Nr. 1?6 „Bozner Zeitung' s^ii^>'-v'er Do'verstai. den ^4. ^snausi 19l)2. Mirs. Roman von 2. von SchreiberShofen. .6 ftometzung Der brennende Schmerz, die tiefe Demüthigung hatten die junge Frau Sebstbeherrschung gelehrt, sie fiihlte sehr deutlich, daß es Dinge giebt, die man nicht besprechen kann, die das Wort nicht ertragen. Sie scheute vor der Berührung dieser offenen, blutenden Wunde zurück, und Valeska war klug genug, keinen Versuch einer nochmaligen Besprechung zu wagen. Aber ihr Blick lag
und hat ja auch wohl Leute gefunden, die sie trösten. Sehen Sie nur, wie der lange, schnurrbärtige Mann um sie hemm ist. Es soll ein Landsmann von ihr sein, ein Deutsch russe.' Herr von Wilcke flüsterte Mira gerade etwas zu, worauf sie zwar nur kurz antworte, aber seine Art und Weise mußten jedem Zuschauenden den Gedanken schr naher Beziehungen zu der jungen Frau aufdrängen. .Er ist kompromettant für jede Dame, der er huldigt,' hatte im vorigen Jahre einmal eine Dame von chm gesagt. Mira dachte gar
nicht an ihn, sie sah ihn kaum. Ihr tönten Fragen und Rendensarten der Fürstin Usoff noch nach, die sie vorhin hastig, mit ganz be sonderer Betonung zugeflüstert und mit der Mage ge schlossen: „Gchört der Graf auch zu den Männern, die das Recht der Frau auf freie Bewegung leugnen?' Mra hatte verlegen gelächelt und Herr von Wilcke etwas gemurmelt vom höchsten Rechte der Frau, das ihr Niemand nehmen könne und dürfe. Die Fürstin nickte ihm lächelnd zu und machte ihm Platz neben Mra. , Da stieg vor Miras Erinnerung
schrieb, immer eingedenk der Mahnung Tante Linas, das junge, chüchterne Weib nicht heftig und rauh anzufassen, sondern nur mit Liebe, hatte auch Tante Lina selbst zur Feder gegriffen. Mit steifen, schon etwas unge lenken Schriftzügen bat sie die liebe, kleine Frau, deren Nähe von ihnen schmerzlich entbehrt werde, doch recht bald wiederzukehren, ihre alten Augen durch ihren Anblick zu erfreuen. Onkel Julius sehne sich nach ihrer Stimme, ihr Heiteres Lachen und Geplauoer fchle ihm. — „Uno, mein liebes
hatte. Die Thür oberhalb der bröckligen Stufen war offen, der Lichtschein fiel auf die Stelle, wo das Weib gestanden. Valeska schritt die Treppe hinauf und blickte neugierig in den Raum, der nur spärlich, noth dürftig, doch reinlich, ja auch hehaglich eingerichtet war. Eine alte Mau machte sich am Herde zu schassen; sie sachte aus dürrem Olivenholz ein Feuer an. Am Fenster, durch welches der blaue Himmels glanz hercinleuchtcte, arbeitete eine andere Frau an einem Stickrahmen. Sie siel Valeska aus, es mußte