die geheimsten Gedanken so mancher Herren und Parteien offenbar geworden sind. Meine Herren! Vielleicht fragen Sie bei dieser Erinnerung, was ich eigentlich, damals ausgeführt habe. In unserer raschlebigen Zeit, in der so viel geredet wird, ist's ja nicht verwunderlich, wenn Sie sich daraus nicht mehr besinnen können. Ich habe damals eine sehr versöhnliche Programmrede ge halten, in welcher ich den Kampf der heutigen Welt gegen die katholische Kirche und das Christentum ge schildert und die Abfallsbewegung
Gemeinbürgschast. Ich behauptete, daß eine Gemeinbürgschaft, welche auf bloß sprachlichen Gründen beruht, keine Berech tigung und keine Dauer hat. Dagegen könne ich mir wohl vorstellen eine wirtschaftliche Gemein bürgschaft gegen die Zeitverschwendung und Ver nachlässigung aller Interessen, eine konservative Ge meinbürgschast gegen den Radikalismus, eine öster reichische Gemeinbürgschaft gegen die Ansländerei und eine katholische gegenüber dem konzentrierten Kampfe gegen Kirche und Christentum. Ich seierte
. Heute aber sage ich Ihnen, daß ich nicht in der Lage wäre, daran etwas Wesentliches zu ändern, daß meine Grundsätze und Anschauungen die gleichen geblieben sind. Die Gemeinbürgschast, die man damals noch verteidigte, ist an ihrer inneren Un wahrheit zugrunde gegangen. Der Kamps gegen die Kirche aber dauert ungeschwächt fort, der Kul turkampf von unten, der in der liberalen Presse sein Organ hat und der sich ganz offen die Ver führung und Verhetzung des katholischen Volkes zum. Ziele gesetzt
fort, weil man auf die allein wahren und österreichischen Grundsätze noch nicht einzugehen den Mut hatte, weil man noch immer glaubt, dort Konzessionen machen zu müssen, wo man ausgesprochenerweise Österreich nicht will. Nicht allein im Lager der Kirchenfeinde ist man eifrigst bestrebt, die Verwirrung zu vermehren, „Tiroler Volksblatt' Nr. It. sondern auch aus kätholischer Seite herrscht vielfach eine große Unklarheit über das Verhältnis der Kirche zum Zeitgeiste. Man redet von Resorm
, von Konzessionen an die Zeit, an das XX. Jahr hundert, von einer Umwandlung der katholischen Kirche im Sinne der Professoren unserer Zeit. Meine Herren! Ich habe ein Recht darüber zu reden, denn meinen oft schon erwähnten Vortrag vom vorigen Jahre hat man gerade als einen Wider spruch gegen diesen Reform-Katholizismus auf gefaßt. Er war es, wenn auch unbeabsichtigt. Diese Reformfrage ist zudem diejenige, welche heute die Gemüter bewegt, welche in Deutschland und Italien eine lebhafte Bewegung hervorgerufen