94 items found
Sort by:
Relevance
Relevance
Publication year ascending
Publication year descending
Title A - Z
Title Z - A
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_169_object_5188305.png
Page 169 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
Da flog über das harte Gesicht der alten Frau etwas, fast wie ein Lächeln. „Na na, mein Kind, nicht so rasch! Das Wasser ist naß und hat keine Balken!' . .. Und das feine Sümmchen, das ihr so merkwürdig ans Herz rührte, sagte wieder: „Ach Gott, Frau Wohltäterin, das weiß ich. Und ich Hab' schon hin und her überlegt, aber es geht nicht anders! Ich war' auch schon längst dort, aber Ihr Sohn hat mich zum Narren gehalten und hierher gebracht, statt unten an den See, wie ich ihn doch gebeten

hatte. Und überhaupt das war' alles nicht nötig gewesen, wenn ich mir nicht den Fuß verrenkt hatte, als ich von Hause lief.' . . . Die alte Frau mußte vor der Antwort erst eine Pause machen, denn sie hatte sich Zuvor gegen etwas wehren müssen, was ihr heiß in die Augen gestiegen war. „So, so, mein Tochterchen! Nun, wenn du nicht anders kannst, dann will ich dich auch nicht Zurückhalten. Aber ich alte Frau kann dich mit meinen schwachen Armen doch nicht bis Zum See tragen, also wirst du schon bei mir aushalten

müssen, bis dein Fuß wieder gesund ist. Dann kannst du ja ganz allein uà ohne Hilfe ins Wasser gehen — oder auch wieder nach Hause, ganz wie du dich besonnen hast!' Das junge Mädchen schüttelte den Kopf, denn es ver stand nicht den mitleidigen Spott in den Worten der alten Frau, hinter dem sich ein leise aufkeimendes, tieferes Ge fühl barg. „Rach Hause? Nein, Frau Wohltäterin, das kann kein Mensch von mir verlangen. Da ist der Vater und die Mutier

1
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_251_object_5188387.png
Page 251 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
Die alie Frau Baginska aber war zum Fenster hinüber gegangen und sah lange auf den dunklen Hof hinaus. Jetzt reute sie es fast, daß sie es nicht hatte über sich gewinnen können, zu dem Manne dort ein verzeihendes Wort Zu sprechen, das er auf seinen dunklen Weg noch hätte mit nehmen können, reute sie es wegen des kleinen Mädchens, das an ihrem Halse gehangen hatte, und dem sie doch be richten mußte, wie sein Vater gestorben war. Da schritt sie zu der Frau hinüber, die noch immer zu Füßen

ihres ' Mannes kniete, und rührte sie leicht an der Schulter. „Frau Holder, hören Sie, was Ihnen in Ihrem Schmerze vielleicht ein kleiner Trost sein wird. Zwischen unseren Häu sern ist so viel Schweres geschehen, daß es eigentlich kein Tod und keine Tränen fortwaschen könnten. Aber Gottes Wege sind wunderbar. Ebenso wie er mich dahin brachte, daß ich Ihrem Manne die Augen zudrückte, so hat er die Herzen unserer Kinder zusammengesührt. Und wo er so deutlich gesprochen hat, ziemt es uns nicht, uns dagegen

aufzulehnen! Also habe ich beschlossen, Ihre Tochter meinem Sohne als Frau zuzuführen und beiden den Vruchhof zu übergeben, damit sie darin schalten und walten können, wie es in ihrem Willen steht. Bevor ich dies aber tue, frage ich Sie, Frau Holder: Wollen Sie mir Ihr Kind ganz und gar zu eigen, geben und von dieser Stunde an sich me mehr um es kümmern, außer es verlangt selbst nach Ihnen?' Die Förstersftau. war aufgestanden und strich sich die herabgefallenen Haare aus dem verweinten Gesicht. Das Herz

3
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_252_object_5188388.png
Page 252 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
mit der Heirat, zu der sie es zwingen wollte, gedacht, ihm doch nichts Böses anzutun. Wer was half es, wenn sie auch jetzt nein sagte? Verloren hatte sie es ja schon längst. Also nickte sie nur zur Bestätigung, denn sprechen konnte sie nicht. Und die Frau Baginska fuhr fort: „Ich weiß, daß Sie sich und Ihrem Kinde durch diese Heirat mit dem Daniel Bogdan eine Versorgung schassen wollten. Also verspreche ich Ihnen, solange ich lebe, ein reichliches Ausgedinge, daß Sie keinem fremden Menschen

zur Last zu fallen brauchen, und ich werde dafür Sorge tragen, daß mein Sohn auch nach meinem Tode dieses Versprechen hält.' Die Frau Baginska atmete tief auf: „Und nun Gott befohlen, Frau Holder. Um Ihr Kind brauchen Sie sich nicht zu ängstigen. Das soll's mal gut haben auf dem Bruchhofe, denn ich habe es lieb!' ... Sie wollte sich Zum Gehen wenden, aber die andere vertrat ihr den Weg. In ihrem Gesichte arbeitete und zuckte es, sie wollte etwas sagen, aber über ihre Lippen kam nur ein Stammeln

. Und da warf sie sich auf den Boden und umschlang die Kniee der alten Frau mit ihren Armen. „O du grundgütiger Heiland! . . . Und da soll der da nicht auf Gnade hoffen dürfen, wenn so etwas schon hier auf Erden möglich ist?' . . . Die alte Frau Baginska aber machte sich sanft los und schritt aus der Stube, denn sie fühlte ihr Herz weich werden. Wenn sie noch länger geblieben wäre, wer weiß, ob es sich dann nicht ereignet hätte, daß sie auch die letzte harte Be dingung fallen ließ und der Fmu da womöglich

5
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_171_object_5188307.png
Page 171 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
Augen waren geschlossen. Die aber haschte nach ihrer Hand, preßte die Lippen darauf und fing zum HerzZerbrechen an zu weinen. . . . „Ach Gott, Frau Wohltäterin, wie komm' ich nur dazu, daß Sie so gut zu mir sind ! Und Sie dürfen mir glauben, der Jan und ich, wir können nichts dafür, daß wir uns geküßt haben; er schon gar nicht, denn er wußte ja nicht, wer ich war. Da Hab' ich schon ganz allein die Schuld, aber wo ich doch sterben wollte, glaubte ich, es sei keine Sünde, und Hab' es gelitten

. Etwas wollte ich doch noch haben von meinem armen bißchen Leben, nicht wahr? Und ich hatte schon früher immer an ihn denken müssen, Sie wissen doch, Frau Wohltäterin, wegen meinem Vater. Also war ich ihm auch damals nicht böse, als er mich für die Waldmar hielt und küßte, weil er sagte, er müßte sich be eilen, ehe ich mich in ein altes Weib verwandelte. Ich tat nur so und schalt ihn aus, denn das ist doch sonnenklar, daß wir beide voneinander nichts wissen dürfen.' „So, so,' sagte die alte Frau Baginska dazwischen, „ihr habt euch schon früher

getroffen?' Das junge Mädchen stützte sich in den Kissen auf. „Aber na ja doch, Frau Wohltäterin, an dem Tag, wo er zu Ihnen ging. Da tat er mir ordentlich leid in seinem schwarzen Rockchen, weil ich doch wußte, daß ihm all sein Bitten bei Ihnen nichts helfen würde. Ich wußte es schon längst, daß der alte Bogdan Sie ganz und gar im Sack hatte, denn der Daniel ist dumm wie Bohnenstroh und hatte uns alles erzählt, wie schlau sein Vater Ihnen immer zuredete, den Bruchhof Zu verkaufen. Ich durfte dem Jan

6
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_247_object_5188383.png
Page 247 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
Die Förstersfrau zuckte nur mit den Achseln. Einen Augenblick lang schwankte sie, ob sie dem Sterbenden den Trank reichen sollte, der ihn vielleicht für eine kurze Weile wieder zu Kräften kommen ließ, dann aber ging sie zum Schranke hinüber und holte die Medizin, die ihm sonst Lei seinen Anfällen Linderung verschaffte. Me Frau da drüben wußte ja so schon genug, was lag also daran, wenn sie noch etwas mehr erfuhr Ì Der Förster Holder trank gierig und saß eine ganze Weile schwer atmend

da. Dann hob er den Kopf, und in seine Augen war wieder etwas Glanz gekommen. „So! Ihr beide könnt mch nachher besprechen, wenn ihr allein seid. Ich habe keine Zeit mehr. Die drei dort an der Wand warten schon auf mich, und ich sehe sie, auch Mut ich die Augen zumache. . . . Und du, Frau, geh hinaus, denn ich will mit der da allein sein. Hab keine Angst, ich werde nur von mir sprechen? ' . .. Da nahm H , die FörsterZfmu schweigend das Licht vom Tische und ging aus der Stube. Der Sterbende aber sah

ihr nach, bis sie draußen war, dann sing er wieder an zu sprechen. „Frau Baginska, ich bitte Sie, kommen Sie ein wenig näher, denn ich kann nicht mehr so laut sprechen.' Und als sie, wenn auch mit innerem Widerstreben, willfahrte, fuhr er flüsternd fort: „Frau Baginska, es ist wahr, was damals Ihr Knecht behauptete, trotzdem mich die Richter freigesprochen haben. Aber ich sage Ihnen, ich bin nicht ganz so schuldig! In ein paar Augenblicken stehe ich vor Gott, und Sie dürfen mir glauben, daß ich Sie nicht- belüge

7
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_249_object_5188385.png
Page 249 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
kommen mußte . . . und da ... ich hatte doch selbst das Haus voll von Kindern, und an die dachte ich, was aus ihnen werden sollte. . . Die alte Frau stöhnte laut auf. Sie schlug die Hände vor das Gesicht und ließ sich in den nächsten Stuhl fallen. All der namenlose Schmerz, den die langen Jahre gemildert hatten, kam wieder frisch über sie wie damals in jener Nacht, und ihr war, als hätte sie ihre Söhne erst jetzt in diesem Augenblicke ganz verloren. An seine Kinder hatte dieser Mensch gedacht

, als er ihr die beiden Söhne ab schlachtete !... Der Förster Hölder griff über die Stuhllehne und zerrte sie am Rocke. „Frau, ich habe nicht mehr lang Zeit... ich steh' gleich da oben vor dem Richter Ich Hab' ihn immer abgeleugnet, aber jetzt weiß ich . . . daß er da ist! ... Die Krankheit, die ich damals geheuchelt habe, die . . . schickte er mir nachher Wirklich. . . . Und auch sonst . . . ich Hab' reichlich gebüßt... das Gewissen hat an mir gefressen . . . Tag und Nacht.' ... Er schrie laut auf und richtete

sich mit einem Male in dem Stuhle in die Höhe. „Herrgott, himmlischer Vater, hilf . .. da sind sie wieder . . . ganz dicht bei mir . . . recken die Hände und . . . wollen mich fortschleppen.' . . . Er sank wieder zurück und vor die Lippen trat ihm rötlicher Schaum. „Frau . . . Baginska , . . ein einziges Wort nur . . . daß ich nicht so verflucht . . . vor den Richter komm'!' Die alte Frau ließ die Hände vom Gesicht sinken. „Ich soll Ihnen vergeben, Herr Holder? . . . Nein, das kann ich nicht! . . . Das geht

8
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_173_object_5188309.png
Page 173 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
„Aber beruhigen Sie sich doch, Frau Wohltäterin, es ist ja nicht wahr! Das haben nur die Bogdans in die Welt gesetzt, damit der Jan vor dem Bormundschaftsrichter Unrecht bekommen soll! Ganz hatte ich's ja schon gleich nicht geglaubt, aber wie es mir der Daniel Bogdan heute erzählte, da Hab' ich vor diesem Menschen einen Abscheu bekommen, daß ich mich von ihm losriß und fortlief, bis ich mit einem Male über den Ast fiel. Wenn der nicht gewesen war', dann lag' ich schon längst wo anders und würd

' Ihnen jetzt hier nicht zur Last fallen! Und über haupt, nicht wahr, ich Hab' doch recht, Frau Wohltäterin und der liebe Gott kann mir doch unmöglich das als Sünde anrechnrn?' Sie richtete sich auf dem Ellenbogen empor und versuchte in dem Gesicht der alten Frau die Antwort auf ihre Frage zu lesen, denn mit einem Male war die Angst über sie gekommen, jene könnte sie an ihrem Vorhaben hindern. Die aber stand hoch aufgerichtet da, ihre Aug« blickten unverwandt in eine dunkle Ferne, nur ihre Lippen bewegten sich leise

, als wenn sie mit einem stille Zwiesprache hielte, der nur ihren Augen sichtbar war. Endlich beugte sie sich hinab und berührte mit ihren Lippen die Stirn des jungen Mädchens. „Kind, ich weiß mir selbst nicht Zu raten, noch zu helfen!. . . Aber vielleicht hat dich heute der liebe Gott in mein Haus geführt!' Und nach einer klemm Pause: „Geh, rück ein bißchen weiter, mein Kind! Mußt es dir schon gefallen lassen, diese Nacht neben mir Zu schlafen, denn ich Hab' keine andere Lagerstatt. Ich bin eine alte Frau, und von all

9
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_246_object_5188382.png
Page 246 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
namenloses Grauen überkam sie vor hem Alleinsein mit ihm, sie nahm den Leuchter vom Tische und lief fast, um der Einlaß Begehrenden die Tür zu öffnen ♦ -jc * Die alte Frau aus dem Bruchhofe hatte kaum darauf geachtet, daß der Förster Holder gar nicht aus seinem Stuhle aufgestanden war, um sie bei ihrem Eintreten zu begrüßen. Sie wußte ja, daß der Mann schwer leidend war, zudem aber war sie viel Zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Das Gefühl, in dem Hause und vor dm beiden Menschen Zu stehen

, von denen ihr so viel schwere Not und Ungemach gekommen waren, hatte sie so übermannt, daß sie ihrer ganzen Willensstärke bedurfte, um an nichts anderes zu denken als an das Vorhaben, das sie hierhergeführt hatte. Den ihr angebotenen Stuhl hatte sie abgelehnt, und nun stand sie da und rang mit den Worten, die sie hatte spre chen wollen. Da brach die Frau Förster Holder zuerst das Schweigen: „Sie hatten vorhin gesagt, Frau Baginska, Sie wollten mit uns wegen unfern Kindern sprechen

?' . . . „Ja, das wollte ich! Wer nun, da ich hier bin, fehlt mir doch fast die Kraft, die ich spürte, als ich allein mit mir war.' Der Förster Holder hob die Hand. Er deutete nach dem Schranke an der Wand, in dem seine Medizinflaschm stan den, und aus seinem Munde kam ein unverständliches Lallen. Da sah sie erst, wie es um den Mann da drüben auf der anderen Seite des Tisches bestellt war, und schrie laut auf: „Um Gottes willen, Frau Hölder, rasch! Der Mann stirbt ja!' ...

10
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_213_object_5188349.png
Page 213 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
wenigstens ein paar Tage noch, denn, wie alle Kinder, klammerte sie sich an den Augenblick, glaubte, alles sei schon gut und in der schönsten Ordnung, wenn es auch nur für eine kurze Weile verschoben war. Die Frau Baginska hatte sie eine ganze Weile lang angesehen, ohne ein Wort zu sprechen, war dann hinausgegangen und hatte die Tür der Jzbötka hinter sich zugezogen. In der großen Stube aber hatten die beiden Frauen lange miteinander gesprochen, zu weilen ganz laut

, als wenn eine die andere überschreien wollte, und schon sing Leuchen ganz leise an zu hoffen, daß sich's da draußen doch vielleicht noch für sie Zum Guten wenden könnte, da war die Frau Baginska wieder zu ihr hereingekommen, ganz blaß im Gesicht und in den Augen ein paar schwere Tränen. Sie beugte sich über ihr Bett, nahm sie in die Arme, küßte sie und sprach: „Mein Kind, ich kann dich nicht halten, denn ich habe kein Recht auf dich. Ich weiß selbst auch noch nicht, was wer den soll, denn so viel ich auch in diesen Tagen zu Gott

gebetet habe, so hat er mir doch immer noch nicht den richtigen Weg gewiesen. Aber ich vertraue auf ihn, er wird uns aus dieser Finsternis zum Licht führen, und wer weiß, vielleicht erbarmt er sich cppser und tut ein Wunder! ... Du aber versprichst mir, du wirst den törichten und sünd haften Schritt nicht wiederholen, von dem er dich schon einmal errettet hat. Willst du das tun?' . . . Da Hatte klein Leuchen ihre Arme noch einmal fest um den Hals der gütigen alten Frau geschlungen, sie geküßt

14
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_250_object_5188386.png
Page 250 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
„Nicht . . . vergebend' ... Er verkroch sich ganz in seinen Stuhl, als könnte er dort vor etwas, das ihn jagte, Zuflucht finden. „Nicht.. . vergebend' . . . Seine zittern den Hände falteten sich, und er versuchte mit lallender Stimme das Gebet der Gebete zu sprechen: „Vater unser, der du bist im Himmel. . Da faltete auch die alte Frau die Hände und sprach Mit lauter Stimme das Gebet mit, bis zu Ende. Und als sie Amen sagte und wieder aufblickte, da war auch das Leben neben ihr zu Ende. Der Mann

, der ihr so Schweres angetan hatte, lag lang ausgestreckt im Stuhle, seine Hände waren schlaff herabgesunken, nur seine Augen standen noch immer weit offen. Und in ihnen stand deutlich noch das letzte Wort geschrieben, mit dem er vor seinen Richter ge treten war: wie wir vergeben unfern Schuldigem. ... Da hob die Frau die Hand und erwies ihm den letzten Dienst, den hier auf Erden ein Mensch dem andern erweisen kann. Sie strich ihm leise über das Gesicht und schloß ihm die Augen. Die Förstersfrau war scheu

in die Stube getreten. Als sle ihren Mann tot im Stuhle liegen sah, schrie sie laut auf und warf sich über ihn. Wie Katz' und Hund, die Man zusammen in einen Käfig sperrt, hatten die beiden Menschen miteinander gelebt; kein Tag in all diesen Jahren war vergangen ohne Streit und Zank, und nun, da der Tod zwischen sie getreten war, fing die Frau an zu jammern, daß der Mann ohne Abschied von ihr gegangen war. Und % Schmerz und ihre Tränen waren echt, denn der Tod tst der größte Bezwinger verstockter Herzen

18
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_112_object_5188248.png
Page 112 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
Samel Guzek folgte ihm, ehe er aber über die Schwelle schritt, sagte er leise: „Frau Wohltäterin, ich habe lange Jahre Groll gegen dich im Herzen getragen wegen der Worte, die du damals zu mir gesprochen hast. Jetzt ist mein Groll fort, und du tust mir leid, aber ich kann dir nicht helfen. Es ist der Sohn meines Herrn, und ich hätte mich vor diesem meinem Herrn da oben schämen müssen, wenn ich ruhig zugesehen hätte, wie der Taglöhner da sich in sein Erbe setzt!' — — — In der Stube war es still

geworden. Einer nach dem anderen von den Knechten hatte sich auf den Zehenspitzen hinausgeschlichen, und schließlich war auch Herr Bogdan gegangen, nachdem er zuvor seine dicke Brieftasche wieder eingesteckt hatte. Er hatte noch fragen wollen, ob sie nun eine neue Verschreibung machen müßten, oder ob die alte vielleicht gültig sei und nur einer neuen Ausfertigung be dürfte, die alte Frau aber hatte nur mit der Hand gewinkt, er möchte sie allein lassen, und gar nicht geantwortet. Jetzt summten

wieder die Fliegen an den Fensterscheiben, der lange Pendel der Wanduhr sagte knack, knack, und alles war wie zuvor. Nur aus der Holzbank am Ofen saß eine gebrochene alte Frau und weinte still vor sich hin, weinte um ihr letztes Restchen Glück, das nun auch in Scherben lag . . . Wenn sie in den langen Jahren der Einsamkeit zuweilen fast hatte verzagen wollen, dann war es ihr ein Trost ge wesen, daß sie ihren Einzigen ferir von der Heimat in Sicherheit wußte. Dann waren ihre Gedanken weiter ge zogen, und sie sah

19
Books
Category:
Fiction
Year:
1913
¬Der¬ Bruchhof : ein Roman aus Masuren
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/90338/90338_245_object_5188381.png
Page 245 of 300
Author: Skowronnek, Richard / von Richard Skowronnek
Place: Stuttgart [u.a.]
Publisher: Cotta
Physical description: 298 S.. - 4. Aufl.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-20.154
Intern ID: 90338
Lampe Zum Tische trug, und das Mas der Glocke klirrte laut gegen den metallenen Rand. „Na ja, meinetwegen, wenn du glaubst, daß es dir dann leichter wird?' Und während sie zum Fenster hinüberging, um dem Knechte ZuZmufen, daß er die Pferde anschirren sollte, überlegte sie sich, daß sie dem Sterbenden diese letzte Bitte ohne Gefahr erfüllen tonnte. Bis der Pfarrer kam, war hier alles längst Zu Ende! . . . Da fuhr draußen vor den Fenstern ein Wagen vor, eine Frau stieg aus und pochte

gegen die verschlossene Haus tür. Aus dem Hellen heraus konnte sie aber nicht erkennen, wer es war. Sie öffnete den Flügel. „Wer ist denn da draußen?' „Ich bin es, die Frau Baginska, und ich möchte gerne ein paar Worte mit Ihnen sprechen wegen unsern Kindern.' * Der Sterbende hatte durch das offene Fenster die Ant wort gehört. Er faßte mit beiden Händen über die Arm lehnen des Stuhles und versuchte, auf die Füße zu kommen, aber seine Kräfte reichten dazu nicht mehr aus. Und nach der Anstrengung war ihm Schaum

vor die Lippen getreten, und die Worte kamen ihm nur noch wie ein Röcheln aus der Brust: „Daß du . .. sie mir nicht fortschickst, Frau! . . . Ich will sie sprechen . . . und sie bitten ... sie soll ver geben!' . . . Da warf sie ihm einen bösen Blick zu. „Wahrhaftig, ich glaube, du bekämst es fertig, dem \ Kind durch dem Geschwätz alles Zu verderben! Sie kann ja ebensogut morgen wiederkommen.' . . . Als sie aber sah, daß seine Züge sich verzerrten und auf seine Stirn , große Schweißtropfen traten, da verließ

20