Faust bis ins tiefste Herz hinein zu empfinden. So erbarmungslos hart hatte er einst ihr erstes zartes Empfinden zermalmt; so riss er sie jetzt los von allen ihren seligen Hoffnungen und zog sie an sich als sein Eigenthum. „Nein, Margreth', sprach er weiter, und nun klang seine Stimme so milde, wie sie sie noch nie gehört zu haben meinte; „ein Bund, wie der unsere, darf sich wenigstens nicht auf einer Lüge aufbauen, an die wir auch bei der rosigsten Selbsttäuschung nicht glauben könnten. Lass
eS klar wer den zwischen uns' ... er schien eS nicht zu gewahren, wie leicht ihm jetzt das trauliche „Du' über die Lippen glitt, das er seit fünf Jahren osten tativ vermieden hatte . . . „Den unbefangenen Jüngling, der noch die ganze Welt in Rosen sah, hat Dein kindliches Herz einst lieb gehabt,' das weiß ich, und es war mir immer ein süßer Trost, mich daran zu erinnern, wenn die Falschheit der Welt meinen Ekel bis zur Verzweiflung trieb. Dann aber that ich nichts mehr, diese kindliche Neigung
zu erhalten, geflissentlich wies ich sie zurück — Dich hat eS wohl nur ein wenig gekränkt, mir schnitt eS tief in das bluünde Herz, und doch konnte ich nicht anders nach meinen« Gewissen. Ach, Margreth, wie viele beneiden mich und keiner ahnt, was ich verträumt, verloren und mit thörichter Hand selbst vernichtet habe von den einzig kostbaren Schätzen dieses Lebens; sie schelten mich und keiner blickt in mein Herz; sie schmeicheln meinem Reichthum und heimlicherweise verhöhnen sie mich, nnd das Bitterste
von alledem: ich habe er nicht anders verdient! Wie eine Blume blütest Du mir entgegen, ich aber hielt meine Hand zurück — Gott allein weiß, wie schwer eS mir wnrde — denn sie war nicht mehr rein genug. Dich zu pflücken. Wie oft in diesen Jahren, wenn ich allein dnrch den Wald streifte oder in meinem einsamen Zimmer saß, war mein Herz bei Dir! Mit dem Auge der Sehnsucht sah ich Dich erblühen und mit selbstquälerischen. Bangen fragte ich mich, ob und wie Dn meiner wohl gedächtest. Und dies glühende
nur noch der schreckenSvollen Er innerung leben? Nein, Tiessenbach, so schwer kann unser Fehler nicht wiegen! Ich gestehe eS ossen, ich kannte Sie bereits von weilen, und kam nur in der Absicht näher, unbefangen an die frühere Freundschaft anzu knüpfen. Daher mein Scherz, mein Lachen, obwohl mein Herz — sie hielt inne, als erwarte sie hier eine Gegenäußcrung WolsgangS; doch als dieselbe nicht erfolgte, er sie nicht einmal anblickte, schloss sie seufzend: „Vergessen wir eö! Lassen wir die Todten ruhen und den Lebenden