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Lienzer Zeitung
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Page 38 of 40
Date: 04.12.1897
Physical description: 40
Knieen und schaute freundlich in seine Augen. „Nun halte Du!' sagte sie, als er sich zu ihr gesetzt hatte. „Du hast gearbeitet und wirst gewiß hungrig sein. Ich habe auch Brombeeren im Walde gesammelt, da sieh, das ganze Körbchen voll!' Und so kam es nun alle Abend für Robert. Immer erwartete ihn Nanette bei der Eiche. Sie hatte geweint, als sie ihn znm erstenmal ganz schmutzig und geschwärzt gesehen. Nach und nach aber gewöhnte sie sich auch daran, sie war ihm von Herzen gut

, selbst mit dem Kohlenstaub auf Gesicht und Klei dern, diesem häßlichen Kohlenstaub, vor dem ihre kleinen, weißen Hände ganz unwillkürlich zurückzuckten. Und wenn sie einmal wieder den hübschen Robert von ehedem sehen wollte, dann tauchte sie ihr Taschentuch in den nahen Bach und wusch ihm ganz ungeniert, unter fröhlichem Lachen, das Gesicht ab. — Freilich fand sie die früheren Rosen nicht mehr auf den Wangen des geliebten Spiel gefährten! Die Blässe der Blutarmut begleitet den armen Minen arbeiter ja dnrchs ganze

mühevolle, lichtlose Leben! Der wilde Rosenstrauch trug seine hochroten Früchte, gelb und vertrocknet fielen die Blätter der Eiche herab. Eine Schlummer decke aus makellos weißem Schnee bedeckte die in tiefem Winter schlaf befangene Erde. — Dann aber kehrte doch der Frühling wieder, mit seinen Veilchen und Rosen und tausend anderen Blumen und mit dem rätselhaften Entzücken, das die Herzen rascher schlagen und die Vögel singen macht. Robert und Nanette blieben der alten Eiche in jeder Jahres zeit getreu

, und den fernen Bergen und ver mischten sich am weiten Horizonte mit dem tiefen, unendlichen Aznr des abendlichen Himmels. Robert betrachtete das aufknospende, reizende Mädchen, wel ches, die Anne um den Baumstamm gelegt, in unbewußter Grazie vor ihui stand. Sie senkte vor seinem Blicke zum erstenmale die Augen. „Weißt Du, was ich denke, Nanette?' Sie gab keine Antwort. „Ich denke, daß ich sehr unglücklich sein würde, wenn ich Dich nicht einst zu meiner lieben Hausfrau machen dürfte. Bei Dir fühl

, die Erfüllung ihrer Wünsche vom Schicksal zu erzwingen. Und die Zeit verging. Jeden Tag wurde Nanette schöner und Robert größer und stärker. Das Mädchen lebte still und zurück gezogen und verdiente ihren Unterhalt mit Nähen. Und obwohl man die alte Eiche im ganzen Dorfe nnr Roberts und Nanettes Eiche nannte, fiel doch niemanden ein, irgend einen Zweifel an der Jungfrau unbefleckter Reinheit zu erheben. Die Unschuld blickte ihr ja so deutlich aus deu sanften, braunen Augen. Die Nachbarn, welche Nanette

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Lienzer Zeitung
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Page 6 of 24
Date: 24.06.1913
Physical description: 24
Die alte Frau nickte versonnen und nahm dann die Rechte ihres Ältesten in ihre runzeligen Hände. Ihre Stimme zitterte, als sie bat: „Sei recht vorsichtig, mein Junge — versprich mir das! Du weißt. Dein Vater blieb auf See — und nun, vorige Reise Dein Bruder, mein Henry.' Robert Davies wußte, wie sehr die Mutter an ihrem Jüngsten hing und wie die Un gewißheit über sein Schicksal sie quälte. Sanft streichelte er die welke Hand der Greisin, abpr seine Züge blieben finster. „Du mußt die Hoffnung

nicht sinken lassen. Mutter! Zwei Monate ist die „Sabine' erst überfällig. — Sie kann noch irgendwo im Eise stecken.' Der Sohn fühlte selbst, wie wenig überzeugend sein Trost geklungen hatte, und die Mutter schüttelte denn auch ihr graues Haupt. „Nein, Robert, meine Hoffnung ist dahin. Alle Schiffe, die in jener Sturmnacht mit der „Sabine' zusammenlagen, sind längst zurück; nur sie kommt nicht wieder — und mein Sohn.' Die alte Frau erhob sich schwerfällig und fuhr in leichterem Tone fort

: „Ich will Dir noch einen kräftigen Grog machen, es ist so naßkalt draußen.' Als die Mutter das Zimmer verlassen hatte, wandte sich der Steuermann an das junge Mädchen: „Bessie, in einer Viertelstunde gehe ich an Bord. — Hast Du mir nichts mehr zu sagen?' Das junge Mädchen hob kaum den Kopf, als sie erwiderte: „Robert, schon einmal hast Du mich gefragt, und ich habe Dir auch offen geantwortet. Du weißt doch, daß ich mit Henry versprochen bin — warum quälst Du mich noch immer?' „Und wenn er nun nicht wiederkommt?' Bessie Webster

wandte dem Frager voll das Gesicht zu und blickte ihm fest in die Augen. „Er ist Dein Bruder, Robert! — Auch wenn er. was Gott verhüte, nicht wiederkehrt, habe ich Dir nichts mehr zu sagen. Laß uns in Frieden scheiden. Leb Wohl und gute Reise.' Sie hielt Robert die Hand hin, aber der Steuermann tat, als sähe er sie nicht. „Adieu!' entgegnete er schroff, dann wandte er sich kurz um und verließ mit harten Schritten das Zimmer. Das junge Mädchen starrte auf das Muster des Tischtuchs^ Sie hielt die Hände

im Schoß gefaltet, und um ihren Mund lag ein Weber Zug. Was konnte sie auch dafür, daß ihre Neigung dem Jüngeren galt und daß sich die Brüder deshalb entfremdeten. Sie hatte Robert Davies nie Grund gegeben, auf ihre Liebe zu hoffen. Draußen war es hell geworden. Hanna Davies kam ins Zimmer, um die Lampe zu löschen. „Eben ist Robert fort gegangen, hast Du ihn nicht gehört?' forschte sie mit ihrer sanften Stimme. Das junge Mädchen schüttelte langsam den Kopf, aber ihre Brust hob ein befreiender Seufzer

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Lienzer Zeitung
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Page 13 of 18
Date: 09.10.1914
Physical description: 18
Robert Kraft verließ das Haus und ging mit den Plänen zu seinem Freunde, dem Rechtsanwalt vi. Kantor. Der staunte, als er erfuhr, um was es sich handle. „Sapperment,' rief er, „fein und nobel gezeichnet, da fehlt nichts. Ob etwas daran ist, werden wir bald wissen. Will sie heute noch meinem Bruder, dem Ingenieur senden, der kennt sich fchon aus. Na, Alter, laß den Kopf nicht hängen, auf die eine oder andere Art wird alles wieder recht.' So tröstete vr. Kantor den Oberbuchhalter, der ihm schon

lange sein Leid geklagt hatte. Eine Woche später holte sich Robert Kraft, von seinem Freunde telephonisch verständigt, bei diesem die Pläne wieder ab. „Und nun?' fragte er. „Laß sie bauen, und alles wird gut werden', war des Rechts anwaltes orakelhafte Antwort. „Ich kann dir heute wirklich nur diesen Rat geben', sprach er weiter, als er bemerkte, daß Robert Kraft Näheres hätte wissen mögen. „Gib dich damit zufrieden und blicke vertrauensvoll in die Zukunft.' In der Stadt war es ziemlich schnell

ehrenvoll und nicht ohne Bedeutung wäre, ver schaffte fich doch auch Geltung. Und so sah sich denn der Ober buchhalter bald von dieser, bald von jener hochgestellten Persön lichkeit huldvollst angeredet, die ihm früher für den Gruß kaum gedankt, und die sich nun in leutseliger und wohlwollender Weise über die Fortschritte in Frau Elifens Werkstatt erkundigten und ihrer Sympathie für das Unternehmen lebhaften Ausdruck gaben. In diesen Wochen sah Robert Kraft von seiner Frau nicht viel. Am Morgen verließ

sie das Haus, bevor er sich erhob, und, wenn sie am späten Abend zurückkehrte, war sie so müde, daß sie sich gleich zur Ruhe begab. Nur soviel ersuhr er, daß die Arbeit rüstig vorwärts geschritten. Er kam nämlich nie in den Schuppen hinaus, wie denn überhaupt niemand dort Zutritt hatte, denn Frau Elise hatte doch noch soviel altväterliches, frauliches Gefühl, daß sie sich nicht in dem Aufzug, in dem sie da draußen herum hantierte, zeigen mochte. An einem Sonntag fragte Robert Kraft feine Eheliebste

, und die moderne Frau darf voll Hoffnung und Erwartung sein, Wege, die weitab von den Klein lichkeiten des Alltags und des Haushaltes führen. Früher hat die Frau nur durch den Mann gelebt, war er ihr Stütze und ihr Hort, nun lebt sie durch sich selbst. Ein Unterschied von Phäno menaler Bedeutung.' Robert Krast gab keine Antwort. Das, was seine Frau von neuen Bahnen sprach, glaubte er aufs Wort, er wenigstens sühlte sich vollkommen aus dem alten Geleis geworfen, sah altgewohnte Sitten und Gebräuche auf den Kopf

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Lienzer Zeitung
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Page 4 of 6
Date: 07.02.1942
Physical description: 6
Hotel zu bewoh nen. Der Sekretär hieß Robert Hansen, aber sein Herr rief ihn Roberto. Senor Sebastiano saß in öer Bade- Wanne. Für die Pflege seines schönen Kör- pers brauchte er eine runde Stunde. Dann mußte Roberto antreten, um ihn zu mas- sieren. „Die Post, Roberto', sagte der Tän- zer unö streckte sich auf die Eouch aus, die sein Sekretär in die Nähe der Hei- zung gerückt hatte. „Was besonderes?' Robert Hansen erstattete Bericht, wäh- renö er Gebastianos Hände und Arms knetete. „Liebesbriefe

von ihnen, Senor Seba- stiano. Ein junger, noch unbekannter Künst ler hat sie gemacht. „Gut?' „Ausgezeichnet!' Sebastiano richtet sich auf. Er wollte öle Bilder sehen. Robert Hansen wischte öie Hände an einem Tuch ab und ging hinaus, um öie Zeichnungen zu holen. Sebastiano legte Wittigs Brief zur Seite unö vertiefte sich in öie Blätter. „per öios!' Er war erstaunt, sein schönes regelmä- ßiges Gesicht bekam einen Ausdruck hinge- rissener Verliebtheit. „Was für Farben, Robert! Dieser gött- liche Schwung öer

Linien... ich bin ent- zückt.' Robert Hansen sah seinen Herrn mit leisezn Spott an. Gr ist eitel wie ein Pfau, dachte er. Nichts fesselt ihn mehr als seine eigene Schönheit. „Sinö die Bilder verkäuflich?' fragte öer Tänzer. Davon stand nichts in öem Brief, unö Robert bekam öen Auftrag, sofort an Wit- tig zu schreiben. „Ich nehme sie alle, auf öen preis kqmrnt es mir nicht an', sagte er, und wöhrenö Robert öie Massage fortsetzte, betrachtete er immer wieder die Skizzen. „Genial', murmelte

er. „Was hat Wit- tig geschrieben? Der Künstler habe öiese Stuöien aus öer' Erinnerung gemalt? Man sieht es. Bei öieser Figur zum Beispiel hat er sich eine kleine Abwandlung erlaubt.' Er sprang auf unö ahmte öie Pose nach. Dabei kontrollierte er sich aufmerksam in dem hohen Stehspiegel. Robert sah ihm zu unö bewunderte« Wider Willen öen herrlich gewachsenen Körper, Hessen ebenmäßige Glieder sich vor seinen Augen in neuen Tanzfiguren bewegten. Leise summte Sebastiano öazu die Melodie eines Tangos. plötzlich

hielt er inne, lief zum Schreib- tisch und warf auf ein bereitliegendes Blatt Papier ein paar flüchtige Striche hin. Robert Hansen wußte, was das zu be- beuten hatte. Ein neuer Tanz war gebo ren, zu öem öie Bilöer Heinz Hilgers öem Tänzer Sebastiano öie Anregung ge- geben hatten. Es war Mitte März geworden, als Heinz aus öem Krankenhaus entlassen wurde. An einem Gonntagvormittag holte Ger- harö den Bruder nach Hause. Vorher hatte er mit öem behandelnden Arzt eine Unterredung gehabt, öie

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Page 12 of 18
Date: 09.10.1914
Physical description: 18
Robert Kraft seufzte tief. Das sprach Bände, bis heute hatte Elise nämlich den Schlüssel nicht vermißt. Als durch den Schlosser der Nähtisch geöffnet war, lag darin ein unerössneter Bries von Elisens Eltern und datierte drei Wochen zurück. Diese Erscheinungen gänzlicher Vernachlässigung des Haus haltes, um den sich seine Frau doch srüher mustergültig geküm mert und den sie tadellos in Ordnung gehalten hatte, wurden dem Oberbuchhalter immer rätselhafter und geheimnisvoller. Da wurde

er einmal von der Frau seines Chefs auf der Straße angesprochen. „Herr Kraft, was ist denn mit Ihrer Frau Gemahlin? Seit Wochen sehlt sie regelmäßig im Kränzchen. Die letzten Male hat sie sich nicht einmal mehr entschuldigt.' Robert Kraft war außerstande, eine Auskunft zu geben. Er stammelte irgendein paar Worte, daß Elise nicht ganz wohl wäre oder so etwas ähnliches, aber es gelang ihm schlecht, zu lügen. In Wirklichkeit hatte er keine Ahnung, daß seine Frau auch diese wöchentlichen Zusammenkünfte der Damen

nur geziemende Bewunderin und Zuschauerin sein? Nein und abermals nein! Wenn ihr Männer uns auch im Zuschauerraum den ersten Platz angewiesen habt, wir dürfen und wollen uns damit nicht begnügen. Große Ereignisse nahen auch sür uns und sie werfen ihre Schatten bereits voraus.' Mit diesen in erhobenem Tone gesprochenen immerhin etwas unklaren Worten,' während welchen ihre Augen einen seltsamen Glanz annahmen und in ihre Wangen ein hohes Rot stieg, ver ließ Frau Elise das Zimmer. Robert Kraft starrte

ihr verblüfft nach, dann sprach er bitter und voll Galgenhumor: „Schatten, ja die Schatten, die sehe ich.' ^ . Robert Krast mußte über die Rede, die ihm seme Frau ge halten, welche er ihr übrigens nie zugetraut hätte, wenn auch das meiste davon fremde Münze war, nicht lange grübeln und nachdenken, denn den Schleier des Geheimnisses lüftete schon einer der solgenden Tage. Nach dem Mittagessen verließ Elise sür kurze Zeit das Zim mer und kehrte mit einem Pack Papiere wieder zurück. Diese breitete

hat. Die Arbeit ist gelungen. Heute zog ich den letzten Strich, in der Theorie ist mein Apparat fir und fertig. Nun muß er nur mehr gebaut werden, und dann dürste ich den Triumph haben, die erste Frau zu sein, die äuf selbstkonstruiertem Aeroplane durch die Lüfte stiegt.' Robert Kraft war in keiner beneidenswerten Lage. Einer seits bewies die peinliche Sauberkeit und Genauigkeit, mit der die Zeichnungen ausgeführt waren, daß es seiner Frau ernst war, anderseits aber WM er sehr versucht zu glauben

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Page 22 of 24
Date: 29.07.1905
Physical description: 24
auf kostbaren Säulen stehende Lampen, veranlaßte mich zn dem erstaunten Ausruf: „Aber Mensch, wie kann man auch Petroleum lampen brennen, wenn man über elektrisches Licht verfügt?' „Der Erker erschien mir so düster!' verteidigte sich Robert. „Und die Stehlampen hat sich meine Frau für ihr Berliner Boudoir gewüuscht, ich wollte sie damit überraschen. — Schöne Überrasch ung! Der Ruß fliegt noch immer herum — was fang' ich mir an!' „Unsinn, Robert!' erklärte ich. „Das ist pure Einbildung Pou

an die ihm vorgestellten Persönlich keiten richtete, herrschte eine schauderhafte Steifheit und Geschraubt heit in der Gesellschaft. Man atmete sichtlich auf, als der Ruf zur Tafel ertönte. Der Prinz führte die Hausfrau, die ihreu Platz am oberen schmalen Ende der Tafel hatte nnd zu deren Rechten ich den meinen, gegenüber dem Prinzen, vorfand, während Robert mit der Baronin von Frederich am unteren Ende der Tafel saß. Als nach der Suppe der geeignete Moment für den Begrüßungs toast gekommen, sah ich zu Robert hinüber

, er be dankte sich eben für die hohe Ehre, die ihm der Prinz durch seine Anwesenheit erwies usw. Zn Anfang giug es auch ganz glatt, dann begann er zu stocken, wiederholte sich, stockte wieder und in die entstandene Stille tönte plötzlich lant und deutlich iu vorwurfs voller Betonung der Ausruf: „Aber Robert!' — Jeder blickte unwillkürlich auf die Frau des Hauses, so unver kennbar war es ihr Stimmklang, doch diese saß dunkel errötet, mit fest zusammengepreßten Lippen, niedergeschlageueu Augen uud

, nach dem Stören friede schielten, der in der rosigen Beleuchtung der neuen Steh lampen sich in seinem blitzenden Käfig ganz allerliebst ausuahm, war die Hausfrau einer Ohnmacht nahe. Zum Glück entschloß sich Robert, um die peinliche Situation zn kürzen, znm Geschei testen, was er uuter diese« Umständen tun konnte, er ergriff sein Glas und rief: „Ich bitte Sie, meine Herrschaften, das Glas zu erheben und mit mir einzustimmen in den Ruf: — — „Prost altes Haus!' tönte es abermals aus dem Erker

und Getränke nicht wenig beitrug. Daß trotz der Heiterkeit, die mein Freund Robert zur Schau trug, doch ein Stachel in seinem Gemüt zurückgeblieben, perrieten mir zwei Worte, die er seiner Gattin beim „gesegnete Mahlzeit wünschen' znrannte: „Jetzt unwiderruflich!' Der Blick, mit dem sie gesprochen wurden, das Erbleiche» der Hausfrau, verbunden mit dem verräterischen Schimmer ihrer Au gen, sagten mir genug. „Arme Lora!' dachte ich bei mir. Beim Kaffee, den die Gesellschaft, zu zwanglosen kleinen Gruppen

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Page 19 of 24
Date: 29.07.1905
Physical description: 24
den von mir öfters gebrauchten burschikosen Trinksprnch: „Prosit, altes Hans!' klar und deutlich aussprach. Meine Lobeserhebungen sanden jedoch ein schnelles Ende, indem Frau Elise, die Stimme ihres zurückkehrenden Gatten vernehmend, den Vogel schleunigst in seinen Käfig expedierte. Krebsrot im Antlitz, helle Schweißtropfen auf der Stirn, kam Robert zur Thür hereingeschossen und iu komischer Eile sich sofort des zwängenden Frackes entledigend, rannte er wie besessen im Zimmer umher, dabei unaufhörlich

!' war ich nahe daran, herauszuplatzen. „Und euer Kammerdiener!' räsouierte Robert weiter. „Solch' eiu ausgeblaseuer Kerl ist mir doch meiu Lebtag noch nicht vor gekommen! Denkt doch dieser Einfaltspinsel, daß ich ans lauter Respekt vor ihm den Hnt in der Hand trage! Behandelt mich von oben herab, als wenn ich ein reisender Handwerksbursche wäre, es hat nur noch gefehlt, daß er mir einen Nickel in die Hand drückte! Weißt du, Helmut,' sagte er, plötzlich seinen Dauerlaus unterbrechend uud mit wild fuchtelnden

. Solches Pech kann natürlich mir mir passieren! — Was der Prinz nur von mir denken muß! Aber heute abend werde ich die Scharte wieder auswetzen, ich weiß schon „wie'! Er soll nicht glauben, ich sei ein Trottel, der nicht bis auf drei zählen kann. Ich werde heute abeud eine Begrüßungs rede vom Stapel lassen, die sich gewaschen hat!' „O dn meine Güte, anch das noch!' unterbrach Frau Elise gauz entsetzt die kühnen Vorsätze ihres Gatten. „Robert, tn mir den einzigen Gefallen nnd gib diese Unglücksidee anf

! Die Zeit ist viel zn kurz, um einen anständigen Toast auszuarbeiten nnd zn lernen, und aus dem Stegreif kannst dn uicht sprechen, dn bla mierst dich nnsterblich!' „Blamieren?' rief Robert beleidigt und in seiner Mannes würde gekränkt. „Wart', ich werde dir das Gegenteil beweisen! Dn traust mir anch gar nichts zu! Übrigens beruhige dich, es soll kein langer Toast werden, nur ganz kurz aber geistvoll, nicht zu devot und doch ' „Robert, du verdirbst mir das ganze Fest! Ich habe keine ruhige Minute mehr

— laß dich erweichen und steh ab von dieser Idee!' bat sie flehentlichst. „Nimmermehr!' rief Robert, das Zimmer verlassend, während seine Frau gauz gekuickt in einen Sessel sank. „Es ist doch merkwürdig,' meiute sie endlich senszend, „daß grade die Lente, die absolut keiu Rednertaleut haben, sich so gerne sprechen hören- Ich gehe jede Wette ein, daß er, nnd sei der Toast noch so kurz, ganz jämmerlich stecken bleibt. Sie werden mich aus lachen, Herr Rittmeister, wenn ich Ihnen sage, daß seit

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Page 10 of 26
Date: 04.02.1913
Physical description: 26
^ lange gut bin, und nur die Furcht, mich lächerlich zu machen, mich davon abhielt, mich ihr offen zu erklären. Ist auch sie mir gut? Es muß so sein, sonst kann ich mir ihr Benehmen nicht erklären. Nun gut, heute Nachmittag sollen die Würfel fallen. Tann soll es sich zeigen, ob Robert Schütz den Anschluß verpaßt hat, oder ob auch für ihn noch ein später Liebes frühling blühen wird. Im Herzen blüht er schon, und ich fühle mich wieder jung. Es sei gewagt! Der Kaffee war in Strömen geflossen

. Winzige Kuchelkrümel auf den bunten Tischdecken gaben Kunde von dem Reichtum, der vor kurzem noch hier geherrscht hatte. Satte, zufriedene und lächelnde Gesichter verrieten, wo die Kasseeströme und die Kuchen berge geblieben waren. Die Stricknadeln klapperten mit den Mündern um die Wette, denn die beschützenden Mütter und Tanten ließen das junge Volk sich draußen auf den duftenden Wiesen austoben und amüsierten sich auf ihre Weife. Tie Ab wesenden trugen dabei die Kosten. Onkel Robert

, halb widerstrebend ließ Robert Schütz sich vor der anmutigen Käte nieder und rief mit etwas bewegterer Stimme, als die lustige Situation es erfordert hätte: „Liebe Käte, ich bete Dich an, ich brauche eine Frau und Du einen Mann!' — Käte war über den unerwarteten Scherz glühend rot geworden. Um ihre Verlegenheit zu verbergen, gab sie dem Knieenden einen scherzhaften Backenstreich, und husch, fort war sie. „Wer mich fängt, darf mich behalten!' rief sie übermütig zurück. Jubelnd stürmte däs junge Volk

der Fliehenden nach, die dem nahen Wald zueilte. Bald war Käte zwischen den grünen Büschen verschwunden, vor denen die Verfolger lachend, still hielten. Nur Max Helmers der junge Provisor des Städchens, der allein weit voraus gewesen war, stürmte mutig in der Wald hinein. Ihm folgte keuchend Robert Schütz. Hinter jedem der dicken Stämme glaubte er des Mädchens weißes Kleid auf tauchen zu sehen, hoffte er ihre neckische Stimme zu vernehmen, doch immer war es eine Täuschung. Sicher war das Mädchen schon längst

, so sehr lieb!' Die Brust des Mannes hob und senkte sich stürmisch. „Käte, sage mir das eine, und die Wahrheit: Warum hast Du mich heute morgen zum Mitgehen überredet?' „Siehst Du. Onkelchen — aber ich bitte, bitte, nicht böse sein! — Frau Schlegel hätte mich bewacht, wie ein Drachen. Unter ihrer Hut hätte ich Max nicht sprechen, ihm nicht einnial die Hand reichen können, ohne daß es von ihren Luxaugen bemerkt worden wäre ' Sie legte die Hände auf seine Schultern. „Onkel Robert, willst Du bei Papa ein gutes

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Page 25 of 26
Date: 18.12.1897
Physical description: 26
noch Sonnenglanz! -> Grauer Stunden dunkler Kranz! Wie ein Schiff auf stillem Meer Tot und traurig treibt umher, Wie ein Mühlrad ohne Bach, Still verharr' ich Tag auf Tag. Manchmal muß es doch gewittern! Manchmal muß das Herz erzittern! Muß in Leid und Freud' erbeben : Wie so öd' ist sonst das Leben! Heinrich stcudel. Am Grabe des Wohlthäters. Was wäre aus ihm, dem armen Robert, geworden, der in seiner frühesten Jngend schon seine Eitern verloren, wenn sich seiner nicht der alte, mürrische, als Sonderling

bekannte Stadtarchivar angenommen hätte? Robert war der Sohn eines Freundes und Studienkollegen des alten Bräuners, wie der Stadtarchivar hieß, und als jener starb, da sorgte dieser, obwohl Junggeselle und in bescheidenen Vermögensverhältnissen lebend, dennoch für das'verwaiste Kind, welches schon vorher seine Mutter verloren hatte. Waren auch die Tage der Kindheit für Robert nicht besonders ange nehm, denn der alte Sonderling konnte die Kindermunterkeit nicht leiden, so lehrte der Alte den Knaben

dennoch so manches Nützliche und Wissenswerte und stattete ihn damit für die Zukunft aus. Robert wurde Kaufmann, ging hinaus in die weite Welt und erwarb Reichtum und Ansehen. Er verheiratete sich, und als aus dieser Ehe ein Sohn entsproß, gab es keinen Glücklicheren als ihn aus der Erde. Wohl hatte Apbert seinem Pflegevater geschrieben, doch war dieser ein Feind jedweder ÄIrrespondenz und beantwortete die an ihn gelangten Briefe nicht. Bei all dem Glück, das bei Robert Einkehr hielt, empfand er heiße

Sehnsucht nach der alten Heimat, nach jenem stillen Städt- chen, in dem er die Tage seiner Kindheit verbrachte, nach der altväterisch ein gerichteten Swbe des alten Sonderlings und nach diesem selbst. Endlich wurde die Reise angetreten und nach wochenlanger Fahrt kam Robert und seine Familie im Heimatsorte an. Dort hatte sich seitdem gar vieles geändert. Au Stelle der alten epheuumrankten Häuser standen Zinskasernen da, und selbst das Haus, in dem er und der alte Sonderling wohnte, war verschwunden

. Dieser selbst war vor Jahren gestorben und lag draußen auf dem Gottesacker — sein Name war den jüngeren Bewohner» völlig unbekannt. In tiefer An dacht versunken steht Robert am Grabe seines Wohlthäters, neben ihm seine Frau und sein Sohn. Auch die Frau gedenkt im Gebete des alten Sonder ling, den sie zwar nicht kannte, der aber ihren Robert auferzog und ihr Glück damit begründete. Nur der kleine Gottfried, der den Bornamen des alten Bräuners trägt, blickt teilnahmslos in die Welt, deren sonderbares Getriebe

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Page 26 of 32
Date: 30.07.1910
Physical description: 32
dächte. Man wartete, aber der Doktor Leisewitz erschien nicht. Sollte er die Einladung nicht erhalten haben? Man wartete weiter und wunderte sich. Besonders Hedwig sah enttäuscht drein. Endlich gegen halb neun Uhr kam er, aber er sah sehr nieder geschlagen und verstört aus. Schon nach der ersten Begrüßung fiel es allen auf. „Was ist dir, Robert?' fragte Leonhard. „Dir muß etwas Außerordentliches begegnet sein.' „Ja, das ist es auch,' versetzte der junge Arzt. „Ich will es Ihnen,' wandte

er sich an Frau Bertha und Hedwig, „in alier Elle erzählen und muß um Entschuldigung bitten, wenn ich mich bald wieder entferne.' „Da kommen wir also um unsere Musik,' schmollte Hedwig. „Mich ruft meine Pflicht als Arzt,' erwiderte Robert und machte ein ernstes Gesicht. „Hören Sie also. Es betrifft einen Herrn, der Ihnen sicherlich auch dem Namen nach nicht unbekannt ist, einen Baron von Lüttenhorst.' „Was ist mit ihm?' fuhr es Leonhard heraus. „Er liegt im Sterben,' erklärte Robert. Leonhard sprang

auf. Die Nachricht kam ihm zu unerwartet. „Mein Gott, wie ist denn das möglich?' stammelte er. „Ja, so rasch kann es kommen,' sprach Robert. „Ich habe meine Wohnung draußen in der Vorstadt in der Nähe des Wal hallatheaters, uno da sich der Unfall oder besser gesagt, das Ver brechen dort zutrug, so wurde ich als der zunächst wohnende Arzt schleunigst zur ersten Hilfeleistung herbeigeholt. Ich war gerade dabei, ein paar neue Saiten auf meine Geige zu ziehen, da stürzte ein Mensch in mein leeres Entreezimmer

waren, und versprach, baldigst wieder zu kommen. Nachdem ich noch die Wunde des Mädchens in Augenschein genommen hatte, dem die Kugel genau im Herzen saß, entfernte ich mich und begegnete am Eingang einigen Herren vom Gericht, mit denen ich noch zu sammen ein Protokoll aufnehmen mußte. Daher meine Ver spätung. Ich sehe, Leonhard, du bist ganz außer dir. Hast du den Baron genauer gekannt?' „Ich habe — früher wohl mit ihm verkehrt. In letzter Zeit hatte ich mich von ihm zurückgezogen. Robert, ich gehe

mit dir. Vielleicht kann ich von Nutzen sein.' Er eilte hinaus und kam mit Hut und Überzieher zurück. Auf der Straße riefen die beiden jungen Männer einen Wagen an, und während sie dahinfuhren, berichtete Leonhard von den Zwistigkeiten, die er mit dem Baron gehabt hatte. Er brauchte sich Robert gegenüber keinen Zwang anzutun, und außerdem hatte er den mächtigen Wunsch in sich, sich gegen einen Freund auszu sprechen und sein übervolles Herz von seiner Last zu befreien. „Ich kann's noch nicht fassen' — endete

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Page 7 of 8
Date: 17.02.1940
Physical description: 8
, und von meinen Bergen. Mein letzter Gruß gilt Euch in meiner Heimat. Langsam entschwanden einst die Berge mei nem Blick. Grau und dunkeil grüßten ihre Spitzen zum letztennml herab, als wollten die Felsen rufen: „Bleib treu dem deutschen Land, wir sind es ewig!' Und nun, liebe Eltern, meine herzlichsten Grüße allen zuhause und bleibt gesund. Be sonders aber grüßt Euch, liebe Ellern, Euer dankschuldiger Hans. Jer neue Film Robert koch der Betämpfer des Todes Derzeit bringen die Lichtspiele Lie n z den Emil Jannings

-Fllm „Robert Koch' zur Aufführung. Wer die Weltgeschichte verfo-igt. auf histo rischem, kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet, wird immer wieder feststellen, daß die großen Pioniere auf diesen Gebieten selten Anerkennung und Lob zu ihren Leb zeiten ernteten. Von erschütternder Tragik und gigantischer Größe ist oft das Helden tum von Forschern und Entdeckern und fast von allen wissen wir, daß der Kampf um den Sieg über die Verständnislosigkei-t der Menschen oft härter auszufechten

war, als eine Entscheidung durch Feuer und Schwert. Einsam durchwachte Nächte, Not und Ent behrung, Spott und Hohn der Kollegen waren der Lohn für die unermüdliche Forscherarbeit des Arztes Dr. Robert Koch. Damals ein kleiner Landarzt, verkannt und verlacht, und heute ein Begriff in der Well der Medizin — der unvergeßliche, große Entdecker. Ihm und seiner Unbeirrbarkeit dankt es noch heute die Menschheit, daß er sie von einer Geißel befreite, die der Tod schwang. Jahre um Jahre kämpfte Dr. Ro bert Koch in der Stille

seines dürftigen, armseligen Laboratoriums für diese wich tige medizinische Entdeckung, bis ihn endlich ein Ruf nach Berlin in ein großes Institut rief und «ihm nun die Möglichkeit gab, in weitem Umfange in großzügiger Weise seine Forschungen durchzuführen. Wir wandern mit Dr. Robert Koch — Emil Iannin gs — durch Not und Armut und sehen dem Tod ins Auge. Durch Ana tomiesäle und Krankenzimmer führt dieser Weg. Er zeigt uns überfüllte Hörsäle und begeisterte Studenten und glänzende Hof-- balle beim alten Kaiser

geben ein Bild von jener Zeit um 1886. Wir sehen Rudolf Virchov — Werner Krauß dem großen Forscher Robert Koch als unerbittlichen Gegner gegenüber und erleben den Kampf und die Niederlage, den Schmerz und die Verzweiflung des stillen Gelehrten. Und heute wissen wir um den Segen dieser Forscherarbeit und stehen ehrfürchtig still vor dem großen Werk dieses Mannes, diesem Werk, das über das Grab hinaus dauert und vor dem Namen, der weit über den Erdball bekannt ist und auch lMben wird. 3. F. Srivve

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Page 19 of 24
Date: 10.07.1897
Physical description: 24
ich werde es unseren Krauskopf lehren,' frohlockte Martha, „und hübsch bedacht sein, daß er ohne Stocken spricht, damit der Eindruck nichts verliert.' „Wohlan, so reisen wir am nächsten Dienstag ab. Am Schlüsse der Woche wollen wir wieder hier sein.' Robert Gerwig saß in seinem Arbeitszimmer und blickte nach denklich auf die Straße hinab. Er hatte eben flüchtig die Bilanz gezogen und war zu dem betrübenden Ergebnis gelangt, daß seiner Gattin und Tochter so gut wie nichts zum Leben bleiben würde, falls er die Augen

Augen blickten keck und unschuldsvoll in die Welt. Geraden Weges schritt die liebliche Kleine auf Robert Gerwig zu, 'ah ihm lächelnd in die Augen und plapperte dann nach Kindesart.- „Zu deinem heut'gen Wiegenfeste Wünsch' ich von Herzen dir das Beste Nnd biete als Geschenk dir dar Mein kindlich Herz, mein Augenpaar, Die Locken hier, mein ganzes Ich O, lieber Großpapa, nun sprich! Willst du die kleine Hedwig halten? — Sieh, meine Händchen will ich falten Und bitten dich i ,O, sei doch gut, Verstoße

, in die Arme seines alten, kranken Vaters zu eilen.' „Das ist nicht nötig, lieber Papa,' sagte Hedwig, die herab rollenden Thränen trocknend. „Da sind Deine Kinder!' „Vater, lieber Vater!' schallte es von der Thüre, in deren Rahmen Kurt, Martha, und Frau Gerwig sichtbar wurden, „bin ich wieder Dein Kind, darf ich Dich in meine Arme schließen?' Robert Gerwig war keines Wortes mächtig, er öffnete seine Arme, in die Kurt, laut weinend, eilte. Der verstoßene Sohn kniete vor dem Vater, und der versöhnte Greis

verbarg schluch zend sein Gesicht in den dunkelblonden Locken seines Kindes. Es war ein Bild, wie es ergreifender nicht gedacht werden kann. — Allmählich löste sich der Bann, den Schmerz und Freude um die Herzen gelegt hatte, und nun schloß Robert Gerwig auch Martha, seines Sohnes Gattin, in die Arme und bat sie, zu vergessen, was er einst gesagt.' „Zu vergessen, lieber Vater, habe ich nichts,' sprach Martha sanft und ihm zärtlich die Wangen streichelnd. „Ich wußte, daß das Herz bei jenen Worten

nicht beteiligt war, und darum schied ich damals mit dem sesten Vorsatz, wiederzukommen, wenn auch erst nach vielen Jahren.' „Der Haß macht blind, meine Tochter,' sagte Gerwig. „Die besten Freunde läßt er uns verkennen und uns den Feind fiir einen lieben Freund halten.' „Vergessen sei,' sprach Kurt, „was hinter uns liegt; ein neues, glückliches Leben sei begonnen.' „So sei es,' stimmte Robert Gerwig ein, „und ich beginne es, indem ich diesen kleinen Engel auf einige Zeit ganz in Beschlag nehme.' Abermals hob

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Page 27 of 32
Date: 16.07.1910
Physical description: 32
war. Er hatte sich bis her redlich bemüht, einen Tanz mit Hedwig zu erlangen, aber vergeblich, immer kam ihm ein anderer zuvor. Robert Leisewitz fühlte auf einmal die Hand Leonhard Prechts auf seiner Schulter. „Guten Abend, Robert', sagte Leonhard und schüttelte ihm die Hand. „Hübsch von euch, daß ihr meiner gedacht und mich eingeladen habt', sagte der Angeredete. „Wir waren doch Nachbarskinder und Schulkameraden. Du hast dich rar gemacht bei uns, Robert. Da haben wir die Gelegen heit nicht vorübergehen lassen

, dich heute wieder in unsere Kreise zu ziehen. Du hast studiert und bist jetzt Arzt?' „Jawohl, Arzt ohne Praxis.' „Nur Geduld, die wird schon kommen.' Nach einigen Worten ging Leonhard weiter und vr. Robert Leisewitz stand wieder allein. Durch die Anrede war wieder eine Gelegenheit verpaßt, sich Fräulein Hedwig zu nähern. Sie waren Nachbarskinder gewesen und kannten sich gut. Nachdem aber Roberts Vater Unglück gehabt hatte und mit einigen geretteten Trümmern aus dem ehemals sehr ansehnlichen Ver mögen

aus der Straße, wo das Prechtsche Haus stand, forlgezogen war, kamen sie sich eine Zeitlang aus den Augen. Robert, im Gefühl seiner Armut und Unbedeutendheit meinte, daß sich nun eine Kluft aufgetan habe zwischen ihm und den ehemaligen Spiel gefährten, und hatte nicht gewagt, die Freundschaft zu erneuern. Um so angenehmer war er überrascht, als er die Einladung zu dem Feste erhielt. Man hatte ihn also doch noch nicht vergessen. Aber es sollte noch besser kommen. Als die Damenwahl an gekündigt wurde, sah

kannte ihn. In die Finanzkreise der Stadt gehörte er sicher nicht. Hedwig Precht aber mußte ihn sehr gut kennen, denn sie behandelte ihn wie einen nahen Verwandten. Man er kundigte sich. Ach der? Nun, der kam sicherlich nicht in Betracht. Robert aber war ein glücklicher Mensch für den Rest des Abends. Das Wiedersehen mit der Jugendgespielin, die er »immer gern gehabt hatte, erquickte ihn. Und wie natürlich und einfach sie sich gegeben hatte! Die war unverdorben und frisch geblieben

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Page 25 of 30
Date: 20.08.1910
Physical description: 30
. Dieser neueste Freier ist mir doch noch lieber als Mr. Bigburne.' „Du mußt ihm schreiben, bester Bater.' „Natürlich, heute noch. Bevor der nächste Strauß kommt. Er wird sich schon zu trösten wissen.' 9. „vr. Robert Leisewitz, praktischer Arzt. Sprechstunden 8—10 Uhr vormittags, 3—4 Uhr nachmittags.' Das blanke Porzellanschild neben dem Eingang in oas hohe Haus, dessen Parterreräume links der junge Äskulap innehatte, machte sich entschieden hübsch. Nur schade, in derselben Straße, die gar

nicht einmal eine übermäßige Länge hatte, gab es noch vier andere solche Schilder, darunter das eines berühmten Spe zialisten, zu dem die Kranken scharenweise kamen. Schcn mancher junge Anfänger in der Stadt hat die vier Wände seines leeren Sprechzimmers so angeseufzt und vergebens auf ein Mittel gesonnen, die Patienten heranzuziehen, wie I>r. Robert das tat. Es kam selten jemand, weder in den Sprechstunden, noch außerhalb derselben, und wenn jemand kam, so war's ge wöhnlich eine schnell erledigte Sache. Er lag

, entzückenden kleinen An zeichen erkannt, daß auch Hedwig Precht für den einstigen Jugend kameraden besonders warm fühlte. Wäre sie doch arm! Aber freilich, das war noch schlimmer. Dann hätten sie beide nichts gehabt. Aber Robert würde dann längst den Mut gefunden haben, um sie zu werben, und hätte sie vor der Welt seine Braut genannt. Mußten sie dann auch vielleicht lange warten, bis der unbekannte Arzt sich eine Stellung errungen hatte, sie war doch sein eigen und konnte ihm nicht entrissen werden. „Ach

kein Patient. „So — ein Mahl, von ihrer Hand bereitet, würde mir noch besser schmecken.' Die Geräte und Eßvorräte wanderten wieder in den Wand schrank; vr. Robert Leisewitz schloß sein Domizil ab und schlen derte die Straße entlang. Geheimer Medizinalrat Dr. Knippenberg fuhr gerade vorüber. Das kleine Coups war so blank geputzt, daß man sich darin spiegeln konnte. Darin saß der vielgesuchte Modearzt, den goldenen Kneifer auf der Nase und die Zeitung in der wohlgepflegten Hand. Auf dem Bock thronte

ein Rosselenker in prächtiger Livree und schaute auf alle Fußgänger verächtlich yerab. In Robert regte sich so etwas wie Neid. Sicherlich nahm der an einem Tage mehr ein, als er selber in einem ganzen Monat! Der verkehrte als Hausarzt in den ersten Familien, fühlte mit süßlich lächelnder Miene der gnädigen Frau den Puls, wenn diese ihre Nerven hatte und verordnete ein Seebad oder frische Ge- birgsluft, während er selbst einem schmutzigen Schusterjungen den aufgerissenen Daumen verband. Ja, die Glücksgüter

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Page 22 of 24
Date: 04.02.1905
Physical description: 24
er aus. „Wie dankbar soll ich mich Ihnen erweisen, daß Sie als erste so prächtig praktische Konsequenzen ans meinem letzten Vortrage in der .Popnlär-wissenschaftlichen Gesellschaft' gezogen und zur alten, bieder-ehrlichen und fröhlichen Weife unserer Großväter zurück gekehrt sind! Die verstanden doch wahrlich anch, den Freuden becher zu trinken, ohne sich, wie wir modernen Menschen, durch eiu Übermaß beengender Formen einschränken zn lassen.' Robert Heilmann wühlte sich durch die Menge der Gäste. Der Schweiß

, helle Leberwürste. Einladend anssehendes, goldgelbes Kraut wurde auf audereu Schüsseln gereicht nnd schließlich Knödel, weiß, groß und glänzend. Jählings war glühende Röte in der HanSfran Wangen gestiegen, nnd ein Heer Tropfen des alten Rheinweines hatte Robert Heilmanns bebende Hände beim Anblicke seiner Lieb- lingsspeise verschüttet. Dieser unglückselige Meher? Was fiel ihm nur eiu, nichts als Würste zu senden. Aber die meisten Gesichter blickten froh-neugierig und durch aus nicht uilaugeuehm

freundschaftlichst Vor würfe zu machen, daß sie gar nichts von ihrem Plane verraten; sie ersnchte Fra» Marga auch, ihr für den nächsten Ball mit gutem Rat zur Seite zu stehen. Robert Heilmann hatte bereits sämtlichen Herreu der Gesell schaft, soweit sie dem Zivilpublikum angehörten, im Vertrauen die Adresse des ausgezeichneten „Erbauers' seines roten „PrinzWales- Frack' angeben müssen. Herr von Rosarins kam mit Oberleut nant Steiuseld beinahe in frenndfchaftlichen Streit, wer von beiden zuerst das äußerst

Unterhaltung flogen die Stunden davon, uud so stieg die Stimmung, daß man in den vorgerückten Stunden eine Symphonie zu tanzen versuchte, zu der Oberleutnant Steinseld einige neue Touren erfand. Mit dem Ausdrucke höchste» Entzückens schied alles, und »och nie hatten Frau Marga und ihr Gemahl so herzlich-warme Hände- drncke zum Dank erhalten. Als der letzte Wagen davongerollt, sank Frau Marga ihrem Gatten iu die Arme, weinte eine Frendenträne, und sagte mit sanftem Vorwurf: „Aber Robert, wie konntest

du die Gäste für heute einladen, während doch alles für morgen hergerichtet war?' Robert Heilmann wischte sich von der Stirne die schweren Schweißtropfen, ehe er erwiderte: „Ich bin fassungslos, liebe Marga. Das kann nur der Schreiber gemacht haben, dem ich die Einladungen znr Ansfertignng übergeben habe. Ich muß übrigens in meinem Schreibtisch noch einige Exemplare habe», die ich gester» mitbrachte für den Fall, als irgend jemand ver gessen worden wäre.' Er eilte in den bezeichneten Raum und kam

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Page 15 of 20
Date: 30.12.1905
Physical description: 20
gegen den Toten uud würde mich ebenso unglücklich machen.' „Wieso, meine Liebe?' „Du weißt, was ich meinem Väterchen in seiner letzten Lebens stunde versprach?' Die Freundin nickt. „Ich bin aber außerstande, Robert Linsen zu heiraten.' „Was hast dn gegen ihn? Er ist ein feiner, netter Mensch, ist vermögend, du kennst ihn ja seit lange —' „Was hilft das alles, wenn — wenn die Liebe fehlt.' „Die wird schon kommen. — Wenn eines Mädchens Herz frei ist —' „Das ist's ja eben! Ich . . . ich lie—, nein, nein

, ich bringe es nicht über die Lippen; ich schäme mich, dir so Auge in Ange zu gestehen —' „Im Dunklen wird's besser gehen,' lächelt die Freundin, steht aus, dreht die Gasflamme aus und schließt anch noch die zum Nebenzimmer führende Türe, da mit anch nicht der kleinste, ver räterische Lichtschimmer in das Schmolleckchen dringe. „Dn weißt,' fährt darauf Ani ta fort, „wie der Gedanke, mich so allein in der Welt zurücklassen zu müssen, meinem Väterchen das Sterben erschwerte. Da kam sein Frennd Robert Linsen

; er warb um meine Hand —' „Und du gabst ihm doch nicht dein Jawort?' „Ich . . . wollte ihn abweisen, fand aber Väterchen so unglück lich darüber, daß ich auf sein,Drängen ihm versprach, wenn ich binnen einem Jahr nicht anderweit gebunden sei, ich Robert Lin- sens Frau werden wolle. Dies Versprechen erschien mir damals so bedeutungslos, weil . . . weil —' Schluchzen erstickt ihre Stimme. Tröstend legt die Frenndin ihren Arm um Anitas Taille und streicht liebkosend über deren tränenfeuchte Backen. „Ahnst

. „An einem Weihnachtsabend,' schließt er, „haben wir nns zum erstenmal gesehen, an einem Weihnachtsabend erkannten mir mohl znm ersten Male nnsere gegen seitige Liebe — und an diesem Weihnachtsabend wollte ich mir dein Jawort holeu. Da, bereits auf dem Wege zn dir, wollte es ein unglücklicher Zufall, daß mir deine Verlob ng mit Robert Lin sen als fertige Tatfache zn Ohren kommt. Wie mir da znmnte war, Schatz — genng, deine Freundin entlockte mir mein Herzensge heimnis — uud — das übrige weißt du!' „So war's

ein abgekartetes Sviel, das ihr da mit mir ge trieben habt?!' „Das war's!' lacht Erich. „Dann . . . dann will ich gar nichts mehr von ench beiden Un getreuen wissen!' ruft Anita, in dem sie Erich ihre beiden Hände entzieht uud sich dauu schmollend abwendet. „Und wirst nuu Robert Linsen heirateu?' neckt der Böse sie; „meinst, der möchte dich nun noch haben, nachdem ein anderer dich eben abgeküßt hat?!' Und wieder nimmt er ihr lie bes Gesicht zwischen seine beiden Hände; vergebens wehrt sie sich seinen weiteren

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Page 7 of 10
Date: 21.09.1940
Physical description: 10
, sondern einzig und allein das Können. Zn großzügiger Weise sind Einrichtungen geschaffen worden, die es dem Aermsten unter uns ermöglichen, eine feiner Begabung entsprechende Schulbildung durch zumachen. Der zwölfjährige Volksschüler Robert B. in Sillian ist ein kleiner, aber außerordent lich begabter Harmonikaspieler. Darüber hinaus besitzt der Junge ein ausgesprochenes Musiktalent. Es war im Sommer dieses Lahres — so könnte ein Märchen beginnen — da spielte der kleine Robert auf der Feier abendbank

. — Die Prinzessin müßte sie im Märchen sein. — Sie setzt sich zu dem kleinen Spie ler und bewundert sein ungeschultes Können. Der kleine Robert erklärt ihr schüchtern, wie und wo er das Spielen lernte. Sie gibt dem Buben die Hand und sagt, daß sie ihm eine gute Freundin sein will. Und sie kommt immer wieder an das Feierabend bänklein zum lieblichen Spiel. Dann auf einmal blieb sie aus. Aber der kleine Ro bert hatte sie nicht vergessen und er wußte, daß auch sie seiner gedachte... Dieser Tage kam ein Schreiben

an das Bürgermeisteramt Sillian. Die Prager Musikakademie hatte durch die Freundin des kleinen Robert von dessen besonderen Fähigkeiten erfahren und fie will dem Jun gen das Studium der Kunststätte ermög lichen. „Es wird für ihn gesorgt werden und das Studium würde ihm nichts kosten...' heißt es in diesem Brief, der von Profeffor Dr. Hans Augustin von der Musikakademie in Prag unterzeichnet ist. Ein Märchen... das der Nationalsozia lismus wahr werden ließ. Kündigungsschutz für Miet- und Pachträume Der Reichsminister

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Page 15 of 20
Date: 27.02.1914
Physical description: 20
, hat eine Heidenangst ausgestanden.' „Lieber Himmel, ja ist es denn schon so weit gekommen, daß wir auf unserem Schloß nicht mehr sicher sind vor Leuten, die stets ihr Brot beim Grafen gefunden haben', sagte Anna ganz entsetzt. „Nun, was wär's, wenn der Graf ein Einsehen hätt' und noch einmal den Lohn erhöhen würde', sagte der Diener Robert. „Die paar Groschen dürft' er nicht so beachten, die Leute arbeiten dafür wieder um so emsiger.' „Jawohl, das glaube ich Ihnen. Das ist Wasser auf Ihre Mühle', sagte Georg

. „Am liebsten gar nichts arbeiten und einen großen Lohn.' „Wie können Sie mich beschimpfen', rief Robert zornglühend. „Ich trete nur für das Recht in die Schranken, wie es jeder ordent liche Mann tun würde.' „Was hat das schöne Getue für einen Wert', sagte Georg. „Sie würden wohl am liebsten den Führer der andern machen.' „Halten Sie ein, oder ich werde grob', sagte Robert, außer sich vor Erbitterung und Groll. „Still, der Gras', sagte Anna, und sofort trat Ruhe ein, denn Graf Fermond blicke eben zur Türe

herein, zog sich jedoch sofort wieder zurück. Das Gesinde verließ nun stillschweigend die Stube, seiner Be schäftigung nachgehend. Anna atmete auf, denn es hätte nicht viel gefehlt, und Robert und der alte Georg wären scharf an einandergeraten. Im blauen Zimmer stand Lisa am Fenster und blickte in den trüben Regentag hinaus. Zwei Jahre sind seit ihrem Einzug ins Schloß vergangen. Sie ist nun allein beim Großvater, denn vor einem Jahre hat die Vermählung ihrer Mutter mit Graf Marco stattgefunden

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Page 25 of 32
Date: 27.08.1910
Physical description: 32
— wir wollen ihre Beschützer sein. Es gibt nichts Schrecklicheres, als das Hangen und Bangen in schwebender Pein.' Robert hatte heute einen Glückstag. Es gibt solche Tage, an denen die wetterwendische und launische Fortuna uns im merfort ihr lächelndes Gesicht zukehrt. Er ging durch die Stra ßen und baute Lustschlösser. Er dachte nämlich darüber nach, ob es auch möglich sein werde, an die schöne, sonnige Küste des Süden eine Frau mitzunehmen. Als ob ihm Braut und Stellung schon gewiß wären, malte er sich die nächsten

war er vor Freude und belnd sich trotz oes Protestes der Mutter mit den Einkäufen. Aber zum Plaudern kam man nicht recht; dazu war das Ge dränge zu groß, und man mußte auf die Vorübergehenden acht geben. Wie viele Bekannte die Damen doch hatten! Robert be merkte mit Erstaunen, daß ein großer Teil oer Begegnenden grüßte. Jetzt kamen sie an die Wallanlagen, wo sich hübsche Prome nadewege um stille Teiche zogen. Weiße Schwäne glitten maje stätisch darauf auf und nieder. „Der Abend ist so wunder schön,' wagte

Robert zu bitten, „hier müßte man noch ein we nig lustwandeln.' Diese Bitte wurde ihm wi der Erwarten noch besser erfüllt, als er gehoiit hatte. „Liebe Hedwig,' sagte näm lich die Frau Senator, „ich könnte wohl noch einen Besuch machen bei der Frau Syndikus Jungk. Ich war so lange nicht dort, und sie wird es mir übelnehmen, wenn ich wieder vorbeigehe, ohne vorzusprechen. Ich sah sie am Fenster sitzen.' „Tu das, liebe Mama', ver setzte das Töchterchen gehorsam. „Der Herr Doktor

und ich, wir promenieren derweil hier aus und ab, bis du wieder zurück bist.' „Nur ein Viertelstündchen', meinte Frau Bertha und ver schwand in einem der geschmack voll angelegten Vorgärten. Robert pries die Gunst des Schicksals. Nun war er mit dem Mädchen allein, das er so heiß und aufrichtig liebte, und er gab sich das Wort, die Gelegenheit nicht ganz ungenützt vorüber gehen zu lassen. — Kinder spiel ten am Wasser und warfen glatte Steinchen über die im Abend sonnenlicht glitzernde Fläche. — Spaziergänger wandelten

auf und ab ooer saßen aus den hell gestrichenen Bänken im Gespräch. Robert war es, als sei die ganze übrige Welt für ihn versunken. Er sah nur das Mädchen an seiner Seite, ihre frischen Wangen uno lieben Augen. Er hörte mit Entzücken den Klang ihrer hellen Stimme und empfand schon Wonne, wenn ihr Kleid ihn zufällig berührte. „Sie sind ja so schweigsam', hörte er sie plötzlich sagen. Ja, vor lauter Seligkeit vergaß er das Reden. Aber nun Beilage zur Lienssr Teilung. Verlag von I. G. Mahl in Lienz.

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Page 11 of 18
Date: 09.10.1914
Physical description: 18
Neue Bahnen. Humoreske von Wolfgang Kemter, (Nachdruck verb,> eit mehreren Wochen merkte der Oberbuchhalter Robert Kraft, daß mit seiner Frau eine ihm unerklärliche Wandlung vorging. Noch wußte er nicht, was das Neue war, woher es kam und wohinaus es wollte, l aber, daß es da war oder besser heranschwebte, konnte ihm nicht verborgen blei ben. Elise war gar nicht mehr wie früher. Sie, sie vordem stets so pro per und wie aus dem Ei geschält war, konnte man jetzt noch um Mittag im Schlasrock

und vergessen in einer Ecke des Vorzim mers, und eine wackere Spinne hatte ihn zum Zeitvertreib schon vor einigen Tagen mit einem dichten Netz umsponnen. Robert Kraft, ein ruhi ger, gemütlicher Mann, dem alle Aufregung zu wider war, duldete in der stillen Hoffnung, daß es doch wieder besser wer den müßte. Fehlte ihm irgendein Knopf, so wen dete er sich nun an die Köchin, nachdem seine Frau eine solche Bitte des öfteren überhört Ter KriegsHasen v»n Tsver, einer der Hauptftützpmikte der englische« Alotte

. (Mit Text) hatte. Die Köchin brummte zwar auch, brachte den Knopf aber schließlich doch an seinen Ort. Eines Morgens lag der Kanarienvogel, Elises Liebling, tot im Käfig. Er war, wie Robert Kraft feststellen mußte, buch stäblich verhungert und verdurstet. Es lag ein großer Borwurf in seinem Blicke, als er es seiner Frau meldete. Mit einer Härte, die ihn wieder in peinlichstes Staunen versetzte, meinte diese gleichmütig: „Schade, aber was liegt am Ende an einem un vernünftigen Tierchen, ich habe ganz

anderes zu denken.' Mehr erfuhr Robert Kraft nicht und verließ in gedrückter Stimmung seine Wohnung. Er grü belte und sann Stunden, was diese gewaltige Än derung im Wesen seiner Frau verursachenmochte. Er kam zu keinem Resul tat. Grund zur Eifersucht lag für ihn sicher keiner vor, denn eine Frau, die einem^andern Mann ge fallen will, gibt womög lich noch mehr auf ihr Äußeres als vordem,nicht aber weniger, oder, Ro bert Kraft mußte es be kümmert gestehen, fast gar nichts mehr, denn Elises Morgenrock war nuu

deren ausschließli ches Bekleidungsstück ge worden, und die Zeit ging an ihm nicht spur los vorüber, und doch schien sie gar nicht daran zu denken, ihn wegzu legen oder waschen zu lassen. Robert Kraft war ein Sauberkeitspedant, und allmählich gingen ihm die Zustände in sei nem einst so gemütlichen Heime aus die Nerven. Eines Tages fehlte der Schlüssel zum Nähtisch. Tie Köchin Hütte Nadel und Faden gebraucht. Endlich nach langem Su che» wurde er rm Hose gefunden, über und über vom Rost bedeckt

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