Anemonen aus dem Tagebuch eines alten Pilgersmannes ; Bd. 1
109 maligen Vertagung durch die Ungarn und daß der alte Kaiser dort niemals einige Achtung gefunden, daß er stets die unrühmlichste Nolle gespielt. — Max konnte nie vergessen, wie er als fünfjähriger Knabe bei eben jener Belagerung Hunger gelitten und kaum durch seinen ge liebten Hofschneider Kronberger mit etwas Wildpret getröstet ward. Die Richtung Wiens war eine durchaus östliche, die Maximilians, als Erben der Eifersucht Frankreichs und Burgunds, eine vorherrschend westliche
. Für diese wollte das üppige Wien keine ungewöhnlichen Opfer bringen. So mußte denn der Lyroler Bergsegen das Beste thun. Gewiß hatte das reiche- Wien sich ganz anders hervorgestellt, wäre Maxurnlians Entwurf gereist, als Heeresfürst einer Kreuzar mee, die-Donau und Constantinopel zu befreien und die Türken nach Asien zurückzutreiben, wozu ihm Leo X. bereits das geweihte Schwert und Barret, derselbe Augsburger Reichstag aber, auf welchem auch Luther erschien, eine allgemeine Kopfsteuer bewilliget hatte. — Als Max
verstorben und die neuen Herrscherjünglknge, der achtzehnjäh rige Carl und der sechzehnjährige Ferdinand, jenseits der Pyrenäen und des Mittelmeeres geholt werden sollten, meinten die Wiener dies Zwischenreich zu benutzen zur Erlangung der seit Albrechts I. Ge- waltthat entrissenen Rechte. Sie thaten hiesür zu viel und zu wenig und die Köpfe der Häupter rollten zu Neustadt vor die Füße des jun gen Ferdinand. — Wie Friedrich IV. nach Krems und Linz, wie den Großvater Max nach Tyrol, zog es Ferdinanden
aus Wien in das majestätische Prag und Böhmens Unterjochung blieb ein Haupt gedanke seines Lebens. In Ungarn spielte ohnehin Suleymann den Meister.— Rudolphs Hmgezogenheit nach Prag zu den Gräbern des milden Vaters Max und des strengen Ahns Ferdinand (die Mut-, ter Maria ging nach Spanien zurück, um wenigstens in einem völlig keherfreien Lande die Augen zu schließen) trat kein politischer Haupt zweck hervor, Er liebte-Böhmen und feine hohe, wissenschaftliche und Kunstbildung. . Seiüe täglich
