nicht Noth, uns gegen einen solchen Vorwurf zu ^vertheidigen. (Bei fall rechts,) Der Herr Abgeordnete hat auch den deutschen Klerus ange griffen und ihm den Vorwurf gemacht, als wenn er kein entwickeltes Nationalgefühl hätte, und in ähnlichem Sinne hat heute der hoch geschätzte Herr Abgeordnete der Leopoldstadt gesprochen. Ja, meine Herren, was heißen Sie eigentlich „entwickeltes Na tionalgefühl' ? Bei Ihnen, meine Herren, ist das Nationalgefühl nur dann „entwickelt', wenn es zur liberalen Seite
hin gravitirt. (Sehr richtig! rechts.) In Ihren Augen, meine Herren, ist deutsch und national nur derjenige, welcher auch auf Ihr Politisches Glau bensbekenntniß schwört, und das thut Gott sei Dank der Pflichttreue österreichische Klerus nicht. Das ist Ihr Grundfehler. Wir Deutschen lieben unsere Nation und unsere Muttersprache, wir wissen, wem wir unsere Kultur danken und wir halten unsere rroßen Gelehrten unsere Dichterheroen und unsere großen Künstler ebenso hoch
wie Sie, auch dann, wenn Sie nicht einmal unserer Religion angehören. Aber, meine Herren, wir glauben, daß es nicht eine besondere Eigen schaft des Deutschen sei, andere Nationen und Völker zu unterdrücken. (Lebhafter Beifall rechts. — Abgeordneter Dr. Trojan: Das ist der Unterschied!') Ich glaube vielmehr, meine Herren, es ist eine her vorragende deutsche Tugend, gerecht zu sein. (Bravo! Bravo! rechts.) Wir fühlen uns als Deutsche in culturellerBeziehung, allein in Poli tischer Beziehung sind wir nur und allein das eine: Oesterreicher
Gesetz gebung nicht weiter entwickelt haben, meine Herren, so ist das ge schehen, weil eine höhere Hand Ihren Willen gebunden hat. (Sehr gut! rechts.) Wäre das uicht, so wären wir in Oesterreich unter Ihrer liberalen Herrschaft vielleicht zu einem noch härteren „Kultur kämpfe' gekommen, als dieser anderswo namens der Freiheit losge lassen wurde. Ihr großer Fehler und die Hauptursache Ihres Sturzes war Ihr Kampf gegen die katholische Kirche und gegen die eigenen katholischen deutschen Bundesgenossen
, sich mit mir auf denselben zu stellen — stellen wir uns auf den Standpunkt der Frei heit, und glauben Sie sicher, wenn Sie diesen Standpunkt der wahren Freiheit einnehmen, so werden Sie auch das Recht achten lernen, nicht nur das Recht, welches eine zufällige Majorität durch ein Gesetz ins Leben ruft, sondern auch das natürliche, das göttliche und das historische Recht; und dann wird eine Verständigung leicht sein, nicht nur zwischen uns Klerikalen und den liberalen Deutschen, sondern auch zwischen Deutschen und Slaven. (Bravo