Oitk. Nr. 45. Gratisbeilage M „Tiroler PH". 1904. Was alle Erbgut. Eine Dorfgeschichte von I. V e st e r s. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Vater!" rief Frau Gaasdonk aus, „Heinrich ist doch unser Kind. Habe Mitleid mit ihm!" , . „Sprich mir nicht von Heinrich, Frau. Nicht um ihn, sondern um meine anderen Kinder vor der Schande zu bewahren, habe cm den Schein unterschrieben. Es ist genug, dünkt mich, daß wir unglück lich werden; wir dürfen nicht von Dorus verlangen, datz . . . . „Hört
einmal, Baas, es ist nun keine Zeit, um lange und^brcat zu schwätzen. Es muß gehandelt werden. Ich gehe nach der L-tadt und zum Notar. Und wenn Heinrich geholfen ist, werden wcr werter sehen Aber Swinkels bekommt den Ulmenhof nicht." Gaasdonk widersprach nicht mehr, und seine Frau drückte wemend die beiden Hände des treuen Knechtes. Eine Viertelstunde nachher war dieser auf dem Wege nach der Stadt. Keinen Augenblick dachte er daran, das; das, was er tat, eine edle, erhabene Tat war. Er fand es natürlich
. „Eine dringende Angelegenheit, Walter." Er hielt es für den Augenblick nicht geraten, mehr zu sagen, weniger, weil er an Walter zweifelte, als weil er es Trude doch nicht so unvorbereitet auf der Straße erzählen konnte. „Ist zu Hause etwas nicht in Ordnung, Dorus?" fragte das junge Mädchen, das sich von wilder Angst befangen fühlte, — „oder mit Heinrich?" Diese drei Wörtchen kamen mit der größten Muhe aus ihrer Kehle, die wie zugeschnürt war. . . „Mit Heinrich?" wiederholte Dorus. „Wie kommst du dazu? Trude
merkte an dem Tone, in dem Dorus dies sagte, daß er mehr von der Sache wußte. , „Sprich, Dorus, was hat Heinrich getan? Ist er im Gefängnis? "O nein, Trude, er hat einen dummen Streich gemacht, aber beruhige dich, wir werden ihm helfen." . _ . . „Hat er gestohlen, Dorus? Erzähle doch alles, Martin swinkels hat zu Walter gesagt....". , .. ' . M „ „Was, hat der etwas gesagt? Das werden wir ihm heimzahlen. "(Ls ist also doch wahr, Walter. Ich habe es dir l« gesagt Ich war so bang, so bang. O Walter
." ■ Der treue Knecht erzählte alles. Nur das verschwieg er, daß er feilt Geld bei dem Notar holte, um Heinrich zu Helsen. Truda schluchzte, Walter machte seiner Entrüstung über Swmkels Ehrlosigkeit Luft und erzählte seinerseits, was Martin ihm mit ziem lich deutlichen Anspielungen gesagt hatte. „Der Ulmenhof muß den Gaasdonks erhalten bleiben, Nicht wahr" Walter?" fragte Dorus. Das wird er, Dorus, rechne auf mich. Du kennst mich genug, und Truda auch, um zu wissen, daß sich zwischen uns nichts geändert