Nr. 136 ..Bozner Zeitung' (Südtiroler Tagblatt) Dienstag, den 17. Juni 1V02. Die Fragen stell un g. Der Gerichtshof beschloß nach kurzer Beratung, den Geschworenen folgende Fragen.vorzulegen: „1. Hauptfrage: ist die Ange klagte Frau Anna Scaillet schuldig, das inkriminierte Gedicht verfaßt, geschrieben und an die Bozner Blätter versandt zu haben, um den Grafen Egon Khuen auf diese Weise dem öffentlichen Spotte preis zugeben? 1. Zusatzfrage (für den Fall der Vernei nung der 1. Hauptfrage
, waren keine Tatsachen, sondern bloße Stimmungsmalerei. Die Hereinzerrung der in der „Ostdeutschen Rundschau' erschienenen Artikel war einzig und allein darauf abgesehen, gegen die An geklagte Stimmung zu machen. Sie aber, meine Herren Geschworenen, haben einen Eid darauf ab gelegt, der Stimme der Zu- oder Abneigung kein Gehör zu schenken. Für Sie, meine Herren Ge schworenen ist nur etwas von Bedeutung, nämlich die Frage: Liegt eine Ehrenbeleidigung überhaupt vor? — Nehmen Sie die „Bozner Nachrichten
' und den „Tiroler', in welchen Blättern das Ge, dicht ohne fettgedruckte Anfangsbuchstaben erschien, und fragen Sie sich, ob der Graf Khuen da belci digt ist. Nein und nochmals nein, das steht un zweifelhaft fest. Erst als die „Bozner Zeitung', um den „Tiroler' zu verspotten, die Anfangsbuchstaben fettdruckte, erst da entdeckte man das Schimpfwort „Schafskopf' und hiemit die Beleidigung. Nun, meine Herren Geschworenen, ist aber jener Artikel der „Bozner Zeitung' nicht inkriminiert, er hat da her
für Sie nicht die geringste Bedeutung und aus den inkriminierten Artikeln hinwieder ist keine Be leidigung zu ersehen. Sagen Sie nicht etwa aus allzu großer Bescheidenheit: Ja, wir hätten das Akrostichon freilich nicht gefunden, dagegen wären vielleicht andere Leute so findig gewesen, auch wenn die „Bozner Zeitung' nicht darauf aufmerksam ge macht hätte. Sagen Sie das nicht, meine Herren Geschworenen ! Wohl niemand hätte das Akrostichon entdeckt, zumal es bloß in den Tagesblättern stand, nicht einmal in einem Buche