lassen, geschweige denn selbst ilire Verstoßen und verlassen. Roman von EmilrNichedourg. (70) Er erhob sich; er wußte es nicht, daß er schwankte, wie ein Berauschter. „Mutter, meine Mutter!' wehklagte er. Sie stürzte auf ihn zu und ergriff seine Hände; dieselben glühten wie im Fieber. „Heinrich, mein Sohn, um Gottes willen, Du bist krank!' stieß sie erschreckt aus. Aber fast ungestüm wehrte er sie ab. „Mutler,' sprach er und seine Stimme klang heißer, während er zugleich die heftig Erregte neben
auszustehen: „Woher — woher weißt Du—' Er erbebte und reichte ihr den anonymen Brief, den er erhalten hatte. Sie nahm ihn, indeß ihre Hände zitterten so sehr, daß sie Mühe hatte, die Zeilen zu lesen. Aber endlich hatte sie doch den Inhalt entziffert und in lauter Klage sank sie auf die Knie. „Mein armes, armes Kind, kannst Du mir verzeihen ?' ächzte sie, die Hände ringend. Heinrich zog sie an sich und umarmte sie mit heißer Leidenschaft. Jetzt endlich fand er die Wohlthat der Thränen
Bemerkungen durch wesen, mich nie einen andern Namen sührcn zu lassen, als jenen, der mir zukam.' „Heinrich, o, Heinrich, ich habe meine Gründe gehabt, welche mein Schweigen veranlaßten. Höre mich an und glaube mir, mein Sohn. Dein Vater ist kein Mörder; er ward ver- urtheilt, aber schuldlos. Wenn ich Dir die Wahrheit verbarg, so geschah eS, weil ich hoffte, daß die Unschuld Deines Vaters eines Tage« offenbar werden würde und Du dann, ohne zn erröthen, mit Stolz wieder den Namen Laprete führen könntest
, den Namen eines Ehrenmannes, dessen magst Du gewiß sein, mein Sohn. Diese Hoffnung hegte ich vor achtzehn Jahren, und — ich hege sie auch heute noch!' Der junge Mann schüttelte traurig den Kopf. „Du glaubst nicht an die Unschuld Deines Vaters?' wehklagte sie. „Er ist verurtheilt worden!' sprach Heinrich mit dum pfer Stimme. Die Mutter stand ralch auf und verließ in Hast daö Zimmer. Sie kehrte sogleich zurück und zwar mit dem Brief, welchen sie vor vier Tagen empfangen hatte und der die Mit theilung
schmachbedeckt! Um den Prozeß wieder aufzunehmen, damit dem Verurtheilten sein Recht würde, müßte derselbe vor Allem noch leben.' „Aber, Heinrich, wenn er nnn nicht todt wäre?' „Sein Schweigen ist der beste Beweis, daß er längst aufgehört hat, zu sein.' „Wer weiß, ob er nicht in nnserem Interesse ge schwiegen hat!' Der unglückliche junge Mann schüttelte verneinend den Kopf. Frau Merson griff nochmals nach dem anonymen Brief, welchen ihr Sohn erhalten, und las denselben mit Aufmerk samkeit durch.