Wie wir vernehmen, wird die Wählerliste heute aufgelegt! Achtung! 10 Tage Reklamations frist! Bor den Wahlen. Man schreibt uns: Nach kurzer Erholungs pause sind wir wieder in die gottverfluchte Zeit der Wahlen eingetreten. Früher hat mich das ganz kalt gelassen. Ich habe mich nie einer Partei angeschlossen, Hab' mich um Wahlen, Politik und Parteien einen Plunder geschert und sie haben mich auch in Ruhe gelassen. Gott sei Dank! Leider ist das gründlich anders geworden. Heute
werde ich müssen, denn im Land tage werden künftig zu wichtige Sachen verhan delt und beschlossen, die auch unsereinen angehen, wenn einem auch die Politik sonst zehnmal Wurst ist. Aber wqs ich zu essen habe, wieviel Steuern ich zahle, ob das wenige Gerstl, das ich besitze, ganz pfutsch gehen soll, ob ich Tiroler bleiben soll, oder ein Wienerjud werden, oder bairisch oder Schweizer, oder ich trau' mich gar nicht daran zu denken, ein Katzelmacher, das kann mir nicht gleichgiltig
sein, da Hab ich auch etwas dreinzureden. Und weil ich das will, werde ich wohl oder übel bei der Wahl mittun müssen. Auch das ist mir klar, daß ich, wenn meine Stimme was gellen soll, nicht allein bleiben darf, sondern mich wahrscheinlich werde zu einer Partei entschließen müssen. Das ist freilich schwer. Mir sind von jeher die ganzen Parteigeschichten wider den Strich gegangen, und die Tiraden meines Bruders, Gott Hab' ihn selig, der ein Parteifanatiker erster Güte war, sind mir zum Halse hinausgewachsen. Mich schüttelt's ganz
, einer Zeitung ganz gut lesen, aber von einer praktischen Durchführung derartig hirnris siger Ideen wird wohl kein vernünftiger Mensch etwas wissen wollen. Also mit einer solchen Partei ist es vom Anfang an nichts. . Des weiteren schaue ich nach, wie sich eine Partei zu meinem Vaterlande Tirol stellt, das setzt so in arger Not ist. Und da verlange ich von demjenigen, für den ich stimmen soll, daß er hrit ganzer Energie für die Unabhängigkeit von Tirol eintritt und für dessen möglichste Selb ständigkeit
. Von Wien haben wir einmal alle ganz genug. Es war schon früher kein Ver gnügen, von der Zentrale Wien aus regiert zu werden, und die Verfassung, die seinerzeit vor 40 Jahren gemacht worden, und die zentralistische Verwaltung eingeführt hat, — ich weiß nicht mehr genau, was für eine Partei damals in Wien die vorherrschende war, jedenfalls hat diese sich um Tirol nicht verdient gemacht — war kein Meisterstück. Aber die früheren Zu stände haben geradezu noch ein Paradies bedeutet im Vergleich zur jetzigen