibes

zu beurteilen bist du nicht imstande.' „Mag ja sein, daß du recht hast, liebe Augusta', lenkte der Gutsherr ein. „Indessen so viel ist mir doch klar, so ganz fügsam st unsere Toni nicht.' Frau Augusta zuckte die Achseln „Wie habe ich auf sie eingeredet, von diesem — diesem Salten ;u lassen.' „Eine standesgemäße Partie.' „Von ihrem ,Von' können sie nicht satt werden, na und von einer Gage auch nicht. Hast du den Zuschuß?' „Lieber Karows, darüber wollen wir uns heute noch nicht >en Kopf zerbrechen', warf

die praktische Gutsherrin ein. „Nein,' stimmte der Gutsherr bei, „nicht heute, nicht morgen.' lud er setzte nicht ohne Selbstironie hinzu: „Ich könnte sonst ?on meiner angenehmen Körperrundung etwas einbüßen und as wäre doch wirklich schade.' Frau Augusta wurde einer Antwort überhoben durch die chrillen Pfiffe der Lokomotive, die sich in einiger Entfernung bereits den Blicken der Wartenden darbot. Die Aufmerksamkeit der Familie Knöterich wurde selbstredend ganz von dem ein zusenden Zuge in Anspruch genommen

Schweißtropfen standen. „Ne, so was. Der ganze Hopphei, die ganze Aufregung, alle Umstände umsonst. Ne, so was,' sagte er ganz ratlos. Frau Augusta war stärker erregt in ihrem Gemüte. „Das ist doch die Höhe von Rücksichtslosigkeit,' bemerkte sie voller Ingrimm. „Fünfzig Pfennige für ein Telegramm hätten Tlles gut gemacht, hätten uns die Mühe erspart, hier den ganzen Nachmittag herumzustehen und wie die Narren mit einer langen Rase wieder abzuziehen.' Frau Augusta war wirklich sehr ungehalten. Leutnant Benno

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Page 15 of 20
Date: 10.02.1900
Physical description: 20
gesehen zu haben, als all diese versilberten, flimmernden und schimmernden Bäume und Sträucher. Bald nahm aber auch diese Herrlichkeit ein Ende, und der alte Jochen zeigte seiner jungen Herrin den sernaussteigenden Rauch: „Das ist Udenow! Die gnädige Frau werden Wohl auch froh sein, denn es macht kalt bei uns auf dem Land!' „In der Residenz auch, guter Jochen!' lachte die junge Frau. Der alte Rosselenker war aber sehr vergnügt über die von ihm bewiesenen Kenntnisse von Höflichkeit nud Benehmen

und gebeten, einen Augenblick zu warten. Sie sah sich um. Alle Möbel Waren einfach, und dennoch machte das Gemach einen sehr behaglichen, eleganten Eindruck. In der Anordnung der Einrichtung, in der Ausschmück ung derselben verriet sich eine fleißige, geschickte Frauenhand, — überall waren gestickte Decken, schöne Pflanzengruppen angebracht. Lotta hatte nicht viel Zeit, alles zu bewundern; die Thüre öffnete sich und Frau von Udenow trat ein. Sie bewillkommnete die junge Frau herzlich. „Das freut

ihres Bräutigams gesehen zu haben — welch elegante Modedame war sie gewesen. Sie erinnerte sich, als junges Mädchen von den Triumphen der Frau von Udenow gehört zu haben — und nun sprach sie von Kinderstube, großer Wäsche. Lotta seufzte. „Wie schwer mußte es doch auch dieser Frau werden,' dachte sie, „sich in solche Verhältnisse zu finden!' Sie hörte in der Nähe Lärm, die Frenndin schob sie in ein Zimmer und bat: „Einen Augenblick, Lottchen, vertritt Du meine Stelle! Ich will indessen einen Imbiß sür

, einige Augenblicke durch das Wunderding, welches „tick, tack' machen konnte, besänftigt, aufs neue, und diesmal mit verstärkten Kräften, zn schreien begann. Lotta saß ratlos da. Sie hatte nie gelernt, mit kleinen Kin dern umzugehen und befürchtete jeden Augenblick, daß irgend eines von der kleinen Schar schweren Schaden leiden müßte. Da öffnete sich endlich die Thüre, und Frau von Udenow trat mit dem Mädchen ein. „Du arme Lotta!' sagte sie, als sie in das erhitzte Antlitz der jungen Frau sah

, „sie haben Dir zugesetzt, die kleinen Unbände!' Wie auf ein Wort waren alle Kinder ruhig; Klein-Evchen, auf dem Arme der Mutter, lachte, Karlchen kroch beschämt unter dem Bett hervor, und die drei anderen suchten die Unordnung zu beseitigen. Lotta spielte nun mit den Kindern und vergaß, daß die Zeit dahinflog. Frau von Udenow konnte sie nur dadurch dazu bewegen, den für sie gerichteten Imbiß im Speisezimmer einzunehmen, daß sie ihr versprach, sie nachher wieder ins Kinderzimmer zu führen. Lotta wanderte

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