Erzählungen aus der Cholera-Epidemie in Südtirol 1855, nebst einer Studie über die krankhaften Vorgänge in der Cholera und über zweckmäßige und unzweckmäßige Heilverfahren
Da ich aller neueren Forschungen über diese Krankheit unkundig war, so muss ich es für ein grosses Glück ansehen, dass mir zuerst ein kleines Dorf zugewiesen wurde, und dass hier die schweren Erkrankungen sich ganz vereinzelt folgten, zwölf in den ersten zehn Tagen, nie mehr als 2 an einem Tage. Ich hatte dadurch die Gelegenheit, fast meine ganze Zeit dem einzelnen, gerade im Anfalle befindlichen Kranken zu zuwenden, mir eine subjective Anschauung zu bilden, und die selbe
Mittel viel weniger reichlich vorhanden. Eis musste in Tenna 5 Stunden weit von einer Hochalpe geholt werden, in Fornass war absolut keines zu erreichen. In Tenna halte ich nur vier Krankenwärter fürs ganze Dorf zur Verfügung, ein Mangel, der sehr fühlbar wurde, als es mehrere Anfälle auf Einmal gab, und von den Verwandten des Kranken wollten die wenigsten Hand anlegen, höchstens die allernächsten Verwandten, Ehegatten, Eltern, Kinder, diese aber wurden gerade wegen des Animi pathema leichter